Amundi Masters

Das Team hinter dem Team


18. Mai 2024 , Stefan Bluemer


Das Team hinter dem Team (© DGV/stebl)
Das Team hinter dem Team (© DGV/stebl)

Damit eine Athletin auf den Punkt vorbereitet ist und ihre beste Leistung abrufen kann, ist ein ganzes Team nötig. Nicht nur die Trainer, die für Technik und Taktik da sind, auch Physio und Mentalcoach sind unverzichtbare Stützen für Athleten auf dem Weg an die Spitze. Auch beim Amundi German Masters powered by VcG ist das überaus erfreuliche Bild an der Spitze des Leaderboards kein Zufall.

Michendorf – Bundestrainer Stephan Morales hatte zur Betreuung der Athletinnen des Golf Team Germany seinen Co-Trainer Lars Thiele, Physio Britta Bücker und Mentalcoachin Shirin Hornecker nach Berlin gerufen. Für alle Beteiligten ist diese Konstellation natürlich kein singuläres Ereignis. Immer wieder trifft man sich entweder bei Trainingsmaßnahmen oder auf Turnieren.

Auch wenn beides naturgemäß nicht gleich ablaufen kann, sind beides wichtige Gelegenheiten, um die Athleten weiterzuentwickeln. Physio Britta Bücker weiß dabei, dass es einen typischen Tag bei Kadermaßnahmen nicht gibt: „Wir arbeiten auf diesem Niveau ja nur noch mit den Profis. Diese sind schon sehr selbstständig und arbeiten in ihrem jeweils eigenen Rhythmus. Die eine trainiert gerne früh morgens, geht dann auf den Platz und danach ins Gym. Die andere macht lieber das Gym zuerst und geht dann auf den Platz. Ich richte mich nach der jeweiligen Spielerin und ihren Bedürfnissen.“

Der Athlet im Mittelpunkt

Bei Turnieren versucht Bücker, die Spielerin bestmöglich zu unterstützen und ist meist vor dem Start auf der Range, um da schon zu gucken, ob die Athleten  noch Tapes oder Pflaster brauchen. „Während des Turniertages versuche ich, so viel es geht von den Mädels und ihrem Spiel auf dem Platz mitzubekommen. Mit der ersten Spielerin, die fertig ist und behandelt werden möchte, fahre ich dann ins Hotel. Je nach Lage und Möglichkeit behandele ich auch in der Umkleide. Das ist manchmal praktischer, da man vor Ort ist, jederzeit behandeln kann und die Mädels oft ja unterschiedliche Startzeiten haben und wir zudem in verschiedenen Unterkünften untergebracht sind“, so die erfahrene Physiotherapeutin.

Britta Bücker und Shirin Hornecker
Britta Bücker und Shirin Hornecker | © DGV/stebl

Als wesentlichen Unterschied zwischen Training und Turnieren macht Bücker aus, dass sie bei Trainingsmaßnahmen etwas freier und intensiver behandeln kann und einfach entspannt mehr Zeit mit den Mädels hat: „Die Mädels müssen nicht auf den Punkt fit sein und Leistung abrufen. Wir haben mehr Zeit, um eventuelle Baustellen aufzuarbeiten, Fragen zu klären, teilweise auch mal Trainingspläne zu überarbeiten und das Training daraufhin zu kontrollieren, ob sich Fehler eingeschlichen haben. Außerdem können wir neue Übungen einpflegen und testen, ohne den Druck und die Belastung des Turniers zu haben. Dadurch kann ich den jeweiligen Athletiktrainern auch gut Rückmeldungen geben. Die Zusammenarbeit ist für die Mädels perfekt.“
In den Zeiten, in denen Britta Bücker „ihre“ Mädels nicht sehen kann, versucht sie dennoch, den Kontakt zu halten: „Teilweise können wir auch Dinge am Telefon oder über Videocalls klären, aber live ist es doch immer besser, da ich die Mädels dann besser einschätzen kann und sehe, was sie machen. Teils fühle ich dies dann auch in deren Behandlungen.“

