„Nach dem Finalsieg hatte ich Tränen in den Augen“

Ulrich Eckhardt ist Bundestrainer der männlichen Golf-Professionals, aber auch leidenschaftlicher Basketballer. Wir haben mit dem 56-Jährigen über seine Karriere unter dem Korb, den WM-Sieg der DBB-Männer, die kriselnden Fußballer und natürlich Golf gesprochen.

Herr Eckhardt, Sie sind Basketballer. Wo hat Ihre Karriere begonnen und welche war Ihre Position?
Ich habe in der Schule das erste Mal Basketball wahrgenommen. Unsere Schulmannschaft hatte ein Turnier und wir hatten tatsächlich zwei sehr gute Spieler aus der 2. Liga in unserem Team. Es hat mich fasziniert, ich wollte das auch lernen. Beim SB Rosenheim habe ich dann angefangen, Basketball in der B-Jugend zu spielen. Es ging dann auch bei mir bis in die 2. Liga, allerdings immer in Konkurrenz zu Golf. Solange ich noch Amateur war, konnte ich es ganz gut kombinieren, allerdings konnte ich immer zu spät in die Vorbereitung einsteigen und hatte es schwer, mich ins Team zu spielen. Golf war immer meine Nummer eins. Meine Positionen waren Power-Forward und Center. Ich spiele noch heute leidenschaftlich gerne, wenn es die Zeit und die Gelenke zulassen. Mit Rosenheim habe ich dieses Jahr bei der DM Ü50 den 3. Platz belegt.

Glückwunsch. Wo haben Sie die Spiele der deutschen Nationalmannschaft verfolgt und welche Reaktionen bzw. Emotionen hat der WM-Sieg ausgelöst?
Ich habe alle Spiele gesehen - entweder zu Hause oder auf dem iPad bei Turnieren. Bei der Irish Open saß ich in der Players Lounge und habe das Match gegen die USA gesehen und mitgefiebert. Die anderen Leute haben gedacht, ich hab einen Vogel. Ich habe die Jungs letztes Jahr bei der EM sogar live in Berlin gesehen und mir war schon klar, dass sie stark sind, aber dass sie das dann komplett durchziehen, das war schon der absolute Wahnsinn. Da schlagen dann beide Herzen in meiner Brust, Spieler und Trainer. Ich hatte wirklich Tränen in den Augen nach dem Finalsieg. Im Team zu gewinnen, ist sehr, sehr speziell. Ich bin mit den Jungs und mit den Herren Europameister geworden. Solche Tage vergisst man sein Leben lang nicht mehr.

Welchen Impact gibt so ein großer Titel gerade im Hinblick auf die Jugendarbeit? Profitieren Sportarten wie Golf und Basketball von der derzeitigen Schwäche des deutschen Fußballs?
Fußball ist gerade in der Krise, aber erdrückt trotzdem alle anderen Sportarten in Deutschland. Ich liebe Fußball ebenfalls, aber es ist leider ein großes Ungleichgewicht in Deutschland, was Förderung angeht. Es könnte sein, dass sich die sportliche Landschaft gerade etwas verschiebt, aber wahrscheinlich ist und bleibt Fußball Deutschlands liebstes Kind. Noch interessanter ist die vom Staat ins Leben gerufene Potenzialanalyse, kurz PotAS. Wir mussten das auch machen. Mit deutscher Bürokratie werden die Sportarten durchleuchtet und es werden Medaillenchancen bei Welt- und Europameisterschaften ermittelt. Basketball ist auf dem letzten Platz gelandet und Leichtathletik auf Platz eins. Das läuft leider alles in die falsche Richtung gerade; in Sachen finanzielle Förderung im Sport sind wir noch im Zeitalter vor der Industrialisierung. Ich hoffe, Basketball bekommt einen großen Schub. Es ist die schnellste Sportart ohne Hilfsmittel und sehr zuschauerfreundlich.

Großer Wurf: Golf-Bundestrainer Uli Eckhardt holte 2023 mit den Herren des SB Rosenheim Bronze bei der DM Ü50. | © Privat

Beim Golf muss der Ball ins Loch, beim Basketball in den Korb. Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten gibt es zwischen beiden Sportarten?
Die Unterschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen Golf und Basketball sind schnell aufgezählt: Es gilt natürlich, den Ball ins Loch zu bekommen. Man brauch Kraft und Gefühl, ein weiches Handgelenk und Athletik. Sprungkraft hilft tatsächlich auch, den Ball weit zu schlagen. Aber beim Golf hat man deutlich mehr äußere Einflüsse wie Wind, Grassorte, Balllage und so weiter und deutlich mehr Zeit zu überlegen. Außer beim Freiwurf hat man beim Basketball nur sehr wenig Zeit, zu überlegen, welche Option man wählt. Golf ist koordinativ anspruchsvoller, gehört zu den drei schwierigsten Sportarten der Welt mit Eiskunstlauf und Stabhochsprung. Basketball ist natürlich athletischer und schneller. Teamsport hat seine Vor- und Nachteile, genauso wie eine Einzelsportart. Wäre Schröder alleine unterwegs gewesen, wäre er im Viertelfinale ausgeschieden, aber seine Mitspieler haben ihn gerettet. Beim Golf ist nur deine eigene Leistung ausschlaggebend, du hast auch keinen Gegner, der einen schlechten Tag haben kann und du gewinnst trotz einer schwachen Leistung dein Match. Hier stehen immer 20 bis 30 Spieler bereit, die dich überholen können. Beim Golf kann man mit zehn Schlägen führen vor der Schlussrunde und am Ende wirst du 30. Golf ist, was diesen Aspekt angeht, die brutalste Sportart. In keiner anderen kann man soviel verlieren wie beim Golf.

Letzte Frage: Es sind keine zwölf Monate mehr bis Olympia 2024 in Paris. Die Basketballer kommen als Weltmeister nach Frankreich. In welchen Disziplinen trauen Sie Team Germany Edelmetall zu und welchen Stellenwert hat Olympia im deutschen Golf?
Die Basketballer haben auf jeden Fall eine Medaillenchance. Vielleicht kommen noch Maxi Kleber und Isiah Hartenstein dazu. Die anderen Teams werden natürlich aufrüsten für Olympia, allen voran die USA nach dieser Schmach. Aber auch Serbien kann mit Jokic unglaublich stark sein. Was die anderen Sportarten angeht, kann ich das tatsächlich überhaupt nicht einschätzen. Olympia hat tatsächlich einen hohen Stellenwert bei uns. Die Vision Gold ist allgegenwärtig, wenn wir über Ziele und Konzepte sprechen. Für alle Beteiligten ist es eine unglaubliche Zeit, Teil der olympischen Familie zu sein. Ich lehne mich jetzt mal aus dem Fenster: Wir reden 2024 ein Wort mit, wenn es um die Medaillenverteilung geht.

Wir drücken die Daumen. Vielen Dank für das Gespräch!