Regelfest

Warum Langer in Carnoustie kein Cart nutzen durfte


29. Juli 2024 , Daniel Dillenburg


Hätte bei der Senior Open gerne auf ein Cart zurückgegriffen: Bernhard Langer.
Hätte bei der Senior Open gerne auf ein Cart zurückgegriffen: Bernhard Langer. | © Phil Inglis/Getty Images

Bernhard Langer gehört zu vier Spielern, denen bei der Senior Open Championship die Nutzung eines Carts verwehrt bleibt. Der Grund sorgt für Stirnrunzeln. Padraig Harrington fordert eine Änderung im Regelwerk.

Fünf Spieler hatten im Vorfeld der Senior Open Championship in Carnoustie einen Antrag auf die Nutzung eines Carts gestellt. Nur einem wurde sie gewährt. Die anderen vier mussten zu Fuß gehen. Dazugehörte auch Bernhard Langer, der im Februar einen Achillessehnenriss erlitten und seitdem kein 72-Löcher-Event zu Fuß bestritten hatte – bis zur Senior Open vergangene Woche. Bei den regulären Events der PGA Tour Champions und auch bei den Majors der USGA sowie PGA gestaltet sich die Ausnahmegenehmigung für ein Cart weniger kompliziert. Hier genügt die sogenannte „Americans with Disabilities Act“-Bescheinigung. Doch bei dem Major der European Legends Tour und der R&A sind die Regularien etwas strikter – und stoßen nicht nur auf Verständnis.

In einer Erklärung erläuterte ein Sprecher des Senior-Open-Championship-Komitees das Verfahren: „Gemäß den Regeln der Meisterschaft und den Teilnahmebedingungen können die Teilnehmer die Nutzung eines motorisierten Transportmittels am oder vor dem Anmeldeschluss beantragen. Das Meisterschaftskomitee erhielt fünf Anträge, die sorgfältig geprüft wurden, bevor Tim Herron ein Antrag bewilligt wurde.“ Herron war der einzige Spieler mit einem Cart. Die Anträge von Langer, John Daly, Vijay Singh und Paul Broadhurst wurden dagegen abgelehnt.

„Gehen ist ein Problem“

Jeder Fall wird nach seinen eigenen Kriterien beurteilt. Herron erfüllte die Anforderungen, da er in den vergangenen vier Jahren seiner Seniorenkarriere jedes Mal ein Cart benötigte. Aber für die anderen erwies sich Regel Nummer eins als unüberwindbares Hindernis. Wenn man in den vergangenen zwölf Monaten bei einem Turnier gelaufen ist, gilt man automatisch als fit genug, um ohne fremde Hilfe zu spielen. Daher musste auch Langer laufen.

Vor dem Turnier beschrieb Langer seine körperlichen Probleme, die er im Zuge seiner Operation nach dem Achillessehnenriss immer noch hat: „Das Gehen ist ein Problem. Ich kann Schwünge machen und mein Bein rotieren. Aber ich kann wegen der Schwellung, die jeden Tag auftritt, nicht so viel trainieren, wie ich es gerne würde. Später am Tag wird es dann richtig steif und unbeweglich, wenn der Knöchel anschwillt und der Fuß schwer zu bewegen und zu gehen ist. Manchmal wird mein Schwung im Laufe des Tages immer schlechter. Das ist nicht hilfreich. Ich muss also geduldig damit sein.“

„Könnten es ein bisschen ruhiger angehen lassen“

Während Langer und Broadhurst trotz der körperlichen Strapazen Top-Ergebnisse erreichten – Langer wurde geteilter Fünfter, der Engländer, der an einer chronischen Arthritis in seinem rechten Knöchel leidet, sogar Dritter – musste Daly beispielsweise wegen einer wiederkehrenden Verletzung frühzeitig aufgeben. Mit Cart hätte er bei dem prestigeträchtigen Major an dem historischen Ort vermutlich regulär zwei, vielleicht sogar alle vier Runden spielen können.

Für den Iren Padraig Harrington ein Unding, dass diesen vier Spielern kein Cart gewährt wurde: „Ich denke nicht, dass wir bei einem Senior Major Golfcarts für alle Spieler haben sollten, aber ich denke, dass die Jungs, die medizinisch verletzt sind, eine Ausnahme sind. Vijay ist ein echter Fall, da er nicht gut laufen kann. Er hatte heute Morgen Mühe, da draußen zu laufen. Paul ist ein weiterer Fall und auch Bernhard. Ich bin überrascht, dass sie nicht in Carts unterwegs sind. Sehen Sie, wir sind auf der Champions Tour. Wir könnten es einfach ein bisschen ruhiger angehen lassen. Ich weiß, dass dies ein Major ist, aber wir sind auch ein Turnier. Es ist unser letztes Hurra, den Zuschauern zuzuwinken und es zu genießen.“

„Haben sie sich nur ausgedacht“

Broadhurst durfte zwar nicht über den Platz fahren, konnte aber zumindest einen Gehstock nutzen, ohne den er die 72 Löcher wohl niemals hätte absolvieren können. Über die Regel, dass die vergangenen zwölf Monate darüber entscheiden, wer ein Cart nutzen darf und wer nicht, sagte er: „Ich glaube, die haben sich das nur ausgedacht, um ganz ehrlich zu sein. Ich habe das in den Regeln nicht gesehen, aber wenn das der Fall ist, dann ist das in Ordnung. Aber das ist so, als würde man ein Messer hineinstechen, wenn man den Fuß hebt. Es ist schwierig, bergauf zu gehen. In Amerika gehe ich an der Tee-Box rückwärts die Hänge hinauf. Das Schlagen der Bälle ist nicht so schlimm, nur das Gehen ist schmerzhaft. Heute hatte ich keine Chance, ohne den Stock zurechtzukommen.“

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

Wenn es um „Extras“ geht, kann man darauf wetten, dass ein Fall kontrovers diskutiert wird. Sicher macht es auch einen Unterschied, ob es sich um Professionals handelt, denen Einnahmen entgehen, wenn sie nicht spielen können und einen Amateur, der eben nicht an den Clubmeisterschaften teilnimmt (die er wohl sowieso nicht gewinnen würde), weil er diese Woche neben seinen anderen Schwungproblemen Fußschmerzen hat.

In beiden Fällen gibt es jedoch auch Beispiele, bei denen man „Pech gehabt“ sagt: Verrenkt sich ein Spieler (egal ob Pro oder Amateur) vorübergehend die Schulter, ist sein Schwung ggf. erheblich behindert und niemand denkt über Erleichterungen nach. Hat er diese Woche Schmerzen im Fuß, bekommt er ein Cart: Wo ist die Gleichbehandlung zwischen diesen beiden Spielern mit einer akuten Beeinträchtigung, wenn ich dem einen das Spiel ermögliche und dem anderen nicht helfen kann?

Unstrittig ist, dass ein Spieler, der dauerhaft beeinträchtigt ist, diese Behinderung ausgleichen darf. Vorübergehende Beeinträchtigungen sind jedoch etwas, was anders betrachtet werden kann. Welche Sichtweise gilt, entscheidet die Spielleitung. Das Problem bei solchen Fällen, in denen es kein „richtig“ oder „falsch“ gibt, ist dann, dass man es in den Augen der Öffentlichkeit immer „falsch“ macht.

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