Moritz Lampert
„Das Karriereende bereue ich nicht“
18. Januar 2023 , Daniel Dillenburg
Moritz Lampert befindet sich seit vergangenem Jahr im Golfruhestand. Mit seinen erst 30 Jahren will er nun auf anderer Ebene durchstarteten und den Leistungssport in einer neuen Funktion voranbringen.
2014 war nicht nur das Jahr des Martin Kaymer, der mit der Players Championship und der US Open zwei große Titel holte. Mit Moritz Lampert sorgte damals ein zweiter Deutscher für ordentlich Schlagzeilen. Im Alter von 22 Jahren gewann er drei Mal auf der Challenge Tour und stieg damit direkt auf die DP World Tour auf. Für Lampert war dieser Erfolg der Höhepunkt seiner zehnjährigen Profikarriere. Im vergangenen Jahr gab der inzwischen 30-Jährige vom Golf Club St. Leon-Rot sein Karriereende bekannt.
Im Interview mit Golf.de sprach er über seine Zeit als Profi, die Beweggründe für das Ende seiner aktiven Profizeit und seine neue Rolle im Betreuerteam von Bundestrainer Christoph Herrmann. Lampert befand sich zum Zeitpunkt des Gesprächs in den letzten Zügen seiner Bachelorarbeitsabgabe im Fach Wirtschaftswissenschaften und betonte, wie gerne er dem Leistungssport verbunden bleiben würde. Von nun aber in einer anderen Rolle als noch vor beispielsweise neun Jahren, als er seinen Fußabdruck in der deutschen Challenge-Tour-Geschichte hinterließ.
Golf.de: Gab es seit deinem Karriereende schon Momente, in denen du deine Entscheidung, das Profigeschäft hinter dir zu lassen, bereut hast?
Moritz Lampert: Überhaupt nicht. Im vergangenen November vor genau zehn Jahren hatte ich die Q-School geschafft – damals als Amateur. Wenn ich jetzt zurückblicke, habe ich insgesamt 18 Jahre wirklich Leistungssport betrieben und da ist mir die Entscheidung natürlich nicht leichtgefallen. In meinem Kopf war sie aber immer weiter gereift und dann habe ich gemerkt, dass jetzt einfach der richtige Moment gekommen ist, aufzuhören. Ich vermisse manchmal schon das Miteinander mit den Kollegen, aber habe natürlich viele feste Freundschaften durch den Golfsport geschlossen, die ich auch weiterhin pflege. Ohne unterwegs zu sein, habe ich noch zu vielen Leuten Kontakt. Aber das Karriereende bereue ich nicht.
Wann hast du begonnen, dich mit einem möglichen Karriereende auseinanderzusetzen?
Ende 2020. In dem Jahr haben wir im Februar noch Turniere gespielt und dann kam die Pandemie. Damals war meine Saison schon im Oktober vorbei und mir war klar, dass ich jetzt sieben Monate lang kein Turnier spiele. Da habe ich dann schon gemerkt, dass das Feuer für den Golfsport nicht mehr so heiß war, wie noch im Jahr zuvor.
Tausende deutsche Amateurgolfer träumen davon, irgendwann mal auf der großen Profibühne abzuschlagen und gegen die besten Spieler der Welt zu spielen. Hast du deinen Traum gelebt?
Auf jeden Fall. Ich hatte eine tolle Zeit auf der Tour. Auch wenn ich sagen würde, dass ich nicht die Ziele erreicht habe, die ich mir damals gesteckt hatte. Obwohl ich mehrmals auf der Challenge Tour gewonnen und zweieinhalb Jahre auf der European Tour gespielt habe. Ich habe meinen Traum gelebt, weswegen die Entscheidung aufzuhören, auch nicht leicht war. Doch ich bin zufrieden, wie es jetzt ist, ich schaue nach vorne und hoffe, dass ich viel von den Erfahrungen, die ich als Leistungssportler erlebt habe, auch zukünftig nutzen kann.
Was hat dir in deiner aktiven Karriere am meisten gefehlt?
Die Zeit zuhause. Ich war 25 bis 35 Wochen im Jahr unterwegs. Einfach die Zeit zuhause mit meiner Familie, meiner Freundin und meinen Freunden zu verbringen, hat mir gefehlt. Wobei ich das während meiner Zeit als aktiver Spieler gar nicht so wahrgenommen habe. Erst in der Corona-Zeit, als ich von März bis Juni 2020 komplett zuhause war, was ich die 18 Jahre vorher als Leistungssportler nicht erlebt habe, und in meinem eigenen Bett schlafen konnte, da hat es mir dann gefehlt.
Wenn du mal abends im Bett liegst und nicht einschlafen kannst. In welche Situation als Golfer versetzt du dich am liebsten?
