„Ich glaube immer daran, dass alles möglich ist“

Um Sandra Gal ist es zuletzt ziemlich ruhig geworden. Im Golf.de-Interview spricht die 37-Jährige über ihre verletzungsbedingte Pause, LIV, eine erfreuliche Entwicklung im Damen-Golf sowie Ziele und Perspektiven.

Hi Sandra, Sophie Witt hat uns einmal erzählt, sie könne so viel von dir lernen. Als Mensch und als Sportlerin. Ihr scheint eine besondere Beziehung zu haben. Erzähl uns bitte davon, was es mit eurer Freundschaft auf sich hat.

Ich kenne Sophie schon seit der Zeit, als sie 15 Jahre alt war. Sie hat damals mein Namensturnier in unserem Heimatclub Hubbelrath gewonnen und damit auch mein Tour-Bag. Seitdem begann unsere Freundschaft und es fühlt sich so an als wäre sie meine kleine Schwester, die ich nie hatte. Wir haben immer viel Spaß zusammen und sind füreinander da, auf und abseits vom Golfplatz. Ich bin sehr stolz auf Sophie, wie sie im letzten Jahr ihren eigenen Weg gegangen ist und sich echt gut auf der LET als Rookie etabliert hat.

Wie oft habt ihr Kontakt, was können wir von Sophie noch erwarten und was kannst du vielleicht von ihr lernen?

Wir schreiben uns relativ oft, sehen uns leider nur ein- oder zweimal im Jahr und telefonieren regelmäßig. Ich glaube, dass bei Sophie alles möglich ist, aber das hängt nur davon ab, was sie sich vornimmt. Sie hat ihren eigenen Kopf und weiß genau, was sie will. Ich glaube, sie hat das, was ich erst später in meiner Karriere gelernt habe - eine gute Perspektive und Balance im Leben. Ich bereue nichts, denn ich konnte damals nur mit vollem Fokus auf Golf performen, aber jetzt mache ich die Dinge etwas anders. Sophie war von Anfang an das Leben abseits des Platzes genauso wichtig wie das auf dem Platz und Ergebnisse definieren sie nicht.

In deinen aktuellen Posts schreibst du von einem „wilden Ritt in 2022“, von „Operationen“. Gib uns bitte einen Einblick in die Krankenakte. Was konkret hat dich gehindert, in diesem Jahr öfter Golf zu spielen?

Ich hatte Anfang Juli 2022 eine Hüft-OP wegen einem Impingement im Gelenk. Die Reha dauert länger als erwartet und ich kann noch nicht voll trainieren. Daher konnte ich dieses Jahr nur ein Turnier spielen, weil ich seit April damit beschäftigt bin, diese Verletzung zu heilen. Daher war es dieses Jahr auch emotional ein wilder Ritt.

Du scheinst mit Atem- und Energiearbeit Heilung gefunden zu haben. Schreibst von „kalten Tauchgängen, Dankbarkeitsmeditationen und Kunst“. Wie konkret arbeitest du in diesen Bereichen mit welchen Übungen?

Ich mache täglich Atemübungen, die den Körper entspannen und das Nervensystem regulieren. Es ist ja schon lange bekannt, dass der Körper ein Energiekörper ist, das heißt, wenn man in einem Heilprozess ist, dann reicht es nicht aus, nur auf der physischen Ebene zu arbeiten. Die meisten Probleme haben immer einen Urgrund, der psychosomatisch ist und damit energetisch geheilt werden kann. Aber nicht nur Heilung, sondern auch dein Lebensinhalt, Pläne und Ziele können wunderbar auf der energetischen Ebene beeinflusst werden.

Auf deiner Website verkündest du, dass jeder Rückschlag ein großes Potenzial für Wachstum und Glück in sich trägt. Heißt: Wir werden dich 2023 wieder auf der Tour sehen? Vielleicht auch beim LET-Event auf deutschem Boden?

Das hoffe ich sehr stark und das ist eines meiner Ziele.

Reisen, Freunde, sportlicher Wettkampf - was fehlte dir zuletzt am meisten am Golf?
Ein bisschen was von all den drei Dingen. Aber es kommt ja bald wieder.

Dein Lebensmittelpunkt ist nach wie vor in Florida oder verbringst du inzwischen wieder mehr Zeit in Deutschland?

Ich habe dieses Jahr tatsächlich durch die OP fünf Monate in Europa verbracht und trotz der Umstände meine Zeit hier genießen können. Florida ist aber nach wie vor auch mein zu Hause und ich liebe es, den Luxus zu haben, an beiden Orten Zeit verbringen zu können.

