Mentale Stärke

Alles unter Kontrolle? Von wegen!


23. März 2023 , Felix Grewe


Im größten Frust bedienen sich die Stars der Touren (hier Darren Fichardt) mentalen Tools, um zurück in die Spur zu finden.
Im größten Frust bedienen sich die Stars der Touren (hier Darren Fichardt) mentalen Tools, um zurück in die Spur zu finden. | © Getty Images/Warren Little

Drei Fragen, die helfen können, um in stressigen Situationen auf der Runde die Ruhe zu bewahren – und zu erkennen, was Sie beeinflussen können und was nicht.

Kennen Sie diese Tage auf dem Golfplatz, die so schön sein könnten, aber so schrecklich sind? Nichts funktioniert. Bereits den ersten Drive zirkeln Sie zielgenau dorthin, wo Sie ihn niemals finden können – und gar nicht erst suchen müssen. Auf den Grüns offenbart sich eine eklatante Leseschwäche und außerdem sind die Mitspieler in Ihrem Flight eine Zumutung – kommentieren jeden Ball, gucken blöd, und überhaupt: einfach nicht Ihre Kragenweite. Nach 18 Löchern fühlen Sie sich im Clubhaus mindestens so leer wie Ihre Ballschachtel nach dieser desolaten Runde. „Das konnte heute nichts werden“, fluchen Sie, „das hab‘ ich schon auf der ersten Bahn gespürt.“ Zwischen Bahn eins und dem lang ersehnten Drink auf der Terrasse lagen vier Stunden des Haders, Zauderns und Lamentierens. 

Die Leiden des Golfers

Golfer leiden viel. Vor allem darunter, dass zwischen Anspruch und tatsächlicher Leistungsfähigkeit zuweilen eine meterdicke Lücke klafft. Und Golfer neigen dazu, alles kontrollieren zu wollen – nicht nur den Ball, sondern auch zahlreiche andere Faktoren. Das führt zu viel Frust, der vermeidbar wäre. Timothy Gallwey, einer der renommiertesten Coaches der Welt, der unter anderem auch den Klassiker „Inner Game Golf“ verfasst hat, nutzt in seiner Arbeit das mentale Tool der Kontrollfragen. Sie sollen seinen Klienten dabei helfen, sich auf das zu konzentrieren, was sie kontrollieren können und das loszulassen, was außerhalb ihrer Kontrolle liegt. Die drei Fragen können Ihnen auf dem Golfplatz eine wertvolle Hilfe sein, um die Aufmerksamkeit nicht auf die energieraubenden Aspekte des Spiels zu legen, sondern auf jene Bereiche, in denen eine gezielte Konzentration hilfreich ist, um das Maximum der eigenen Fähigkeiten auszuschöpfen. Die Kontrollfragen sind wertvoll auf dem Golfplatz – gewiss aber auch in vielen anderen Lebenssituationen. 

Drei Fragen – nicht nur für den Golfplatz...


1) Was können Sie in dieser Situation nicht kontrollieren? 

Die erste Frage gibt Ihnen die Chance zu erkennen, dass es beim Golf eine Reihe von Faktoren gibt, die außerhalb Ihrer Kontrolle liegen. Warum regen Sie sich zum Beispiel über den starken Wind auf, wenn Sie das Wetter ohnehin nicht beeinflussen können? Warum schimpfen Sie über die zu schnellen oder zu langsamen Grüns, obwohl Sie auf dieser Runde keine Möglichkeit haben, als ihren Zustand zu akzeptieren? Weshalb stören Sie sich an Ihren Mitspielern, deren Verhalten ebenso wenig in Ihrem Einflussbereich liegt (von der Bitte um etwas mehr Ruhe einmal abgesehen)? 

2) Was versuchen Sie zu kontrollieren? 

Die Antwort ist kurz: Meistens neigen wir dazu kontrollieren zu wollen, was nicht in unserer Macht liegt. Oder aber wir wollen etwas mit aller Macht kontrollieren, was nur mit einem tiefen Vertrauen und einer heiteren Gelassenheit zum Erfolg führen kann. Gallwey: „Wenn ein Golfspieler sich zu stark bemüht, den Flug des Balls zu kontrollieren, verspannen sich seine Muskeln und er kann im Endeffekt weniger Kontrolle ausüben. Das Gleiche gilt für den Manager, der seine Mitarbeiter zu stark kontrolliert. Auch sie „verspannen“ sich und übernehmen keine Verantwortung mehr.“ 

3) Was könnten Sie stattdessen kontrollieren, was Sie bisher nicht tun? 

Die dritte Frage kann Ihnen die Augen für das öffnen, worauf Sie im besten Fall Ihre Aufmerksamkeit richten könnten – möglicherweise aber deshalb übersehen wird, weil die Gedanken um Dinge kreisen, auf der eigene Einfluss gering ist. Wer sich über die äußeren Bedingungen echauffiert, der verpasst es oft, zu analysieren, wie sie sich zunutze machen ließen. Die Beschaffenheit der Grüns zu beklagen, ist für den Score ebenfalls wesentlich weniger sinnvoll, als einen Umgang mit ihnen zu finden, der dem eigenen Spiel zuträglicher ist. Umstände lassen sich in vielen Fällen nicht beeinflussen – die Einstellung zu ihnen hingegen immer.