Mentalcoach Shirin Hornecker

Auch Mentalcoachin Shirin Hornecker, die früher selbst drei Jahre lang deutsche Nationalspielerin war, sieht sehr viele individuelle Anforderungen: „Die Profis wissen sehr gut, was sie brauchen und sind auf sich fokussiert. Das ist ja auch das Ziel, dass sie sich gut kennen. Daher mache ich kein Kübel-Coaching, sondern immer alles rein individuell.“
Innerhalb des Betreuerteams wird morgens ausgetauscht, was anliegt. Letztlich sagen die Athletinnen dann aber selbst, was sie machen wollen.
Im Turnier ist die Mentalcoachin manchmal schon in der Frühe da, wenn jemand etwas braucht, um sich einzustimmen: „Meist haben die Athleten aber da auch schon etwas von mir bekommen, oft eine Audionachricht, die sie sich in der Frühe anhören können, um sich auf die Turnierrunde einzustimmen. Das üben wir zuvor aber auch im Training. Im Turnier gehe ich sehr viel mit. Ich schaue und höre dann auch mit, merke mir dabei Dinge, die man nachher mit der Spielerin besprechen kann. Ich sehe meine Aufgabe im Turnier, wie ein äußerer Monitor zu sein und dann im Nachgang, wenn die Spielerin etwas machen möchte, zu sprechen.“
Manchmal so Hornecker, wollen die Athleten während eines Turniers aber auch nicht sprechen. Dann gibt es erst nach der Finalrunde eine Besprechung des gesamten Turniers.
Bei Turnieren vor Ort zu sein, ist für Shirin Hornecker sehr wertvoll: „Im Turniersetting kann man sehr gut sehen, was eine Spielerin noch lernen sollte, was sie braucht. Daher ist es gut, wenn ich dabei sein kann, um es so gut es geht, vor Ort zu erkennen und nach Möglichkeit dann auch direkt mit der Spielerin zu besprechen. So sehe ich meine Arbeit: Ich schaue immer sehr individuell, was ein Athlet braucht.“
Bei Trainingsmaßnahmen ist mehr Zeit, Dinge zu besprechen. Eine Turnierwoche ist immer sehr vollgestopft. Die Athletinnen haben oft einen sehr engen Tag und wollen auch irgendwann mal Ruhe haben.
Hornecker geht aber gerne auch ungewohnte Weg. Bei der Neurostimmulation bewegt die Coachin die Athleten langsam: „Das ist, was viele wirklich wollen. Sowohl im Training, wie auch im Turnier, wenn das Reden nichts mehr bringt.“
Zwischen den Maßnahmen finden immer wieder auch Telefoncoachings statt, um die Zeiten zu überbrücken, in denen sich Athletinnen und Mentalcoachin nicht persönlich treffen können.

Co-Trainer Lars Thiele

Lars Thiele, der seit zwei Jahren als Co-Trainer von Bundestrainer Stephan Morales fungiert, hat bisher immer bei Turnieren seine Hilfe angeboten. Die Unterstützung im Training war daher bisher auf die unmittelbare Turniervorbereitung konzentriert. Dabei geht es vor allem um die Begleitung der Proberunden sowie das Training davor und danach. Der Bedarf er Athletinnen im Training abseits des Platzes ist ganz unterschiedlich. In den meisten Situationen braucht die Spielerin technisches Feedback, oft auch einfach die Bestätigung, dass sie in der Umsetzung ihres Vorhabens auf dem richtigen Weg ist. „Es gibt aber auch Momente, wo die Spielerin wirklich auf Hilfe angewiesen ist, da die Umsetzung nicht so klappt, wie sie es sich vorstellt. Das kann in allen Spielbereichen vom Abschlag bis zum Putt oder bei Spezialschlägen der Fall sein“, so Lars Thiele.
Auf der Proberunde geht es vor allem um das Course Management und alles, was dazugehört. Schlägerwahl, Schlagart, Bunkersand testen und üben, Grüngeschwindigkeit und verschiedene Lagen ums Grün testen sind dann die Fragestellungen, mit denen der Coach, der seine sportliche Heimat im Düsseldorfer GC hat, konfrontiert wird.
„Die Spielerinnen bewegen sich natürlich alle schon auf Profiniveau und sind sehr selbstständig, jedoch gibt es immer wieder kleine Dinge, die auffallen oder in Vergessenheit geraten oder eben nicht gewissenhaft beachtet werden“, weiß der Co-Trainer.

