LIV vs PGA
Der Nächste, bitte!
23. Juni 2022 , Daniel Dillenburg
Der PGA Tour laufen weiter die Spieler davon. Inzwischen hat die LIV Golf Series drei Top-20-Spieler akquiriert. Für PGA-Tour-Chef Jay Monahan die Chance, sich zu beweisen.
Die PGA Tour befindet sich aktuell in der wohl größten Krise ihrer 92-jährigen Geschichte. Und in schwierigen Zeiten braucht es einen starken Redensführer. Hier ist Jay Monahan gefragt, Commissioner und damit Chef der PGA Tour. Seit 2017 ist er als Nachfolger von Tim Finchem im Amt. Monahan übernahm eine, zumindest von außen betrachtet, gesunde Tour, die ohne Konkurrenz einsam ihre Kreise zog. Wäre da nicht diese neue, von Greg Norman initiierte und von saudischen Staatsgeldern finanzierte LIV Golf Series, die der PGA Tour aktuell zu schaffen macht. Es vergeht derzeit kaum ein Tag ohne neues Gerücht, wer als nächstes die (noch) größte Golfliga der Welt verlassen könnte.
Bei der PGA Tour sorgt man sich um den Status des unangefochtenen Klassenprimus im Profigolf. Daher stellt man sich mit aller Macht gegen die neue Serie. Entweder wir oder die – so Monahans Motto. Die Konsequenz: Als jüngster Neuzugang der LIV Golf Series wurde Brooks Koepka bekanntgegeben. Der viermalige Major-Sieger ist ein Schwergewicht im Herrengolf und gibt in der kommenden Woche in Portland sein Debüt. Neben Dustin Johnson und Abraham Ancer ist Koepka einer von bereits drei Spielern aus den Top 20 der Welt, die sich von der PGA Tour abgewandt haben.
Man sei „besorgt“, so Patrick Cantlay, Nummer sechs der Welt, im Vorfeld der Farmers Insurance Open (23. bis 26. Juni). „Jeder möchte gegen die besten Spieler der Welt spielen“, erklärt Cantlay. „Viele von uns sind sehr wettbewerbsorientiert, und das ist vielleicht der Grund dafür, dass wir so gut sind, wie wir sind. Jedes Mal, wenn es einen potenziellen Bruch im Sport gibt, glaube ich nicht, dass das gut für den Sport ist.“ Dass die derzeitige Lage nicht förderlich für den Golfsport ist, dürfte unbestritten sein. Doch wenn keine der beiden Seiten nachgibt, ist hier vermutlich keine Besserung in Sicht.
Monahan gab sich nun weiter kämpferisch, wohlwissend, dass ihm in gewisser Weise die Hände gebunden sind. „Wenn dies ein Wettrüsten ist und die einzigen Waffen hier Dollarscheine sind, kann die PGA Tour nicht mithalten", sagte Monahan am Dienstag gegenüber Reportern. „Die PGA Tour, eine amerikanische Institution, kann nicht mit einer ausländischen Monarchie konkurrieren, die Milliarden von Dollar ausgibt, um das Golfspiel zu kaufen." Eine gesunde Konkurrenzsituation heiße man willkommen. Doch laut Monahan sei die LIV Golf Series keine solche. „Es ist eine irrationale Drohung, die nichts mit der Rentabilität oder dem tatsächlichen Wachstum des Spiels zu tun hat.“
Der Redensführer der PGA Tour spricht. Doch Worte allein werden in dieser Situation nicht genügen. Dessen ist man sich bewusst und so kündigte man nun unter anderem einen neuen Preisgeldschub auf der PGA Tour an. Ab 2023 werden bei acht Events jeweils mindestens fünf Millionen US-Dollar mehr ausgeschüttet als bisher. Bei der Players Championship, dem Flaggschiff der PGA Tour, geht es dann um 25 Millionen US-Dollar. Damit spielt man mit den Einladungsturnieren der LIV Series in einer Liga. Nur: Dort sind gerade einmal 48 Spieler am Start.
Weitere angekündigte Änderungen beinhalten eine Rückkehr zum Turnierkalender, der sich am Kalenderjahr orientiert (ab 2024), überarbeitete Teilnehmerfelder für die FedExCup-Playoffs sowie eine neue Turnierserie im Herbst, die aus drei limitierten Teilnehmerfeldern besteht, bei denen es keinen Cut gibt. Klingt nach LIV Golf, ist aber schon bald die PGA Tour. Die Sorge um die Vormachtstellung zwingt Monahan zum Handeln. Sein Hauptziel ist es derzeit, seine Topstars bei sich zu halten.
Und noch sind die Top Ten der Welt treu. Doch im Anbetracht der jüngsten Entwicklungen scheint es eine Frage der Zeit zu sein, bis Norman erneut mit dem Finger schnipst, die Geldkoffer öffnet und sagt: der Nächste, bitte! Im sechsten Amtsjahr steht Monahan vor der schwierigsten Aufgabe seiner Berufslaufbahn: Der Redensführer muss sich beweisen – mit Worten als auch durch Taten.