Regelfest
Erneuter Regel-Doppelpack auf LPGA Tour
25. November 2024 , Daniel Dillenburg
Die zweite Woche in Folge treten auf der LPGA Tour mehrere Regelfälle innerhalb einer Runde auf. Dieses Mal geht es um ein umgefallenes Bag und einen vermeintlich falsch ausgeführten Drop.
Schon kurios: Erst vergangene Woche berichteten wir von zwei Regelfällen, die unabhängig voneinander innerhalb einer Runde eines LPGA-Events auftauchten. Nur wenige Tage später wiederholte sich dieses Szenario. Dieses Mal bei der CME Group Tour Championship, dem hochdotierten Saisonfinale der LPGA Tour. Vier Millionen US-Dollar erhielt die Gewinnerin des in Florida ausgetragenen Turniers. Es ging also um eine ganze Menge. Umso ungünstiger wäre es ausgerechnet in dieser Woche gegen die Golfregeln zu verstoßen. Folgende zwei Regelfälle spielten sich in Runde zwei ab:
Wir beginnen bei Lydia Ko, dem jüngsten Mitglied der LPGA Hall of Fame. An einem sehr windigen Tag im Tiburón Golf Club rief sie auf dem neunten Fairway einen Referee zu sich. Kurz zuvor wurde Kos Bag von einer Böe erwischt. Die Tasche fiel um und landete auf ihrem Ball. Da es sich um einen seltenen Vorfall handelte, erkundigte sich die olympische Goldmedaillengewinnerin sicherheitshalber bei einem Referee nach den Regeln. Nach einer Diskussion wurde Ko keine Strafe auferlegt, weil ihr Ball durch einen äußeren Einfluss bewegt wurde. Die 27-Jährige legte daraufhin ihren Ball zurück an den ursprünglichen Ort und spielte Par.
In Kos Fall griff Regel 9.6: „Ist es bekannt oder so gut wie sicher, dass ein äußerer Einfluss (einschließlich eines anderen Spielers im Zählspiel oder eines anderen Balls) den Ball in Ruhe des Spielers aufgenommen oder bewegt hat:
- ist dies straflos und
- der Ball muss an seine ursprüngliche Stelle zurückgelegt werden (die, wenn nicht bekannt, geschätzt werden muss) (siehe Regel 14.2).
Dies gilt unabhängig davon, ob der Ball des Spielers gefunden wurde oder nicht.“
Falsch gedroppt?
Das war Fall Nummer eins. Eine klare Sache. Der zweite Fall hatte etwas längere Diskussionen zur Folge. Dieses Mal war die US-Amerikanerin Angel Yin involviert – immerhin die Führende nach zwei Runden. Die Solheim-Cup-Spielerin wurde nach ihrer Runde von einem Referee zur Seite gebeten. Es ging um eine Szene an Loch vier, als Yin ihren Ball ins Wasser gespielt hatte. Hier stellte sich die Frage, ob der anschließende Drop an der richtigen Stelle, nämlich nicht zu weit vorne, ausgeführt wurde.
„Sie wollten von mir wissen, wie der Drop ablief und ob ich alle meine Ressourcen genutzt habe, um herauszufinden, wo ich die Grenze überquert und wie ich den Drop durchgeführt habe“, äußerte sich Yin zum Vorfall. „Dann haben wir es durchgesprochen. Wir haben sogar Narin [An, Mitspielerin] und Justin [Dunbar, Caddie] hinzugezogen, alle aus der Gruppe. Ich glaube, es gab ein Missverständnis - eigentlich war es kein Missverständnis, denn es war nur Filmmaterial und jemand hatte Interpretationen davon.“ Immerhin schien es bei Ansicht dieses Filmmaterials Zweifel an dem Vorgehen der LPGA-Siegerin zu geben.
„Es war alles gut“
„Wir mussten das klären, weil jeder versucht, sein Bestes zu geben“, so Yin weiter. „Ich denke, jeder versucht, die Integrität und die Regeln des Golfsports aufrechtzuerhalten, denn es wäre schlimm, wenn wir betrügen würden, und das wollen wir nicht. Wie auch immer, wir haben es besprochen. Es war alles gut.“
Tatsächlich wurde Yin nicht mit einer nachträglichen Strafe versehen. Demnach hatte sie ihren Drop auf Loch vier wohl regelkonform ausgeführt. Und so durfte sie weiter mit zwei Schlägen Vorsprung auf die Konkurrenz in Runde drei gehen. Das Turnier schloss sie letztlich als Zweite ab. Damit ist die LPGA Tour in ihrer Winterpause angelangt. Dass wir also eine dritte Woche in Folge von einem Regel-Doppelpack von der Tour berichten, ist ausgeschlossen.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Lydia Ko hat Glück gehabt: Noch vor einigen Jahren wäre dies ein Strafschlag gewesen, da die Tasche als Ausrüstung der Spielerin die Bewegung des Balls verursacht hätte. Auch heute noch gäbe es einen Strafschlag, wenn die Spielerin versehentlich ihre Tasche umstößt und diese auf den Ball fällt.
Von allen in Frage kommenden Möglichkeiten ist Lydia Ko jedoch diejenige zugestoßen, die „am billigsten“ war. Was soll schon passieren, wenn man erst gut spielt und dann noch Glück hat?
Der zweite Fall ist schwieriger. Die Spielerin hat vom Abschlag einen anderen Betrachtungswinkel auf die Landezone ihres Balls als eine am Fairway (und ggf. noch auf einem Turm) aufgestellte Kamera. So kann es durchaus geschehen, dass ein und dieselbe Person bei Betrachtung des Ballflugs je nach Blickwinkel eine mehr oder weniger unterschiedliche Stelle zum Droppen aussucht.
Natürlich verlangen die Regeln, dass der Ball unter Zuhilfenahme des Bezugspunktes gedroht wird, also der Stelle, an der der Ball die Grenze der Penalty Area gekreuzt hat. Rollt der Ball in die Penalty Area, ist der Punkt recht einfach zu bestimmen, wenn die Stelle vom Standort der Spielergruppe einsehbar ist. Fliegt er jedoch noch in einigen Metern Höhe, ist jeder Spieler auf eine Schätzung angewiesen, die unterschiedlich ausfallen kann. Regel 1.3b(2) akzeptiert deshalb ein angemessenes Bemühen zur Bestimmung der richtigen Stelle zum Droppen als ausreichend für regelkonformes Spiel. Gerade jetzt im Herbst / Winter wissen wir alle, wie schwer es manchmal sein kann, gegen die tiefstehende Sonne zu erkennen, wo der Ball landet.
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