Nick Bachem
Warten auf den richtigen Moment
20. Dezember 2024 , Thomas Kirmaier
Für Nationalspieler Nick Bachem endet ein schwieriges Jahr mit einer Schulter-OP. Aktuell arbeitet er demütig an seinem Comeback – mit Sudoku, Puzzle, Schach und Darts.
Im Leben eines Golfprofis gibt es viele Höhen und Tiefen. Ende März 2023 hatte Nick Bachem zum ersten Mal auf der DP World Tour gewonnen. Gleich in seinem Premieren-Jahr in Liga eins hatte der Pro mit den Monster-Drives in Johannesburg triumphiert. Viele prophezeiten dem Nationalspieler aus dem Elite Team Germany eine große Karriere. Wie es aber so ist, folgen auf Siege auch schwierigere Phasen – und genau in einer solchen steckt Bachem aktuell.
„Die Saison 2024 war ziemlich frustrierend, obwohl ich mich eigentlich so auf dieses Jahr gefreut hatte. Ich habe beim ersten Turnier in Dubai schon mit Schmerzen in der Schulter gespielt und geglaubt, das mit Krafttraining und Tapes in den Griff zu bekommen.“ Bachem versuchte alles, um eine halbwegs vernünftige Saison zu absolvieren und die Karte zu halten. Er nahm Speed aus seinem Schwung, um die angeschlagene Schulter zu schonen. Die Top-Ergebnisse wurden weniger, die Schmerzen, die er mit Spritzen zu bekämpfen versuchte, mehr. Und dann die Diagnose: Labrum in der linken Schulter gerissen. Dabei handelt es sich um einen Knorpelring, der die Gelenkpfanne umgibt. Eine Operation war unausweichlich. Verletzungspause.
„Die OP war vor drei Wochen und sie ist super verlaufen. Ich muss jetzt noch drei Wochen geduldig bleiben, dann kommt der Arm aus der Schlinge“, erzählt Patient Bachem. Die Reha verläuft besser als erwartet, er macht täglich Fortschritte. Für einen Athleten mit Bewegungsdrang, wie er einer ist, ist das nicht immer leicht, still zu halten. Aber es gibt Wege und Methoden. Nicht nur, im Gym bereits wieder Beine zu trainieren. Nick Bachem findet neue Hobbys und lernt im Alter von 25 Jahren vielleicht auch einiges über sich selbst. „Ich genieße die Zeit zu Hause bei meinen Eltern und Großeltern, bin inzwischen richtig gut im Sudoku, spiele Schach gegen Opa, freue mich über ein fertiges Puzzle und spiele Darts.“ Letzteres ist immer um die Weihnachtszeit hoch im Trend, wenn in London die WM steigt. „Letztes Jahr war ich noch mit Freunden im Ally Pally (Alexandra Palace, Spielort der Dart-WM, Anm. d. Red.)“, so Bachem. In einer kreativen Verkleidung: als Früh-Kölsch-Dosen.
Und jetzt? Sitzt er zu Hause und schaut Darts im TV oder wirft selber Pfeile in einem Match via Facetime beispielsweise gegen Kumpel Marc Hammer. Das geht ganz gut, weil er den Oberkörper wegen der Schlinge um den linken Arm ohnehin ruhig halten muss. „Es gibt sowieso viele Parallelen zwischen Golf und Darts, was Konzentration, Atmung oder Präzision betrifft.“ Eine Art Trainingslager für die Saison 2025. Bis er wieder fit ist und die ersten Golfschwünge machen kann, wird noch etwas Zeit vergehen. Bis dahin ist er froh, die Quality Time über Weihnachten und den Jahreswechsel mit Familie und Freunden in Neunkirchen-Seelscheid bei Köln zu haben. Durch seine eingeschränkte Bewegungsfähigkeit ist er aktuell froh um Menschen, die ihm Mut machen und ihn unterstützen, das Essen kleinzuschneiden oder die Schuhe zu binden. „Da merkt man erst, was man alles im Alltag nicht machen kann.“
Die ersten Tage nach der OP waren schwierig, aber inzwischen ist Nick Bachem sehr positiv. In jeder Krise steckt eine Chance. Verletzungen werfen Leistungssportler zurück, aber sie machen sie auch stärker. Und irgendwann wird der Nationalspieler auch wieder auf den Platz zurückkehren. „Momentan liegt absolute Prio darauf, wieder gesund zu werden. Ich denke, dass ich gegen Ende Februar, Anfang März 2025 wieder langsam einsteigen kann.“ Auf der DP World Tour hat er eine eingeschränkte Spielberechtigung. Daher dürften im nächsten Jahr auch ein paar Starts auf der Challenge Tour anstehen, vielleicht sogar beim Heimspiel vom 17. bis 20. Juli im Wittelsbacher GC.
„Alles, was im Leben passiert, ist für irgendetwas gut“, sagt Nick Bachem. Er hat gelernt, die Dinge zu nehmen, wie sie kommen; aus Rückschlägen Kraft zu schöpfen. Der Nationalspieler hat immer noch eine vielversprechende Karriere vor sich. „Wenn nicht als Golf-Profi, dann eben bei der Dart-WM“, sagt er schmunzelnd. Oder als Surfer? Seine vielleicht größte Leidenschaft: das Reiten der Welle. Auch dabei geht es rauf und wieder runter. Wie im Leben. „Das schönste beim Surfen ist das Warten auf den richtigen Moment“, sagt er. Wieder eine Parallele zur aktuellen Situation. Nick Bachem braucht Geduld und wartet auf den richtigen Zeitpunkt, wieder erfolgreich Golf spielen zu können. Sie wird kommen, weil für einen 25-Jährigen nach Tiefen garantiert wieder Höhen kommen. So ist das Leben - vor allem im Golf.
