Team-EM
Deutschland spielt um Bronze
14. Juli 2023 , Stefan Bluemer
In einem denkwürdigen Halbfinale spielen bei der Team-EM der Damen in Finnland zwei außergewöhnlich starke Mannschaften gegeneinander und liefern sich einen sehenswerten Kampf um den Einzug ins Finale. Am Ende behält eine schier unmenschlich nervenstarke spanische Auswahl gegen Deutschland die Oberhand.
Hämeenlinna/Finnland – Schon die Vierer waren bei zunächst erneut wolkenlosem Himmel und brennender Sonne eine Werbung für den Golfsport, insbesondere für den Modus Matchplay.
Schon früh am Morgen war es sehr warm. Die Stimmung zwischen den Mannschaften war teils ausgelassen, sehr freundlich und sportlich fair.
Vierer am Morgen
Der Erfolgsvierer Charlotte Back und Chiara Horder hat zum ersten Mal eine Niederlage kassiert.
Gegen Julia und Lucia Lopez zeigte das deutsche Duo eine durchweg solide Leistung, schaffte es aber nicht, Druck auf die Iberer auszuüben. Oft lagen die Spanierinnen nur wenige Meter auf den Bahnen oder wenige Zentimeter auf den Grüns besser, holten aus diesen minimalen Vorteilen aber maximal viel Zählbares heraus. Horder/Back lagen nach sechs Löchern schon 3down, ohne dabei erkennbar schlechter gespielt zu haben. Am Ende hieß es 4&3 für Spanien.
Auch im zweiten Vierer holten Cayetana Fernandez und Carla Bernat früh etliche Löcher, ohne dass Helen Briem und Celina Sattelkau schlechte Schläge gemacht hätten. Es fiel bei Spanien einfach alles, was auch nur fallen konnte und so führte Spanien auch im zweiten Vierer nach zehn gespielten Löchern mit 4auf.
Der Kampf ging dann aber nochmal richtig los und in einem phantastischen Match, bei dem auch schon mal ein Loch mit Birdie gegen Birdie geteilt wurde und bei dem auf einen aus rund zehn Metern gelochten deutschen Putt der spanische Putt aus acht Metern ebenfalls eingedost wurde, wurde es nochmal richtig spannend. Das war Golf vom Feinsten und die Zuschauer bekamen einiges geboten.
Mit Lochgewinnen auf den Bahnen 11, 12 und 15 kam Deutschland wieder bis auf 1down heran, ohne dass Spanien nachgelassen hatte. Was Celina Sattelkau und Helen Briem nun auf den Platz zauberten, war einfach ganz große Klasse.
Mit 1down ging es auf das 17. Tee. Der Abschlag der Spanierinnen war perfekt platziert und der folgende Schlag ins Grün rief bei den spanischen Fans Verzückung hervor.
Aber auch der Abschlag von Celina Sattelkau lag in perfekter Linie, so dass Helen Briem mit einem famosen Eisen den Ball ebenfalls dicht an die Fahne zimmerte.
Der Putt der Spanierinnen lief über die Lochkante, der Putt von Celina Sattelkau fiel. Das Match war wieder auf all square gestellt.
Ein Stechen drohte, aber auf Loch 18 packten die Bundesadler noch einmal das ganz große Besteck aus. Wieder war es Cayetana Fernandez, die einen Putt hauchdünn vergab, wieder war es Celina Sattelkau, die vollendete, nachdem Helen Briem mit dem kurzen Chip-and-run zuvor schon fast eingelocht hatte, der Ball aber vom Fahnenstock nicht gefallen war.
Der Rest am Mittag war Jubel. Deutschland hatte sich mit 1auf doch noch den Sieg auf der regulären Runde geholt, ohne auf die Extralöcher gehen zu müssen und dadurch das Duell insgesamt ausgeglichen.
Spanischer Orkan
Am Mittag gingen die fünf Einzel auf die Runde und Spanien schien über Mittag einen Zaubertrank genommen zu haben. Das deutsche Team um die Coaches Esther Poburski und Stephan Morales zeigte hervorragende Schläge in Serie. Aber auch unter Druck konnten die Spanierinnen immer noch einen drauf setzen. Hatte Deutschland seinen Schlag ins Grün auf zwei Meter an die Fahne gesetzt, lag Spanien wenig als ein Meter am Stock. Lag Deutschland auf einen Meter an der Dose, hatte Spanien nur noch einen Tap-In. Wahnsinnig gut, was beide Teams zeigte, nur eben fast immer mit dem besseren Ende für Spanien.
