Interview

Jäger: „Wir freuen uns sehr auf Augusta und Paris“


3. April 2024 , Thomas Kirmaier


Stephan Jäger spricht im Golf.de-Interview über seine Pläne für Paris, sein Verhältnis zu Scottie Scheffler, seine neue Perspektive und mehr. © Raj Mehta/Getty Images
Stephan Jäger spricht im Golf.de-Interview über seine Pläne für Paris, sein Verhältnis zu Scottie Scheffler, seine neue Perspektive und mehr. © Raj Mehta/Getty Images

Jetzt ist Stephan Jäger ein PGA-Tour-Champion. Wir haben mit dem Elite-Team-Germany-Spieler keine 48 Stunden nach seinem historischen Sieg über Umlaute, seinen Umzug und sein Verhältnis zu Scottie Scheffler gesprochen. Außerdem verrät Jäger im Golf.de-Interview seine Pläne für Paris und alles über seine besondere Familienstory, die ihm eine neue Perspektive verschafft hat.

Stephan Jäger ist wieder zu Hause in Chattanooga, Tennessee. Wir erreichen den Houston-Open-Champion beim Spaziergang mit Sohn Fritz. Jäger schiebt den Kinderwagen bergauf und schnauft. Training. Diese Woche ist zwar Turnierpause, aber schon in wenigen Tagen geht’s zum Masters in Augusta, wo Jäger einziger Deutscher sein wird.

Stephan, Glückwunsch zum großartigen Sieg auf der PGA Tour. Ganz Golf-Deutschland hat mitgefiebert. Wie viel Deutschland steckt eigentlich noch in Stephan Jäger?
Schon noch genügend. Ich bin zwar sehr früh im Alter von 16 Jahren in die Staaten gegangen und in der Phase bis etwa zum 25. Lebensjahr stark amerikanisiert worden. Aber so einige deutsche Tugenden gibt es da sicher noch: harte Arbeit zum Beispiel. Ich versuche, das Beste aus den beiden Kulturen zu kombinieren.

Du bist mit Familie gerade erst in ein neues Haus gezogen. Was steht eigentlich auf dem Klingelschild? Jäger oder Jaeger?
Vor zwei Wochen sind wir in ein neues Haus in Chattanooga gezogen. Das ist nur einen Kilometer von unserem alten entfernt, aber etwas größer, sodass man da noch reinwachsen kann. Jetzt, wo wir einen Sohn haben. Und wer weiß, vielleicht kommen ja irgendwann in der Zukunft weitere Kinder dazu. Da braucht man einfach etwas mehr Platz. Auf dem Klingelschild steht aktuell noch nichts, das haben wir noch nicht. Innen ist zwar schon alles fertig, aber außen schaut es da noch ziemlich wild aus. Es wird aber wahrscheinlich Jaeger mit ae draufstehen, denn mit ä geht in Amerika nicht viel. Das habe ich jetzt erst wieder gemerkt, als ich für meine Mutter einen Flug von Houston nach Chattanooga buchen wollte. Da habe ich dann Jäger mit ä reingeschrieben, wie es in ihrem Pass steht. Aber du kannst in Amerika so nicht einmal einen Flug buchen.

Der Pokal für den Sieg in Houston bekommt einen schönen Platz im neuen Haus?
Den Pokal habe ich noch gar nicht. Der wird mir nachträglich per Post zugeschickt, denn das Ding war ziemlich schwer. Ich denke, so 15 Kilo wird der schon haben. Sehr solides Glas. Der wird dann bei uns zu Hause einen Ehrenplatz bekommen. Ich habe im Keller so eine Art Man Cave, da steht ein Regal mit einigen Sachen, Trophäen und Fotos von den Siegen auf der Korn Ferry Tour und mehr. Da wird der neue Pokal dann in der Mitte stehen.

Du hast Samstag und Sonntag mit Scottie Scheffler gespielt. Worüber habt ihr gesprochen und was ist anders, wenn man mit der Nummer eins der Welt unterwegs ist?
Ich kenne Scottie jetzt schon seit ein paar Jahren. Er ist einfach einer der Besten. Das meine ich nicht nur sportlich, sondern auch von der Persönlichkeit her. Einen Besseren gibt es kaum auf der Tour. Er ist ein angenehm geerdeter Typ, mit dem du über alles sprechen kannst. Wir hatten wirklich gute Gespräche. Eigentlich gar nicht so sehr über Golf, sondern mehr über Familie und das Leben an sich, denn seine Frau ist gerade hochschwanger und die beiden erwarten Ende April ihr erstes Kind.

