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Referee Catriona Thomas und ihr „Dienst am Golf“
24. März 2023 , Thomas Kirmaier
Catriona Thomas vom GC Johannesthal ist seit 2019 DGV-Spielleiterin und seit 2020 Mitglied im DGV-Ausschuss Golfregeln und Amateurstatut. Golf.de hat sich mit ihr über ihren Einsatzplan, Frauen im Ruling und eine Begegnung mit einem Ryder-Cup-Captain unterhalten.
Catriona Thomas ist in London geboren und aufgewachsen. Sie ist Tochter eines Schotten, vierfache Mutter und begeisterte „Grandma“. Sie arbeitet als juristische Fachübersetzerin und bringt als solche quasi die besten Eigenschaften mit, Regeln für jedermann verständlich zu machen.
Frau Thomas, wann und wo war Ihre letzte Golfrunde?
Oh, die war tatsächlich gestern hier auf dem Golfplatz Pinhal in Vilamoura, da ich das Privileg habe, den Winter an der Algarve zu verbringen. Die Runde lief gut, was wohl daran lag, dass ich vorgestern eine Stunde mit einem Pro hatte und wir einige Korrekturen vorgenommen haben. Am Ende waren es 35 Nettopunkte, was für meine Verhältnisse ein zufriedenstellendes Ergebnis ist.
Wann beginnt für Sie die Saison als Referee und welche größeren Turniere stehen in 2023 an?
Die Saison beginnt für mich im April. Dann werde ich beim Spielleitertreffen sowohl des BWGV als auch des DGV dabei sein. Mein erster Einsatz ist Ende Mai. Ich habe einige DGL-Spieltage in der 2. Bundesliga Damen und Herren. Außerdem die International Matchplay Trophy in Reischenhof für den BWGV und im September bin ich bei den Deutschen Meisterschaften der Mädchen AK14/16. Ich plane also mit den Events des Deutschen Golf Verbandes und des BWGV. Zur Tour wird man eventuell kurzfristig als Guest-Referee eingeladen. Da hatte ich 2021 das Privileg, bei der Big Green Egg German Challenge im Wittelsbacher GC und 2022 bei der BMW International Open in München als Guest-Referee im Einsatz zu sein. Aber die Einsätze für die Verbände haben eindeutig Priorität.
Sie sind seit einigen Jahren als Referee tätig. Warum haben Sie sich für diese Aufgabe entschieden? Was macht den Reiz aus?
Ich bin als Quereinsteigerin dazugekommen. Der normale Weg läuft über den Landesverband. Aber 2014 hatte es online einen Aufruf gegeben: Spielen Sie Golf? Können Sie Computer? Sprechen Sie Englisch? Meine Antworten waren: na ja, geht so, ja und ja. Nachdem meine jüngste Tochter an die Uni ging, hatte ich mehr Zeit. Also habe ich mich beworben und wurde zu einer zweitägigen Einführung eingeladen. Die Skepsis unter den arrivierten Spielleitern gegenüber uns Quereinsteigern war zurecht groß. Ich hatte aber das Glück, dem inzwischen leider verstorbenen Spielleiter Dieter Rohrlack und Dr. Rolf Nagel in die Hände zu fallen, die für mich wie Mentoren waren. Ich fand die Herausforderung als Referee von Anfang an unheimlich interessant. Es ist ein Dienst am Golf, abwechslungsreich, man trägt Verantwortung, muss sorgfältig vorbereitet sein, und es ist gute Teamarbeit erforderlich. Es hat mir einfach von Anfang an gefallen.
Auch bei den Referees gibt es immer noch deutlich mehr Männer als Frauen. Woran liegt's?
Das ist richtig. Aber es tut sich was diesbezüglich. 2021 und 2022 wurden einige Frauen neu berufen. Das Verhältnis hat sich jetzt etwas verbessert, das spürt man schon. Es ist auch gut, dass wir immer mehr tüchtige Clubmanagerinnen, Präsidentinnen, sogar Headgreenkeeperinnen und natürlich mehr Frauen als Referees sehen. Diese Entwicklung finde ich super, auch wenn es auf den Golfanlagen immer noch auffällig ist, dass deutlich mehr Männer im Einsatz sind.
Merken Sie in der täglichen Arbeit, dass Sie eine Frau sind? Gibt es Situationen, die Ihnen da einfallen?
Es kann höchstens sein, dass ich vor einem Pfosten stehe und keinen Vorschlaghammer bedienen kann. Da würde ich mir wahrscheinlich eher die Hand brechen als dass ich da erfolgreich den Pfosten zurück in den Boden rammen kann. Entweder bitte ich die männlichen Kollegen um Hilfe oder bitte den Greenkeeper darum, dass er sich darum kümmert. Aber sonst fallen mir spontan keine weiteren Situationen ein.
Was machen Frauen beim Ruling anders als Männer?
