Team-EM Herren

Deutsche Herren holen Bronze


13. Juli 2024 , Stefan Bluemer


Die sechs Athleten prasentieren die Bronzemedaille (© DGV/stebl)
Die sechs Athleten prasentieren die Bronzemedaille (© DGV/stebl)

Die zweite Hälfte des Halbfinales läuft auf extrem nassem Boden für die Herren des Golf Team Germany nicht gut und so jubeln am Ende die Niederländer über den Einzug ins Finale. Deutschland trifft in einem verkürzten Kleinen Finale auf Estland und gewinnt am Ende überlegen.

Robassomero/Italien – Ein Vierer und vier Einzel hatte die Spielleitung angesetzt, um das Finale und das Duell um die Bronzemedaille an diesem Samstag über die Bühne bringen zu können, nachdem zuvor noch das Halbfinale zu Ende gebracht werden musste.

Der deutscher Vierer geriet in diesem Kleinen Finale früh in Rückstand und lag nach zwölf Löchern 4down. Dann aber zeigten Tom Haberer und Peer Wernicke, die beide in der Deutschen Golf Liga presented by All4Golf für den GC Hubbelrath spielen, wie groß ihr Kämpferherz ist. Loch für Loch holten die Bundesadler auf und glichen auf Loch 17 wieder aus. Gerade so schön im Flow, gewannen die beiden auch noch das 18. Loch und damit ein Match mit 1auf, das fast schon verloren war.

BILDER DES TAGES

Dieser Punkt ganz vorne war gleichzeitig der fehlende Punkt zum Gesamtsieg, denn zuvor hatte schon Tiger Christensen gegen Markus Varjun mit 4&3 recht deutlich die Oberhand behalten und auch Yannick Malik, der im zweiten Einzel gegen Mattias Varjun gestartet war, siegte mit 3&1 letztlich souverän.
Da der Sieg für Deutschland schon fest stand, einigte man sich darauf, die beiden noch laufenden Matches zu teilen, obwohl Carl Siemens und Tim Wiedemeyer beide in Führung lagen und beste Aussichten hatten, auch einen ganzen Punkt zu holen.

Als der Sieg fest stand, lagen sich Spieler, Betreuer und Supporter in den Armen. Keine andere Mannschaft hatte auf dem anspruchsvollen und landschaftlich teils hinreißend schönen Platz des Royal Park I Roveri mehr Unterstützung. Die Schlachtenbummler sind ebenfalls ein eingespieltes Team und so waren bei fast allen Flights auch immer Vorcaddies neben den Fairways, die halfen, wenn mal ein Ball nicht auf dem Kurzgeschorenen lag.

Halbfinale am Vormittag

Die Ausgangslage war klar: Von den fünf Einzeln, die am Freitag noch nicht ganz die Front Nine vollendet hatten, als die Unterbrechung wegen Gewitters kam, musste das Junior Team Germany vier gewinnen, um den Einzug ins Finale zu schaffen.
Es zeichnete sich aber früh ab, dass es nicht leicht werden würde, die Niederländer zu bezwingen. Tim Wiedemeyer und Tiger Christensen lagen zwar ständig in Führung und ließen auch wenig Zweifel aufkommen, dass sie gegen Nevill Ruiter und Lars van der Vight gewinnen würden. Nach den beiden verlorenen Vierern war damit aber kein Druck auf das Team aus dem kleinen Königreich an der Nordsee auszuüben.
Carl Siemens hielt in einem wahrlich hochklassigen Duell gegen Jerry Ji sehr lange ein all square, aber Peer Wernicke und Tom Haberer schafften es nicht, früh am Tag das Momentum auf ihre Seite zu ziehen. Loran Appel und Benjamin Reuter hatten zudem auf jeden sehr guten Schlag der beiden Bundesadler einen mindestens ebenso guten, wenn nicht sogar noch besseren Schlag im Gepäck.