Anna Nordqvist gewinnt mit Mitte 30 weiter fleißig. Da gehört man auch als Frau im Golf noch lange nicht zum alten Eisen. Was ist für dich möglich in den kommenden Jahren?

Absolut. Ich glaube immer daran, dass alles möglich ist und schließe Siege nicht aus. Auf der anderen Seite habe ich gelernt, dass der Erfolg zwar wunderbar ist, aber nicht mein einziges Ziel ist. Wenn ich mit Freude, Ausgeglichenheit und Lockerheit spielen kann, dann bin ich näher an meine Ziele gerückt.

Du verfolgst sicher die zunehmende Kommerzialisierung. LIV Golf bei den Herren und es wird wohl auch bald ein ähnliches Format für Damen geben. Wie stehst du zu diesen teils horrenden Preisgeldern bzw. den Ambitionen beispielsweise der Saudis in Bezug auf Damen-Golf?

Ah, ich muss jetzt also doch Stellung nehmen. Das ist für mich schwierig, weil ich beide Seiten sehen und nachvollziehen kann. Mein reines Bauchgefühl mag die Kommerzialisierung auch nicht. Ein guter Ausdruck übrigens. Aber ich kann auch die Pros verstehen, die weniger spielen wollen und mehr dafür bezahlt werden. Was die Ambitionen der Saudis in Bezug auf das Damengolf betrifft, so denke ich, dass es einerseits toll fürs Damengolf wäre und andererseits bin ich mir derer Motive und Authentizität, was die Gleichberechtigung angeht, gar nicht sicher. Vielleicht könnte es aber dazu beitragen. Wobei ich auch sagen muss, dass ich es problematisch finde, wenn Sport politisiert wird, vor allem, wenn die Saudis ihr Geld sowieso in zahlreichen Firmen investiert haben, die sehr viele andere Profi-Turniere unterstützen - und das stört anscheinend keinen.

Findet Damen-Golf in deinen Augen immer noch zu wenig Beachtung in den Medien oder bei Sponsoren oder siehst du einen Verbesserungsprozess in den vergangenen Jahren?

Ich sehe einen enormen Verbesserungsprozess in den letzten Jahren. Auf der LPGA sind die Preisgelder sehr gestiegen und Firmen sehen die Notwendigkeit und den Vorteil, in Damen-Golf zu investieren. Das ist ein Riesenfortschritt.

 

 

 

 

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Hast du den kometenhaften Aufstieg der erst 16-jährigen Chiara Noja in 2022 mitverfolgt? Siehst du Parallelen zwischen euch?

Leider kenne ich Chiara nicht, aber der Sieg als 16-Jährige auf der LET ist natürlich Bombe. Ich weiß zu wenig über sie, als dass ich Parallelen sehen könnte. Auf den ersten Blick denke ich nein, da ich ein Spätzünder und mit 16 noch nicht voll auf Golf fokussiert war.

Mit deiner Stiftung hilfst du vor allem Kindern in Not. Welche Projekte und Events sind 2023 und mittelfristig geplant?

Meine Stiftung wird sich in 2023 vor allem auf das Schulsystem in Florida konzentrieren, um Achtsamkeit in die Schulen zu bringen. Es gibt so viele Studien, die zeigen, dass Achtsamkeit und das Regulieren von Emotionen die Noten und das Umgehen von Kindern miteinander verbessern. Dieses Anliegen ist mir sehr wichtig. Ich wünschte, ich hätte diese Fähigkeit schon viel früher als Kind gelernt.

Du sitzt im Zug. Weihnachts-Shopping oder wo bist du so kurz vor dem Fest unterwegs?

Ich bin auf dem Weg nach Österreich, um mit meiner Familie ein paar schöne, entspannte Tage in den Bergen zu verbringen.

Deine Familie ist dein Anker. Erzähle uns, wie, wo und mit wem du Weihnachten verbringst. Was passiert bei den Gals an den Feiertagen?

Ja, ich bin tatsächlich sehr eng mit meiner Familie verbunden. Ich werde Weihnachten zusammen mit meinen Eltern und meinem Hund verbringen und am 26. Dezember wollen wir weitere Verwandte besuchen. Wir sind nicht sehr traditionell, weil wir Weihnachten oft an unterschiedlichen Orten feiern, aber dass wir zusammen sind, gut essen und schöne Momente teilen, wird immer gleich bleiben.

Vielen Dank für das Interview und ein friedliches Weihnachtsfest für dich und deine Familie!