Da gibt es keine großen Unterschiede, denke ich. Für mich gilt: Ich weiß genau, dass ich kein wandelndes Regellexikon bin. Ich kann vieles, aber nicht alles wissen. Wenn es zu einer Situation kommt, in der ich mir nicht hundertprozentig sicher bin, halte ich Rücksprache mit den Kollegen, schaue im Regelbuch nach und sichere mich ab. Ich bin nicht der Meinung, dass ein Referee alles wissen muss. Das liegt vielleicht auch daran, dass ich als Übersetzerin arbeite und öfter im Wörterbuch nachschaue. Ganz wichtig ist in meinen Augen die Bereitschaft zu sagen: Okay, ich weiß das nicht ganz sicher und kläre das lieber ab, um dann ein korrektes Ruling auszusprechen. Vielleicht ist das ein Unterschied zwischen Frauen und Männern, dass Frauen eher bereit sind, sich abzusichern. Ein bekannter Kollege hat mal gesagt: Das Funkgerät ist dein bester Freund.
An welche Situation erinnern Sie sich, als Sie sich zuletzt abgesichert hatten?
Das war 2022 bei der BMW International Open. Da kam der Ruf zu einem Ruling beim Führenden Haotong Li, der das Turnier später dann ja auch gewann. Als ich dort ankam, waren Kameras und alle Augen auf mich gerichtet. Da muss man einen kühlen Kopf bewahren. Bei der Regelfrage war ich mir nicht ganz sicher und habe zu Chief-Referee Mark Litton gefunkt, der meine Regelauslegung bestätigt hat und somit konnte es nach nur kurzer Unterbrechung weitergehen. Lieber gibt man sich in solchen Situationen ein paar Sekunden mehr und ist anschließend auf der sicheren Seite.
„Da wurde mir etwas mulmig“
Warum sollte man als junger Erwachsener eine Ausbildung im Golfregel-Bereich in Erwägung ziehen? Was sind die Vor- und Nachteile? Welche Fortbildungsmöglichkeiten gibt es?
Wenn man sich für Regeln interessiert und sie gut kennt, ist das sicher immer von Vorteil. Die Clubs bieten ja Regelabende an. Wer weitergehen möchte, kann sich zum Clubspielleiter ausbilden lassen. Gute Regelkenntnisse geben beim eigenen Spiel auch eine gewisse Sicherheit. Als Referee lernt man, sich präzise und sorgfältig auf die Spieltage vorzubereiten. Außerdem ist es eine verantwortungsvolle Aufgabe in der Natur, bei der es auch auf das Zwischenmenschliche ankommt. Das gilt bei der Anreise und der Kommunikation mit dem Club bis zu den Gesprächen auf dem Platz mit Spielerinnen und Spielern oder einem Greenkeeper. Es ist immer anders. Der Nachteil ist vielleicht, dass es sehr lange Tage sind bei unseren Einsätzen. Wir sind bei einem Turnier morgens die Ersten auf dem Platz neben dem Greenkeeping und abends die Letzten, die gehen. Welche Arbeit wirklich dahintersteckt – Spieltagvorbereitung, Platzvorbereitung, Fahnenpositionen aussuchen, Abschläge markieren, Startlisten erstellen und so weiter - das bekommen die Spieler meist gar nicht mit.
Wie regelfest sind denn Spielerinnen und Spieler heute?
Die jungen Damen und Herren, vor allem die, die DGL oder Deutsche Meisterschaften spielen, kennen sich mit den Regeln deutlich besser aus als noch vor einigen Jahren. Sie werden in den Clubs sehr gut ausgebildet und halten sich größtenteils auch an die Regeln.
Ihr kuriosestes Erlebnis auf dem Golfplatz war...
Das war nicht unbedingt ein angenehmes Erlebnis bei der BMW International Open 2022 auf der 18. Ein Spieler verzog seinen Drive dermaßen, dass er den Ball nach rechts ins Wasser an Grün 16 schoss. Ich komme zum Ruling, wo es um einen Drop mit Strafschlag ging. Der Erleichterungsbereich war äußerst klein. So weit alles wunderbar. Als ich hinterher zu meinem Cart lief, stand plötzlich ein ehemaliger Ryder-Cup-Captain vor mir und fragte mich, was das bitte für ein Ruling gewesen sei. So einen Blödsinn habe er noch nie gehört. Ich habe es ihm erklärt, woraufhin er strammen Schrittes Richtung Grün 18 und anschließend ins Scoring-Zelt ging. Da wurde mir etwas mulmig. Ich rief den Chief-Referee an, der sofort rauskam, alles mit mir haarklein durchging und feststellte, dass alles korrekt war. Das war eine kuriose Begegnung, die sich am Ende aber auflöste und es hat sich wieder einmal gezeigt, dass es richtig war, sich im Zweifel rückzuversichern.
Vielen Dank für das Gespräch!