In den Büchern steht ein 5:2-Sieg für die Iberer, aber im Gedächtnis bleibt ein Duell, bei dem zwei großartige Teams sich einen begeisternden Kampf geliefert hatten.
Christin Eisenbeiß traf auf Caroline Lopez. Die Spanierin spielte absolut fehlerfrei, ging auf Loch 5 in Front und machte danach die Tür für die Spielerin des Hamburger GC nicht mehr auf, obwohl diese solide spielte und auf den Grüns mit mutigen Putts zeigte, dass sie ihren Punkt unbedingt holen wollte. Am Ende musste das Nordlicht aber neidlos anerkennen, dass der 5&4-Sieg für Lopez gerecht war, weil die Spanierin so glatt gespielt hatte.
Paula Schulz-Hanßen hatte es mit einer sehr beeindruckenden Gegnerin zu tun. Julia Lopez startete auf Bahn 1 gleich mit dem Statement, das Grün vom Tee zu driven, was immerhin etwas über 300 Meter Distanz zu überwinden bedeutet. Das Birdie war der Spanierin sicher, aber die Europameisterin von 2020 hielt dagegen und spielte auf konservative Art ebenfalls ein sauberes Birdie.
Lopez knallte mit einer Urgewalt die Bälle vom Tee, so dass die Deutsche meist etwa 40 Meter kurz gelassen wurde. Nach zwölf Bahnen lag die Spanierin 5auf. Nun erst gelang es Paula Schulz-Hanßen, aus ihrem auch bis dahin schon sehr guten Spiel Profit zu ziehen und mit Lochgewinnen das Ergebnis noch mit 3&2 freundlicher zu gestalten, auch wenn es nicht mehr dafür reichte, das Blatt noch zu wenden.
Spanien hatte damit schon drei Punkte auf der Habenseite und der Druck lag ganz bei den deutschen Athletinnen, die noch unterwegs waren.
Celina Sattelkau lieferte sich mit Cayetana Fernandez ein heißes Duell. Der Auftakt verlief zu Gunsten der Spanierin, die nicht grundlos im World Amateur Golf Ranking auf dem dritten Platz steht. Mit den Jugendmannschaften Spaniens hat Fernandez sowohl in Japan, wie auch in Canada die großen Weltturniere gewonnen, die beide für sich in Anspruch nehmen, die inoffizielle Weltmeisterschaft für Jugendmannschaften zu sein. Nach vier Bahnen stand es schon 3auf für Spanien, so dass Celina Sattelkau, die selbst im WAGR auf Position 71 geführt wird, zaubern musste, um nicht den Anschluss zu verlieren. Tatsächlich holte die 22-Jährige vom GC St. Leon-Rot auf und gestaltete das Match lange offen, ehe Fernandez doch wieder davonziehen konnte. Was auch immer der Bundesadler machte, die Spanierin hatte eine noch bessere Lösung im Gepäck. Auf Loch 12, einem sehr anspruchsvollen Dogleg, kam der zweite Schlag von Celina Sattelkau auf etwa zwei Meter an den Stock. Aus einer sehr guten Möglichkeit der Deutschen, das Loch zu gewinnen, machte Cayetana Fernandez umgehend wieder einen Nachteil, indem sie ihren Schlag ins Grün auf weniger als einen Meter neben die Dose setzte. Derartige Abläufe gab es an diesem Tag reihenweise und immer zu Gunsten der Südeuropäerinnen. Kein Wunder, dass auch das Match von Celina Sattelkau mit 3&2 verloren ging. Der Einzug Spaniens ins Finale stand damit zwar schon fest, aber dieses Halbfinale war noch nicht beendet, denn Helen Briem und Chiara Horder waren noch unterwegs. Horder, die als letzte gestartet war und sich mit Carla Bernat ein famoses Duell lieferte, lag lange gleichauf mit der Spanierin, musste aber auch solche Schmankerl mit ansehen, wie einen Pitch, der zum Eagle fiel. Da kann man nichts machen. Wenn zu tollen Leistungen noch das Glück sehr einseitig verteilt ist, ist es eben an einem solchen Tag nicht möglich, den Sieg zu feiern. In den Büchern steht eine 3&2-Niederlage