Eiskalt

Ein roter Faden zog sich über alle Grüns. Physio Julian Helbing hatte sich über die ganze Woche große Mühe gegeben, alles dafür zu tun, dass sich die Athleten nach langen und heißen Tagen optimal erholen. Fast schon zentnerweise schleppte der Hanseat Eis herbei, damit sich die Spieler in einer Eiswanne optimal für den nächsten Tag erfrischen konnten. Am Samstag schien es aber so, dass nicht die Spieler im Eis gelegen hatten, sondern die Putter der Bundesadler. Die Dose war wie vernagelt. Auch wenn der deutsche Ball teils erheblich näher am Stock lag, schoben die Niederländer in schöner Regelmäßigkeit ihren Ball entweder zum Schenken an oder direkt ins Loch. Dies war bei den Putts der Schützlinge von Bundestrainer Christoph Herrmann eher selten bis gar nicht zu sehen.
So kam es, wie es kommen musste: Peer Wernicke unterlag mit 3&1, Carl Siemens verlor spät noch an Boden und musste Jerry Ji zu dessen 3&2-Sieg gratulieren und auch Tom Haberer zog mit 4&3 den Kürzeren.
Tim Wiedemeyer hatte sein Match vorzeitig mit 3&2 gewonnen und ganz hinten führte Tiger Christensen mit 2auf nach 15 Löchern. Als der Falkensteiner gerade auf Tee 16 abschlagen wollte, kam von der 17 Jubel der Niederländer, so dass dieses Match nicht zu Ende gespielt wurde. Alles sprach aber für einen Punktgewinn durch den Spieler, der sich 2023 für The Open qualifiziert hatte.

Fazit

Die deutsche Mannschaft um Bundestrainer Christoph Herrmann und Athletik-Bundestrainer Chris Marysko, der in Italien als Kapitän und Obermotivator fungierte, präsentierte sich in ganzer Breite als homogene Einheit. Erster Beleg hierfür: die Zählspielqualifikation wurde gewonnen, aber in der imaginären Einzelwertung landen die Bundesadler auf den Plätzen 7, 9, 22, 23, 31 und 49. In der Breite überragend.
Auch in den Matchplays gab es bei allen Deutschen viel Licht und wenig Schatten. Am ehesten war eine Schwäche in den Vierern auszumachen, denn von fünf möglichen Punkten wurden nur zwei geholt. In den Einzeln holten Tim Wiedemeyer und Tiger Christensen alle möglichen Punkte.
Nachdem alle Spieler mit dem Bundesadler auf dem Shirt schon mindestens einen Titel als Team-Europameister der Jungen gewinnen konnten, ist das große Ziel für diese eingeschworene Truppe bei den Herren noch nicht erreicht, liegt aber ganz klar im Bereich dessen, was möglich ist.

Der Platz des Royal Park I Roveri, der zwischen Turin und den Alpen malerisch in einem Naturpark gelegen ist, war herausfordernd. Jeder Schlag, der nicht auf dem Fairway lag, wurde zu einem kniffeligen Glücksspiel, weil durch Klee schon im Semirough weder Längen-, noch Spinkontrolle einfach waren. Zahlreiche Bäche und Teiche zwischen dem beeindruckenden Baumbestand, der sich vor allem aus Eichen und Eschen zusammensetzt, sorgen für den einen oder anderen Nervenkitzel. Und dazu noch der Wind. Oft kaum spürbar, aber immer innerhalb von Sekunden aus komplett wechselnden Richtungen sehr tückisch, zumal es auf dem Platz im königlichen Park wirklich auf Präzision ankommt.


Stimmen zum Finaltag

Bundestrainer Christoph Herrmann war nach einer langen und harten Woche mit der Farbe des Edelmetalls letztlich zufrieden: „Es war zwar nicht geplant, dass es bei dieser Team-EM passiert, aber nun habe ich endlich den Medaillensatz komplett. Mit Bronze kann ich nach dieser Woche gut leben, denn gerade dieses Kleine Finale hat gezeigt, was in der Mannschaft steckt und wie sie auch mit Rückschlägen umzugehen lernt. Vielen Dank auch an die Supporter, die uns hier in dieser Woche in Italien unterstützt haben. Es ist immer ein großartiges Erlebnis, all diese Menschen um sich zu haben, mit denen uns im Team eine schon so große Geschichte verbindet.“