Jägers Karriere-Stationen

Stephan Jäger bei der U.S. Amateur Championship 2011. © Golfsupport.nl
Stephan Jäger entstammt der Jugend des GC München Eichenried und wurde dort schon als Teenager Clubmeister. © Rauch/Eichenried
Stephan Jäger schaut immer wieder gerne in Eichenried vorbei, wo er mit zehn Jahren mit Golf begann. © Eichenried
2015 nahm Jäger an der BMW International Open in Eichenried teil. © Stefan Heigl
Ebenso 2015: Stephan Jäger bei der Porsche European Open in Bad Griesbach. © Jos Linckens/Golfsupport.nl
Sensationelle 58: Nach seinem Traumscore 2016 bei der Elli Mae Classic in Kalifornien erhielt er den Spitznamen
Beim Turnier der Web.com Tour im TPC Stonebrae (Par 70) schrieb Jäger zwölf Birdies auf die Scorekarte. © PGA Tour
ProAm bei der BMW International Open: Jäger mit den Sportstars Christian Schwarzer (Handball), Detlef Langemann (Eishockey) und Mario Basler (Fußball). © Stefan Heigl
Stephan Jäger mit Ehefrau Shelby Jäger. Die beiden sind inzwischen Eltern des kleinen Sohnemanns Harrison Fritz. © Instagram.com/shelbyjaeger
2021 gewann Jäger die Korn Ferry Tour und stieg erneut auf die PGA Tour auf. © PGA Tour
2024 wird Stephan Jäger Dritter bei der Farmers Insurance Open auf Torrey Pines. | © Tony Ding/Golfsupport.nl
Am Ostersonntag 2024 ist es dann soweit: Jäger gewinnt die Houston Open und feiert seinen ersten PGA-Tour-Sieg mit Familie. © Joe Scarnici/Getty Images

In Houston hat sich einmal mehr gezeigt, dass du plötzlich einer der längeren Jungs auf der Tour bist. Deine Arbeit mit Fitness-Coach Mike Carroll scheint sich auszuzahlen.
Früher zur College-Zeit war das Training eher golfspezifisch, jetzt ist es vielleicht mehr Krafttraining. Seit einigen Jahren arbeite ich da mit meinem Fitness-Coach zusammen und er macht wirklich einen sensationellen Job. Ich mache aber auch nicht zu viel, täglich vielleicht eine halbe bis Dreiviertelstunde. Das hängt auch immer davon ab, ob ich zu Hause oder beim Turnier bin. In der Off-Season ist dann wieder mehr Krafttraining dabei. Während der Saison dann wieder mehr Recovery. Das ist ein sehr individueller Plan, der immer wieder angepasst wird. Im Turnier wirkt sich das dahingehend aus, dass Ball- und Schlägerkopfgeschwindigkeit immer dann etwas höher sind, wenn du unter Druck bist und vorne mitspielst. Wenn der Puls höher ist, wird das schneller.

Seit Anfang des Jahres ist Henry Diana dein Caddie. Als Team scheint ihr zu funktionieren.
Ja, Henry ist seit Hawaii, also seit Anfang 2024, an meinem Bag. Er ist sehr erfahren und seit 20 Jahren auf der Tour mit verschiedenen Spielern als Caddie unterwegs. Henry war schon bei Charles Howell, Ben Crane und Tom Hoge am Bag. Mit Hoge hat er Pebble Beach gewonnen. Er ist ein super solider Caddie.

Gibt es in Sachen Equipment News bei Stephan Jäger?
Seit Anfang dieses Jahres habe ich keinen Vertrag mehr mit PING, spiele aber immer noch den Driver und die Eisen. Seit zwei Wochen habe ich jetzt den Odyssey Ai-One 2-Ball Putter und die Titleist-Vokey-Wedges im Bag und bin sehr zufrieden damit. Aber sonst ist alles noch PING.

Wann warst du das letzte Mal in Paris?
Noch nie. Das wird für meine Frau und mich das erste Mal. Wir werden im Sommer dort in einem Hotel wohnen, um die Stadt auch ein bisschen genießen zu können. Vielleicht bleibt hier und da auch etwas Zeit, ein paar andere Sportarten bei Olympia zu sehen. Wir freuen uns sehr darauf. Den Platz kenne ich nur von den TV-Übertragungen beim Ryder Cup damals. Er sieht sehr schwer aus mit dickem Rough, viel Wasser, aber ich freue mich auf die Herausforderungen. Wir werden sicher auch im Olympic Village, in der Mensa oder mal im Kraftraum unterwegs sein, um das Olympia-Feeling aufzusaugen. Dann werden wir sehen, wie das logistisch alles handelbar ist. Für mich sind es die ersten Olympischen Spiele, aber ich brauche meine Frau an meiner Seite, um Top-Leistung zu bringen. Da bin ich eben kein 21-jähriger Single mehr.

