Menschen
Olympia-Wunder nach mentaler Krise
8. August 2024 , Felix Grewe
Für die Französin Perrine Delacour haben die olympischen Spiele in Paris eine besondere Bedeutung – denn lange Zeit schien eine Teilnahme für sie unmöglich.
Es war kein normaler Arbeitstag für Perrine Delacour am Mittwoch auf dem Kurs von Le Golf National. Als Französin bei den Olympischen Spielen in Paris zu starten, ist an sich schon ein Erlebnis, das Anspannung und Nervosität in neue Dimensionen katapultieren kann. Jedoch umso mehr, wenn man mit jener Geschichte vor heimischen Fans abschlägt, die Delacour in den letzten zwei Jahren erlebt hat – denn ihre Olympia-Teilnahme schien lange Zeit unwahrscheinlicher als ein Hole-in-one auf einem Par 4.
Mentaler Tiefpunkt
Es sind gerade einmal zwei Jahre vergangen, da entschied sich Delacour für eine Auszeit vom Profigolf. Ende August 2022 spielte sie ihr vorerst letztes Turnier auf der LPGA Tour. Der Grund: mentale Erschöpfung. Sie fühlte sich müde, leer und erschöpft nach einem langen Kampf gegen die inneren Dämonen und immer wiederkehrende, zehrende Gedankenschleifen. Wie so viele Sportlerinnen und Sportler – längst nicht nur auf Profiebene – haderte Delacour mit ihrer persönlichen Definition von Erfolg und der Angst, dass ihre Ergebnisse auf der Tour ihren Wert als Mensch widerspiegeln würden. Schlechtes Golf, so glaubte sie, würde sie zu einem schlechten Menschen machen, umgekehrt ein erfolgreiches Spiel zu einem guten.
Rückkehr mit großem Ziel
Sie nahm eine Auszeit, arbeitete mit einem Psychologen an ihrer mentalen Stabilität und kehrte in der Saison 2023 auf die Damentour zurück. Paris jedoch schien in unerreichbarer Ferne – bis jener Psychologe ihr sagte: „Du kannst es schaffen!“ Mit konstant soliden Ergebnissen erfüllte sie sich letztlich den Traum von der Qualifikation für das Olympia-Heimspiel. „Ich bin stolz darauf und werde jeden Moment genießen. Wenn ich am Ende unter den ersten drei lande, bin ich überglücklich. Wenn nicht, ist es trotzdem ein großartiger Moment. Vor der Familie bei den Olympischen Spielen zu spielen, ist schon ziemlich toll."
Großer Rückstand auf die Spitze
Nach der ersten Runde auf dem Kurs von Le Golf National sind die Aussichten auf eine Medaille für Delacour eher trübe. Eine +7 fabrizierte sie zum Auftakt am Mittwoch und wird im Leaderbord an Position 57 geführt – von 60 Spielerinnen. 14 Schläge besser platziert, und damit an der Spitze, thront ihre Landsfrau Celine Boutier (-7), Nummer sieben der Weltrangliste und Siegerin der Evian Championship 2023. Zwischen beiden rangieren neben vielen anderen auch die beiden deutschen Olympia-Starterinnen Esther Henseleit (Par, T13) und Alexandra Försterling (+4, T40).
Zahlen, die Delacour zwar nicht gleichgültig sein dürften, ihr aber wohl auch keine schlaflosen Nächte mehr bescheren. Sie fühlt sich bereits seit der imposanten Eröffnungsfeier auf und rund um die Seine inspiriert. „Es gibt kein Wort, um es zu beschreiben, das waren eine Menge Emotionen“, sagt sie. Dabei sein ist alles – das fast schon inflationär zitierte olympische Motto ist für Delacour in diesen Tagen gelebte Realität.
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