Regelfest
Dank Verletzungsrisiko zur straflosen Erleichterung
15. Dezember 2024 , Daniel Dillenburg
Ollie Schniederjans erhält in einem wichtigen Moment des LIV-Promotions-Events eine straflose Erleichterung, weil bei seinem Schlag ein Verletzungsrisiko besteht, und entkommt damit einer schwierigen Lage.
Es ging um nicht weniger als den Einzug in die Finalrunde des LIV-Promotions-Events. Im Riyadh GC wurde ein Sieger gesucht, der 2025 eine Tourkarte für die LIV Golf League erhält. Eine besondere Chance für alle Teilnehmer. Einer von ihnen war der 31-jährige Ollie Schniederjans aus Texas. Die ehemalige Nummer eins der Amateurrangliste lag nach der zweiten Runde schlaggleich mit einigen Anwärtern auf ein Ticket für den Finaltag und spielte letztlich im Sudden-Death-Playoff gegen MJ Maguire um eben jenes letzte Ticket. Für einen von beiden sollte der Traum von LIV enden. Sie spielten zum wiederholten Mal die 18. Am dritten Extra-Loch kam es dann zu einem Regelfall, der Schniederjans einen großen Vorteil brachte.
Der Abschlag des Texaners landete an einer denkbar unglücklichen Lage in der Waste Area knapp 30 Meter vom Grün entfernt. Im Sand direkt an der harten Rough-Kante gelegen, deutete vieles auf einen sehr schwierigen Schlag für Schniederjans hin. Maguire lag dagegen sicher auf dem Fairway. Doch Schniederjans hatte Glück – großes Glück. Ihm kam nämlich eine Platzregel zur Hilfe, die verhindern soll, dass sich Spieler bei prekären Schlägen verletzen. Angesichts der Balllage durfte Schniederjans seinen Ball nach Regel 16.1 straflos innerhalb einer Schlägerlänge droppen.
Abnormale Platzbedingungen
Die LIV begründete das Urteil wie folgt: „Der Abschlag von Ollie Schniederjans kam an der Erdmauer zum Liegen, die die Wüste und das Rough trennt. Die Platzregel, die für diese Woche angenommen wurde, lautet wie folgt: UNGEWÖHNLICHE PLATZVERHÄLTNISSE / UNBEWEGLICHE HEMMNISSE - Regel: 16.1, Erdwälle: Wenn der Ball den Boden zwischen dem Rasen und der Wüste berührt oder wenn er den Bereich des beabsichtigten Schwungs des Spielers beeinträchtigt, ist nach Regel 16.1 eine straflose Erleichterung möglich, aber eine Beeinträchtigung liegt nicht vor, wenn die Erdmauer nur den Stand des Spielers beeinträchtigt. Schniederjans nahm den nächstgelegenen Punkt der vollständigen Erleichterung von der Mauer und droppte korrekt innerhalb einer Schlägerlänge.“
Statt aus dem Sand spielen zu müssen, durfte Schniederjans im leichten Rough neben der Waste Area droppen. Doch damit nicht genug: Da sein Ball zweimal aus dem Erleichterungsbereich herausrollte, durfte er ihn auch noch legen. Die Lage war perfekt und Schniederjans konnte seinen zweiten Schlag unter nahezu optimalen Voraussetzungen ausführen. „Hin und wieder sind die Regeln auch zu deinem Vorteil“, lautete das Fazit von LIV-Golf-Analyst Jerry Foltz. Su-Ann Heng, On-Course-Reporterin fügte hinzu: „Wenn du aber MJ bist, bist du sicher ein bisschen enttäuscht.“ Schniederjans gelang das Birdie auf dem Par 4, Maguire nicht, und damit zog Schniederjans als letzter Spieler ins Finale ein.
„Ich nahm an, dass ich Erleichterung bekommen würde, aber ich war schon die ganze Woche nicht mehr an dieser Stelle gewesen“, so Schniederjans nach dem Regelfall. „Das war offensichtlich eine große Hilfe.“ Ja, die Kenntnis der geltenden Golfregeln kann manchmal sehr hilfreich sein.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Hier ist offensichtlich aus optischen Gründen, damit es in Luftaufnahmen „schöner“ aussieht, eine Kante zwischen dem Platzbereich mit Gras und der zwischen den Fairways liegenden Waste Area geschnitten worden. Der deutliche Kontrast macht dann mehr Eindruck auf den Betrachter, als wenn die Vegetation langsam auslaufen würde. Obwohl dies 30 Meter vom Grün entfernt war, hat man eine spielerfreundliche Platzregel verfasst, die von dieser Kante einen Freedrop erlaubt, da die Kante künstlich geschaffen wurde und nicht ein Stück Natur ist wie ein Felsen oder ein Baum, den man als Spieler hinnehmen muss.
Es ist eine diskussionswürdige Frage, ob man 30 Meter vom Grün entfernt noch „spielerfreundlich“ sein muss, denn so weit aus der Richtung fliegt kein guter Schlag und warum soll man schlechte Schläge belohnen? In meinen Turnieren als Spielleiter gebe ich immer die Möglichkeit für straflose Erleichterung, wenn der entsprechende Umstand mit guten Schlägen erreicht werden kann, aber ich schaue nicht 30 Meter tief im Rough nach Situationen, die für einen Spieler unangenehm werden können.
Nun wird auf diesem Platz die Schnittkante zwischen Rough und Waste Area auf dem ganzen Platz so definiert worden sein, und es darf angenommen werden, dass an anderen Stellen des Platzes die Kante näher am Fairway oder am Grün liegt, so dass die Überlegungen der Spielleitung doch stimmig waren.
Sie hat nur Glück gehabt, dass der andere Spieler keine unspielbare Lage an einer frisch geschnittenen Bunkerkante hatte, denn dafür hätte es keinen Freedrop gegeben, obwohl eine Bunkerkante deutlich näher an der Spiellinie liegt als die Grenze zur Waste Area. Natürlich kommt niemand auf die Idee, bei unspielbaren Lagen an steilen Bunkerkanten einen Freedrop zu geben. Vielleicht erfahren wir später einmal, warum man dies dann an der Kante der Waste Area für gerechtfertigt hielt.
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