Wer waren die ersten Gratulanten direkt nach deinem Sieg in Houston?
Joel Dahmen war der Erste. Seine Familie gehört zu unseren engsten Freunden. Wir gehen gemeinsam essen, unsere Kinder spielen in der Kita zusammen. Es hat mich sehr gefreut, dass sie bei meinem Sieg dabei waren. Auf dem Handy sind etwa 300 SMS und knapp 100 WhatsApp eingegangen, aber das ist schon alles abgearbeitet.


Ziemlich genau zwei Jahre vor deinem Triumph auf der PGA Tour ist dein Dad verstorben. Und fast gleichzeitig wurde neues Leben erschaffen.
Ja, das ist schon eine sehr krasse Story, die zu meinem Leben dazugehört. Das war vor der Players Championship 2022, als mein Vater starb. Du verlierst ein Leben und den wichtigsten Menschen und ein neues, extrem wichtiges Leben kommt dazu. Ich weiß nicht, wie ich das genau ausdrücken soll, aber während dieser schwierigen Zeit wurde mein Sohn gezeugt, was schon irgendwie verrückt ist. Das war ganz sicher eine sehr emotionale Woche, und als wir später erfuhren, dass meine Frau schwanger ist, war das irgendwie ein bittersüßer Moment für mich.

Du erwähntest, dass diese Erlebnisse deine Perspektive geändert haben.
Ich bin Profisportler und auch wenn du als solcher verheiratet bist, ist dein Sport oder deine Arbeit die Nummer eins. Wenn dir dann so etwas passiert – für mich war das ja positiv wie negativ zugleich –, dann hast du irgendwann die Erkenntnis, dass dieser Sport oder deine professionelle Karriere doch nur nebensächlich sind oder besser gesagt, nicht mehr absolute Priorität haben. Du merkst, es gibt wesentlich wichtigere Dinge im Leben als deinen Job. Wenn du dann mal ein Bogey machst oder ein Doppel, hast du immer noch deine Familie zu Hause. Ich weiß, dass da mal eine schlechte Runde dabei ist, aber zu Hause willst du das ausblenden. Da bist du Papa und Ehemann. Vielleicht ist das eine neue Perspektive, die zum Leben dazugehört.

Du hast drei Ballmarker im Bag: einen für Sohn Fritz, einen für deinen verstorbenen Vater und einen für Hund Phil. Welcher ist es in der Finalrunde in Houston geworden und wie sieht er aus?
Das ist auch eine schöne Story. Ich habe am Finaltag einfach blind reingegriffen und es wurde der Ballmarker von meinem Dad. Da wusste ich, es wird ein guter Tag, da hatte ich am Sonntagfrüh gleich einen mentalen Push. Die Ballmarker hat mir ein Local hier in Chattanooga angefertigt. Der von meinem Dad ist Schwarz-Rot-Gold und es steht Papa Klaus drauf. Bei dem anderen Fritz und beim dritten ist unser Hund Phil abgebildet.

Stimmt es, dass deine Frau vor dem Turnier gesagt hat „Gewinn doch einfach das Ding, dann fahren wir wieder zurück ins neue Haus und danach nach Augusta!“?
Genau so war das. Hat sie hundertprozentig so gesagt. Eine verrückte Vorahnung. Jetzt sind wir diese Woche hier und fahren am Montag die dreieinhalb Stunden runter nach Augusta. Es wird mein erstes Mal sein, das ist sensationell. Wir freuen uns sehr auf den Par-3-Contest und das ganze Erlebnis drumherum. Das werden wir genießen.

Was ändert sich an deinem Schedule durch deinen Sieg und werden wir dich überhaupt in Deutschland sehen in diesem Jahr?
Da ändert sich schon ein bisschen was, da ich in mehr große Turniere reinkomme. Das lässt sich jetzt alles etwas besser planen und einteilen – vor allem mit den Majors. Das gibt definitiv Planungssicherheit, die ich bislang so noch gar nicht kannte. Das ist für mich jetzt schon sensationell. Was die Turniere in Deutschland betrifft: Das ist schwierig für mich, aber ich muss das in den nächsten Wochen mit meinem Team durchsprechen, wenn es wieder etwas ruhiger geworden ist.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg beim Masters!