2014 habe ich früh in der Saison auf der Pro Golf Tour und das BB-Masters in Bad Saarow gewonnen. Danach die drei Siege auf der Challenge Tour. Diese Momente, die Highlights meiner Karriere, würde ich gerne nochmal erleben, um vor allem auch etwas bewusster durch die Zeit zu gehen und besser wertzuschätzen, was ich erreicht habe und warum ich zu der Zeit so gut gespielt habe. Das Profileben ist sehr schnelllebig. Ein Turnier folgt auf das nächste und natürlich war ich stolz, 2014 innerhalb kurzer Zeit drei Mal gewonnen zu haben, aber dann ging der Fokus direkt weiter auf die European Tour. Ich wollte immer besser werden und mich weiterentwickeln, weshalb ich in den guten Monaten dann wahrscheinlich zu wenig reflektiert habe.
Als du dein Karriereende bekannt gegeben hast, bekamst du viele Rückmeldungen, vor allem aus dem deutschen Golflager. Als wie wichtig hast du den Zusammenhalt untereinander empfunden?
Viele meiner engsten Freunde und Tour-Kollegen wussten schon vorher, dass ich meine Karriere beenden werde, weil ich das ganze Jahr 2022 kein Profigolf gespielt habe, obwohl ich fit war. Über die Entscheidung war ich nie traurig, sondern ich stand komplett hinter ihr. Dann aber, als ich diese überwältigende Rückmeldung bekam, war ich das erste Mal traurig, weil ich gemerkt habe, dass richtige Freundschaften entstanden sind. Und die werden schwierig zu halten sein, weil ich einfach nicht mehr so viel mit diesen Freunden unterwegs sein werde. Mir wurde also dann erst bewusst, wie viele Leute ich auch durch meinen Sport und meine Leistung berührt habe. Das war toll. Und jetzt auch zu sehen, wie viele deutsche Spielerinnen und Spieler erfolgreich auf der Tour unterwegs sind, wie sich der deutsche Golfsport weiterentwickelt. Da habe ich schon das Gefühl, dass meine Leistungen irgendwie dazu beigetragen haben, und das macht mich stolz.
Du hast schon in der Vergangenheit immer wieder deiner Schwester Karo die Tasche getragen. Wird man dich in Zukunft noch häufiger im Caddie-Leibchen sehen?
Das kommt drauf an. 2021 hatte sie mich das erste Mal gefragt, ob ich beim Finalturnier für sie Caddie machen möchte. Letztes Jahr war ich dann beim Amundi German Masters an der Tasche und das hat mir richtig Spaß gemacht. Auch zu sehen, was sie mittlerweile für eine großartige Spielerin ist. Da hätte ich für mein Spiel auch noch einiges mitnehmen können. Ich bin mir sicher, dass ich immer wieder mal Caddie für sie machen werde, wenn es bei mir passt. Aber es kommt natürlich auch darauf an, wo es beruflich für mich hingeht. Letztes Jahr konnte ich mir meine Zeit als Student noch selbst einteilen, deswegen war es relativ leicht. Wenn ich dann hoffentlich bald anfange zu arbeiten, wird das natürlich schwieriger. Aber wir haben so ein gutes Verhältnis, deswegen werde ich bestimmt immer wieder mal dabei sein.
Wie viele Stunden in der Woche hast du jetzt noch deine Golfschläger in der Hand?
Zu wenig (lacht). Ich trainiere, wenn es hochkommt, durchschnittlich vielleicht drei Stunden in der Woche. Wir haben in St. Leon-Rot zwei Mal die Woche Mannschaftstraining – da komme ich dann auf fünf Stunden. Aber wenn ich da nicht hingehe, komme ich eher auf null.
Kannst du das Golfspielen inzwischen mehr genießen als noch zu deiner aktiven Zeit als Profi?
Ich bin aufgrund meiner Rolle beim Verband natürlich schon noch sehr nah am Golf, auch wenn ich hier nicht selbst aktiv am Schläger bin. Im Winter genieße ich das Golfspielen zwar weniger, aber wenn das Wetter jetzt wieder besser wird, dann werde ich mit meinen Freunden immer wieder mal abends spielen. Ich merke, dass ich keinen Spaß am Training, aber dafür umso mehr am Golfspielen habe. Wenn ich golfen gehe, will ich auf den Platz und das geht im Winter aufgrund der Dunkelheit nicht so gut.
Du nimmst nun eine wichtige Rolle bei der Umstrukturierung der Nationalmannschaft ein. Beschreib deinen neuen Job doch gerne mal in deinen eigenen Worten.
Christoph Herrmann, der Bundestrainer der Jungen und Herren U23, hat mich im August letzten Jahres gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, eine Rolle in dem neuen Betreuerteam anzunehmen. Konkret geht es darum, dass Christoph mit seinem Team nicht mehr nur die Jungen, sondern das komplette U23-Amateurteam des Golf Team Germany betreuen wird und Ulrich Eckhardt, der vorher die Herren betreut hat, jetzt den Fokus auf die Profis legt.
