Mentale Stärke

Die Formel für den Erfolg – nicht nur beim Golf


1. September 2023 , Felix Grewe


Als Voraussetzung für den Erfolg gilt ein klarer Kopf – nicht nur für Profis wie Cameron Smith.
Als Voraussetzung für den Erfolg gilt ein klarer Kopf – nicht nur für Profis wie Cameron Smith. | © Andy Cheung/Getty Images

Es gibt eine einfache Gleichung, die erklärt, unter welchen Bedingungen Bestleistungen entstehen. Sie kann Ihnen auf dem Golfplatz zu Klarheit und besseren Ergebnissen verhelfen – aber nicht nur dort...

Es gibt einen Traum, der die meisten Golfer verbindet: Sie sehnen sich nach dem perfekten Spiel und wollen den Ball möglichst mit einem eleganten Schwung, mit Leichtigkeit, Präzision und Beständigkeit an sein Ziel befördern – ins Loch. Was diesem Wunsch entgegensteht, ist die Realität. Zum einen ist Perfektion eine Illusion – für jeden Menschen, aber für Frauen und Männer, die auf dem Golfplatz ihrem Hobby nachgehen, erstrecht –, weil sie einen annehmen lässt, dass gut niemals gut genug sei. Zum anderen sind beständig starke Leistungen (und zwar nicht nur beim Golfen) ebenfalls eine Wunschvorstellung, die mit dem echten Leben wenig gemein hat. 

Äußere und innere Störungen

Der Grund ist simpel: Bei allem, was wir tun, beeinträchtigen diverse Störungen unsere Leistungen – mal stärker und mal weniger stark. Dabei handelt es sich sowohl um äußere als auch um innere Faktoren. Auf dem Golfplatz etwa die Wetterbedingungen, die es einem manchmal schwieriger und manchmal leichter machen. Die Platzbeschaffenheit, mit der man zuweilen hadert. Kommentare der Mitspieler, die ablenken können oder andere Flights, die von hinten aufrücken und den Druck erhöhen. Aber vor allem auch jene Einflüsse, die mentalen Ursprungs sind: Zweifel an den eigenen Fähigkeiten. Angst vor einem schlechten Score. Harsche Selbstkritik nach missglückten Schlägen. Ablenkende Gedanken an Themen, die beim Golf eigentlich keine Rolle spielen sollten. Zu starke Anspannung während des Wettkampfs, die zu Verkrampfung führt. Der Vergleich mit anderen Spielerinnen und Spielern. Übermäßiger Ehrgeiz. Und so weiter...  

 

Ärger, Enttäuschung und Selbstzweifel sind oft die größten Störungen für Bestleistungen.
Ärger, Enttäuschung und Selbstzweifel sind oft die größten Störungen für Bestleistungen. | © Ken Ishii/Getty Images


Die Idee vom Selbstcoaching

Der Einfluss dieser vielen verschiedenen Störungen bestimmt die Performance eines Menschen. Diese These vertritt Timothy Gallwey, einer der bekanntesten und anerkanntesten Coaches weltweit. Der Amerikaner war ursprünglich als Tennistrainer aktiv, als er in den frühen 70er-Jahren begann, sich mit der Frage zu beschäftigen, was im Kopf eines Tennisspielers vor sich geht, kurz bevor der einen Ball schlägt. Gallwey entwickelte aus seinen Erkenntnissen seine berühmte Philosophie „The Inner Game“, übersetzt also „das innere Spiel“. Er stellte fest, dass der Mensch dann bestmöglich auf sein Potenzial zurückgreifen kann, wenn ihm seine eigenen Erfahrungen als Lehrer dienen und er einen Zustand der entspannten Konzentration erzielt. Gallwey, der mit Mitte 80 noch immer als Coach tätig ist, übertrug seine Feststellungen vom Tennisplatz in viele andere Lebensbereiche – in die Arbeitswelt, auf die Skipiste und auch auf den Golfplatz. „Inner Game Golf – die Idee vom Selbstcoaching“ ist ein Klassiker der Golfliteratur und ein Werk, das man nicht nur einmal lesen sollte.  

Mentale Ursache von Fehlern

In seinem Werk schreibt Gallwey: „Zweifel, Verkrampfung und Konzentrationsdefizite sind problematischer als technische Mängel. Aus diesem Grund fand ich es als Trainer viel wirkungsvoller, von innen nach außen zu arbeiten, die mentalen Ursachen von Fehlern zu beheben, anstatt an äußerlichen Symptomen herumzukurieren.“ Und weiter: „Immer wieder beobachtete ich, dass die Ausschaltung eines einzigen Selbstzweifels umgehend in zahlreiche technische Verbesserungen im Schwung und im gesamten Spiel mündete.“ 

 

Autor des Buches
Autor des Buches "Inner Game Golf" – Timothy Gallwey. | © Archiv


Seinen Ansatz von einem erfolgreichen inneren Spiel (also die mentalen Komponenten) als Voraussetzung für gelungene Ergebnisse im äußeren Spiel (zum Beispiel ein respektabler Score auf dem Golfplatz) fasst Gallwey mit einer einfachen Formel zusammen. Sie geht so: 

Leistung = Potenzial – Störungen

Die Leistung entspricht dem Potenzial eines Spielers abzüglich der inneren und äußeren Störungen. Bedeutet: Um die Performance zu verbessern, gibt es zwei potenzielle Wege: entweder das Potenzial erhöhen oder die Störungen reduzieren. Klar ist: Ablenkungen lassen sich nicht aus dem Weg räumen, indem man sie bekämpft und sich an ihrer Existenz aufreibt. Sondern lediglich durch eine erhöhte Konzentration und Fokussierung auf das wirklich Wichtige. „Die fundamentale Herausforderung für den Golfer besteht darin, das Vorhandensein von Störquellen zu erkennen“, erklärt Gallwey. „So ist eher der Sieg im Inner Game das Ziel als die Herrschaft über den Golfplatz.“ 

Das perfekte Spiel wird auch mit dem Wissen über diese Formel für den Erfolg ein unerreichbarer Traum bleiben. Je mehr ein Spieler sich jedoch den vielen verschiedenen Störfaktoren bewusst ist, die seine Leistung auf der Runde beeinflussen, so Gallweys These, desto größer die Chance, diese zu reduzieren. Der Score wird dann automatisch profitieren...