Peer Wernicke freute sich nach dem Sieg im Vierer besonders: „Heute Morgen war ein bisschen schade, dass wir verloren haben.
Es war auf jeden Fall ein enges Match, der Gegner hat sehr gut gespielt. Ich habe eigentlich auch ganz gut gespielt, aber die Putts sind nicht gefallen. Im Spiel um Platz 3 gegen Estland habe ich mit Tom Haberer im Vierer gespielt und das hat richtig Spaß gemacht. Wir sind vorne weggegangen, waren zwar 4down nach fünf Löchern, haben uns aber dann zurückgekämpft und haben, obwohl nur noch sechs Löcher zu spielen waren, nach 4down noch 1auf gewonnen und dabei haben wir die 17 und 18 gewonnen. Wir haben am Ende super gespielt. Die Gegner waren nicht mehr so fit. Wir haben noch mal alles reingehauen und haben es richtig gut zu Ende gespielt. An der 18 ist uns ein super Birdie gelungen. Das war natürlich ein super Gefühl, den entscheidenden Punkt geholt zu haben. Wir haben uns riesig gefreut. Es war einfach Hammer, auf diese Art und Weise dann doch noch den dritten Platz geholt zu haben. Wir sind auf jeden Fall mega, mega glücklich!“

Auch Tom Haberer, mit dem Wernicke den siegreichen Vierer gespielt hatte, war nach dem emotionalen Abschluss überglücklich: „Heute war auf jeden Fall sehr besonders, weil es ja zwei Matches an einem Tag waren. Am Morgen war es natürlich schade. Bei mir war der Putter auch nicht so gut, sonst hätte ich das Match vielleicht noch drehen können. Der Nachmittag mit Peer war natürlich cool. Wir hatten einen schlechten Start, haben uns dann aber reingebissen, in der Mitte viele Löcher geteilt und haben gut gespielt. Am Ende war es ganz klar, dass unsere Kondition besser ist und wir einfach die Oberhand hatten. Die Esten haben viele Fehler gemacht, wir haben unser Ding glatt runter gespielt und an der 18. noch ein geiles Birdie gemacht. Jetzt sind wir mega happy über den dritten Platz.“

Yannick Malik, der mit Peer Wernicke und Tom Haberer am kommenden Wochenende schon wieder in der DGL beim Spieltag in Berlin für den GC Hubbelrath gemeinsam antreten wird, kam zu seinem ersten Matchplay-Einsatz und freute sich, zum Sieg auch einen Punkt besteuern zu können: „Ich habe heute einfach mein Ding durchgezogen. Ich bin ein bisschen schlecht reingestartet, hatte dann auch ein bisschen Glück und lag nach zwei Löchern wieder all square. Von da an lief es und ich bin einfach in mein Game gekommen, habe viele Birdies gemacht und habe einfach durchgezogen. Natürlich wusste ich nicht, wie es bei den anderen steht, aber ich wollte mein Match unbedingt gewinnen, weil ich nicht mit dem vierten Platz nach Hause fahren wollte. Ich wollte mit einem Siegesgefühl nach Hause fahren und der dritte Platz fühlt sich deutlich besser an. Deswegen ist das doch ein ganz versöhnliches Ende. Ich bin ganz happy, wie ich heute gespielt habe und dass ich dann auch noch einen Punkt zum Sieg für das Team beitragen konnte.“

Auch Tiger Christensen wird am Wannsee für bei seiner Mannschaft vom Hamburger GC sein. Dass er kein Einzel-Match verloren hat, freute das Nordlicht sehr: „Am Morgen war ich frustriert, dass wir das Halbfinale verloren haben und die Titel Träume weg waren. Sehr zufrieden bin ich aber, dass wir uns am Nachmittag wenigstens die Bronze Medaille sichern konnten. Ich habe insgesamt sehr solide gespielt.“

Schweden holt Titel

Den Titel sicherte sich Schweden. Im Finale setzten sich die Skandinavier hauchdünn mit 3:2 gegen die Niederlande durch.
Im Halbfinale hatte Schweden gegen Estland mit 4,5:2,5 gewonnen, im Viertelfinale waren die Dreikronen gegen Spanien mit 4:3 siegreich gewesen.