Ich bin ab sofort als Tour-Experte im Betreuerteam der Amateur-U23 dabei, um die Spieler in Taktik- und Spielstrategiefragen sowie Karriereplanung zu beraten. Bei einzelnen zentralen Lehrgangs- und Turniermaßnahmen unterstütze ich das Betreuerteam um Christoph Herrmann, halte Vorträge und berichte von meinen Erfahrungenesonders freue ich mich darauf auch beispielsweise bei den Europameisterschaften dabei zu sein. In der Funktion als Kapitän darf ich dann zusätzlich zum verantwortlichen Coach die Spieler auch direkt auf dem Platz unterstützen. Insgesamt ein sehr interessanter Aufgabenbereich, ich bin Christoph sehr dankbar, dass er mir da sein Vertrauen schenkt.
Wie sehr freust du dich darauf, wieder auf alte Weggefährten zu treffen und dem Golfsport verbunden zu bleiben?
Ich habe im letzten Jahr gemerkt, wie sehr ich dem Golf und im speziellen dem Leistungssport verbunden bin. Daher freue ich mich, dass ich jetzt zumindest eine kleine Rolle einnehmen kann. Eigentlich sehe ich meine Zukunft eher im administrativen und koordinativen Bereich, um mit meinen Erfahrungen den deutschen Leistungssport voranzubringen. Ich glaube nämlich, dass ich als Ex-Spieler in Kombination mit meiner Ausbildung an der Uni über ein ganz gutes Know-how verfüge.
Du hast im vergangenen Jahr das Challenge-Tour-Finale co-kommentiert und der Übertragung einen großen Mehrwert gegeben. Wird man dich in Zukunft häufiger am Mikro hören?
Auf jeden Fall. Das verlief sehr spontan. Ich wurde etwa eine Woche vorher von Sky kontaktiert, weil das Challenge-Tour-Finale zum ersten Mal live übertragen wurde. Natürlich kenne ich viele deutsche Spieler sowie den Platz, auf dem sie gespielt haben, weil wir damals mit dem DGV viele Lehrgänge in Alcanada hatten, und ich habe das Turnier auch schon mehrmals gespielt. Daher hat es sich angeboten. Mit Gregor Biernath dort zu kommentieren, war genial und hat mir sehr viel Spaß gemacht. Auch das Feedback war sehr positiv und ich hoffe, dass ich das nochmal machen darf. Einfach auch, um zu sehen, wie die andere Seite aussieht, denn sonst war ich immer derjenige, der kommentiert wurde.
Deutsche Profigolferinnen und Profigolfer haben etliche Erfolge 2022 gefeiert. Wie siehst du die Entwicklung im deutschen Profisport?
Genial. Zwar steht der Herrensport immer noch mehr im Fokus als die Damen, aber wenn man sieht, wie viel auf der LET Access Series sowie der Ladies European Tour gewonnen wurde, dann ist das sehr erfreulich. Auf der European Tour dann die Siege von Kiwi [Maximilian Kieffer, Anm. d. Red.] und Yannik [Paul, Anm. d. Red.]. Auch Hurly Long und Marcel Schneider waren sehr nah dran. Man sieht einfach, dass die Dichte an deutschen Spielern auf den Touren besser wird und ich glaube, das ist nicht unmittelbar auf die Arbeit von vor ein, zwei Jahren zurückzuführen, sondern da wurde schon vor sechs, sieben Jahren im Verband etwas angestoßen, dessen Ergebnisse wir jetzt sehen. Ich glaube, das ist nur der Anfang. Wir werden dieses Jahr noch mehr deutsche Siege sehen. Mittlerweile ist es so, dass man eher überrascht ist, wenn auf dem Leaderboard keine deutsche Fahne unter den ersten Fünf ist. Das macht total Spaß. Ich habe schon mit einigen der Jungs gesprochen und die sagten, dass die Vorbereitung auf die neue Saison sehr gut laufe.
Das „MOrakel“ spricht. Die nächste deutsche Major-Siegerin heißt…
Ich hoffe natürlich meine Schwester. Caro Masson und Sophia Popov sind jetzt für die kommende Saison erstmal raus, da sie beide Mütter werden. Ich glaube, Esther Henseleit ist ganz weit vorne im Moment. Und wenn ein Major-Turnier von einer Deutschen gewonnen wird, dann wird es wieder die British Open sein – darauf lege ich mich fest.
Der nächste deutsche Major-Sieger heißt…
Matti [Schmid, Anm. d. Red.], Yannik oder Kiwi.
Vielen Dank für das Gespräch.