Lars Thiele und Stephan Morales
Lars Thiele und Stephan Morales | © DGV/stebl

 

Bei einem typischen Turniertag orientiert sich der Thiele natürlich an den Startzeiten der Spielerinnen und ist zum Warm Up auf der Anlage. Je nach Spielerin ist die Betreuungssituation in Intensität und Nähe unterschiedlich. Der Co-Trainer ist zur Stelle, wenn er gebraucht wird.
„Die Beobachtung und Begleitung auf dem Platz ist sehr neutral und passiv, jedoch natürlich stets aufmerksam, um eventuell später etwas gezielt ansprechen zu können oder entsprechend vorbereitet zu sein bei der Besprechung der Turnierrunde“, so Thiele. Oft ist hierfür viel Empathie und Fingerspitzengefühl gefragt, je nach Verlauf der Runde. Anschließend wird meistens noch mit den Spielerinnen an Feinheiten trainiert. Ein Turniertag kann je nach Startzeiten, Verlauf und Bedarf an die zwölf Stunden dauern.

„Der wesentlichen Unterschied der Tage unmittelbar vor und während des Turniers liegt in der Interaktion zwischen den Spielern und mir als Trainer. An den Vorbereitungstagen wird viel gesprochen und gecoacht, dagegen bestehen die Turniertage zum großen Teil aus zwar ebenfalls hoher Konzentration, jedoch mehr aus Beobachtungen, Notizen erstellen über Auffälligkeiten, um adhoc reagieren zu können, wenn vor oder nach der Runde Hilfe gebraucht oder auch mal proaktiv Hinweise meinerseits notwendig sind“, fasst der Trainer sein Wirken im Team hinter dem Team zusammen.

Bundestrainer Stephan Morales

Auch Stephan Morales sieht naturgemäß Unterschiede in der Betreuung bei einem Tag auf der Tour oder im Trainingslehrgang.
Es gibt Turniere, wo einzelne Spielerinnen durchaus viel Zeit einfordern, sei es auf der Driving Range, auf dem Putting Green oder im Kurzspielbereich. Es kann aber auch sein, dass es den Spielerinnen wichtig ist, sie auf der Runde zu begleiten und dann vor allem auch in den Proberunden strategisch und taktisch über den Platz zu sprechen.
„Hier in Berlin haben etliche Spielerinnen ihren Heimtrainer dabei, teils auch an der Tasche, wie bei Patricia Schmidt und Alexandra Försterling. Dann bin ich natürlich weniger auf der Driving Range, weil natürlich die Coaches die Aufgaben übernehmen“, legt der Bundestrainer großen Wert auf ein gutes Zusammenspiel aller Kräfte.
Wenn der Bundestrainer alleine unterwegs ist, versucht er hier und da schon, Einfluss zu nehmen. Wie viel gearbeitet wird, entscheidet sich meist in der Woche selbst, wobei dies auch teils ein Prozess ist, der sich entwickelt.
Im Trainingslehrgang beginnen und beenden das Team die Tage gemeinsam. Im Vorfeld wird abgesprochen, welche Themen angegangen werden. Auch hier wird alles individuell auf jede Athletin abgestimmt. Alles läuft letztlich auf eine Einzelbetreuung hinaus.
„Wir versuchen immer wieder auch, solche Lehrgänge mit Experten zu flankieren, sei es Christian Marquardt als Puttexperte oder Rob Neal als Biodynamiker. Das heißt dann aber nicht, dass jede Spielerin diese Möglichkeiten auch wahrnimmt. Die Spielerinnen und deren Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt. Daher haben die Athletinnen alle Freiheiten. Im Idealfall sollten die Spielerinnen ein klares Bild haben, was sie in dieser Woche benötigen, brauchen und trainieren wollen. Wenn das dann ganz anders aussieht, als ich mir vorstelle, versuche ich dann natürlich auch noch mal Einfluss zu nehmen. Aber mir ist es sehr wichtig, zunächst die Meinung der Spielerin zu hören und dann kann man das auch mit den Rundenanalysen vergleichen und datenbasiert handeln“, erklärt Stephan Morales.