Rory McIlroy
Sprachrohr, Aushängeschild und Superstar
29. August 2022 , Thomas Fischbacher
Rory McIlroy krönt eine überragende Saison trotz Major-Makel mit seinem dritten Sieg beim FedExCup. Für den Nordiren ist Golf in den aktuell turbulenten Zeiten eine willkommene Abwechslung.
Während der Finalrunde der Tour Championship an diesem Sonntag fiel auf, dass sich die Unterstützung der Zuschauer auf der Anlage des East Lake Golf Club bei Atlanta mindestens gleichmäßig auf die beiden Protagonisten in der Finalgruppe verteilte. Eine Überraschung, bestand diese aus dem amerikanischen Masters-Sieger Scottie Scheffler und Europas Ryder-Cup-Star Rory McIlroy. Immer wieder unterstützten die US-Fans den Nordiren mit lautstarken Rory-Rufen.
McIlroy hat seine Beliebtheit in den USA enorm erhöht. Kein anderer Spieler trat in den vergangenen Wochen und Monaten durch mehr Einsatz in Erscheinung, wenn es um die Bedrohung der PGA Tour durch LIV Golf ging – sowohl öffentlich als auch hinter verschlossenen Türen. McIlroy war maßgeblich an den Reformen beteiligt, die die PGA Tour attraktiver gestalten und weitere Abgänge vermeiden sollen. Nebenbei gründete er gemeinsam mit Tiger Woods eine Sport-Tech-Firma, die Golf zur Prime Time in Stadien bringen soll. McIlroy ist nicht nur einer der besten Spieler der Welt, er ist neben Tiger das wichtigste Sprachrohr und Aushängeschild.
"Ich hasse es, was es mit dem Golfsport macht"
"Es war eine turbulente Zeit für die Welt des Profigolfsports der Herren", berichtete er nach seinem Triumph beim Saisonfinale. "Ich war mittendrin. Ich habe mir einen guten Zeitpunkt ausgesucht, um in den Vorstand der PGA TOUR einzutreten. Ich versuche bei jeder Gelegenheit, das zu verteidigen, was ich für den besten Ort halte, um Profigolf auf der Welt zu spielen. Wenn man an etwas glaubt, muss man sich zu Wort melden, und ich glaube fest an diese Sache. Das tue ich wirklich. Ich hasse es, was es (LIV Golf) mit dem Golfsport macht.
Golf wäre bei den ganzen Nebengeräuschen eine willkommene Abwechslung gewesen, verriet er. Dass am Ende ausgerechnet er in die Hauptrolle dieses maximal spannenden Finals der Tour Championship schlüpfen sollte und sich zum dritten Mal den lukrativen Sieg im FedExCup sichern konnte, passte ganz gut ins Drehbuch.
Es war ein verrücktes Turnier für den viermaligen Major-Gewinner, das am Freitag mit einem Triple-Bogey bei Regenschauer begann und bei strahlendem Sonnenschein mit dem lukrativen Pokal in Händen endete. Zwischenzeitlich hatte er zehn Schläge Rückstand auf den Favoriten Scheffler, doch er konnte sich zurückkämpfen. Trotz des Fehlstarts brachte er am Donnerstag eine 67 ins Clubhaus, legte das gleiche Ergebnis nach, machte mit einer 63 am Samstag einen großen Satz und war schließlich zur Stelle, als der Top-Favorit Scheffler am Sonntagnachmittag spielerisch strauchelte.
Top-Saison mit Major-Makel
Sportlich blickt der Nordire trotz einer scheinbar erstklasigen Saison mit gemischten Gefühlen zurück. Einerseits waren da die drei Siege inklusive der 18 Millionen-Prämie für den FedExCup, zehn Top-Zehn-Resultate und ein Rundenschnitt von 68,67 Schlägen (Bestwert). Andererseits waren da die Majors: Platz zwei beim Masters, Rang acht bei der PGA Championship, Fünfter bei der US Open und der schmerzhafte dritte Platz bei der Open, als er vor dem Finale in Führung lag. Es ist nur schwer vorstellbar, dass dieser Ausnahmeathlet nun bereits acht Saisons ohne einen weiteren Major-Sieg absolviert hat.
Aber auch ohne einen der ganz großen Titel hat McIlroy viel gewonnen. Seine Bedeutung für den Golfsport und vor allem die PGA Tour ist enorm gewachsen. So stark, dass er nun auch von den US-Fans frenetisch gefeiert wird.
In der kommenden Woche will sich der Familienvater eine Auszeit gönnen, bevor es nach Europa auf der DP World Tour weitergeht. Auch dort ist er das wichtigste Aushängeschild, und kann sich der Unterstützung der Fans ohnehin sicher sein.