Given oder nicht
Helen Briem spulte gegen Carla Tejedo ihr Spiel ab und ließ der Spanierin selten die Chance, sich über Lochgewinne zu freuen. Entsprechend lag die Spielerin des Stuttgarter GC Solitude entweder knapp in Front oder es stand all square. Als dieses Duell auf Bahn 16 war, stand bereits fest, dass Spanien dieses Halbfinale insgesamt gewonnen hatte. Sportlicher Ehrgeiz und der unbedingte Wille zum Sieg sorgten für ein Kuriosum. Helen Briem lag in Führung und wollte Tejedo den Sieg in diesem Match nicht nur deshalb schenken, weil Spanien insgesamt gewonnen hatte. Üblich wäre gewesen, dass die Spanier das Match gegeben hätten, aber auch damit wäre Helen Briem nicht glücklich gewesen. „Ich möchte nicht, dass als Ergebnis „given“ steht“, so die Ansage der Schwäbin. Nachvollziehbar, dass aus einer Führung keine hergeschenkte Niederlage werden sollte. Ergo gingen die beiden weiter und Helen Briem sicherte sich tatsächlich mit 1auf den Sieg.
Stimmen zum Tag
Esther Poburski, die Co-Trainerin der Damen im Junior Team Germany und hier erstmals als Coachin bei einer Team-EM verantwortlich im Einsatz, war trotz der Niederlage nicht unzufrieden mit der Leistung der Athletinnen mit dem Bundesadler auf dem Shirt: „Heute war Spanien einfach die bessere Mannschaft, das muss man neidlos anerkennen. Insofern geht der Sieg total in Ordnung. Die Mädels haben gut gespielt, die Spanierinnen hatten immer eine bessere Antwort parat, so dass wir leider wenig Druck aufbauen konnten. Das Momentum von dem von Celina und Helen gedrehte Vierer am Vormittag konnten wir leider nicht mit in den Nachmittag nehmen. Für den Finaltag haben wir natürlich die Bronzemedaille im Visier. Das Team ist hoch motiviert und wird die Schweizerinnen auf keinen Fall unterschätzen.“
Auch Celina Sattelkau, die von allen Deutschen die meiste Erfahrung bei Team-Europameisterschaften hat, konnte anerkennen, dass Spanien verdient gewonnen hatte: „Wir haben zwar verloren, aber ich fand es echt gut, was wir gemacht haben. Die Spanierinnen waren einfach alle on top of the game. Meine Gegnerin hat innerhalb von 16 Löchern acht Birdies gemacht, von denen bis auf eines alle zum schenken lagen. Dann ist es schwierig, wenn jemand so tief spielt und keine Fehler macht. Die Spanierinnen haben einfach super gespielt, das muss man anerkennen. Der Vierer mit Helen war echt cool. Wir lagen 4down nach zehn Löchern, kannten es aber vom Vierer gegen Frankreich, bei dem wir 4auf lagen und am Ende noch verloren haben. Daher sind wir richtig ruhig geblieben, haben aber die Taktik beim Putten etwas geändert. So haben wir sechs Birdies auf acht Löchern gemacht. Das war saustark.“
Gewitter drohte
Auf der Front Nine fallen zunächst wenige Regentropfen, etwas später drohte eine dunkle Wolke und es grummelte in hörbarer Entfernung ein Gewitter. Das Spiel wurde dennoch nicht unterbrochen, weil sich die Gewitterzelle rechtzeitig auflöste und nur noch für kurze Zeit etwas Regen über dem Platz von Tawast Golf nieder ging.
Kleines Finale
Im Kleinen Finale trifft Deutschland am Samstag ab 8.12 Uhr auf die Schweiz. Die Eidgenössinnen hatten im Viertelfinale Schweden ausgeschaltet, zogen im Halbfinale dann aber gegen Titelverteidiger England klar den Kürzeren.
Am Morgen werden wieder zunächst zwei Vierer gespielt, ab 13.30 Uhr gehen dann die fünf Einzel raus.
Zu den Turnierspecials
Livescoring
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