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Was den Old Course so besonders macht
18. Juni 2022 , Thomas Fischbacher
Alle fünf Jahre gastiert die The Open in St. Andrews, im Home of Golf, der Wiege des Golfsports. Was macht diesen Ort so besonders?
Wer Golf wirklich liebt, für den ist ein Besuch in St. Andrews, der Geburtsstätte dieses besonderen Sports, Pflicht. Bereits vor 600 Jahren sollen sich die Bewohner dieses kleinen Städtchens an der schottischen Nordseeküste mit Stock und Lederball bewaffnet an der Küste ausgetobt haben. Mittelpunkt dieses kleinen und Herzensorts so vieler Golf-Enthusiasten ist der Old Course. Wie genau sich das Golfgeschehen bis ins 18. Jahrhundert abgespielt hat, ist nicht ganz genau überliefert. Fest steht: Die Dünen waren auch damals ein beliebter Ort für diverse Freizeitbeschäftigungen. Das Zusammenleben soll aber nicht immer alles harmonisch abgelaufen sein. Von Rabbit Wars ist zu lesen: Golfer versus Hasenzüchter. Mit besserem Ende für die Freunde des Ballsports, die sich auf dem heute heiligen Gebiet ausbreiten konnten.
Die Gründung des R&A erfolgte 1754, 100 Jahre später begann der Bau des wohl berühmtesten Clubhauses der Golfwelt. Dort ist seit jeher der Royal and Ancient Golf Club beheimatet, jener Verband, der Jahr für Jahr unter anderem die The Open austrägt und sich darum kümmert, dass die Regeln für dieses Spiel klar formuliert und gegebenenfalls angepasst werden.
Als Metzger, Bäcker und Co. gemeinsam abschlagen
Der britische Schriftsteller Bernard Darwin beschrieb das Zusammenleben in St. Andrews zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie folgt: „Es mag unmoralisch sein, aber es ist reizvoll zu sehen, wie sich eine Stadt dem Golfsport verschrieben hat. Es ist herrlich zu beobachten, wie ein Metzger, ein Bäcker und ein Kerzenmacher nach getaner Arbeit ihre Schläger schultern und sich auf den Golfplatz stürzen.”
Heute geht es nicht mehr ganz so beschaulich zu. Der Mythos zieht Golf-Touristen an. Und das nicht zu knapp. Auf den sieben Plätzen rund um das Home of Golf werden jedes Jahr mehr als fast eine viertel Million Runden Golf gespielt, davon allein rund 45.000 auf dem Old Course. Doch für die Anwohner und die Studenten der ältesten Universität Schottlands bleibt Golf gut bezahlbar. Die Mitgliedschaft kostet nur wenige hunderte Pfund. So profitieren die Bürger vom Tourismus.
Für Langer war es Liebe auf den zweiten Blick
„Ich weiß noch, dass ich den Platz überhaupt nicht mochte”, erklärte Bernhard Langer vor einigen Jahren. „Ich habe gerade das erste Mal gespielt, eine meiner ersten Links-Erfahrungen überhaupt, und ich dachte nur: Das ist kein Golf. Du stehst am Abschlag, siehst ein paar Sanddünen und weißt nicht, wohin du schlagen sollst. Dann schlägst du ab und denkst, es ist gut, und dann landest du in einem Topfbunker.” Langer musste den Platz und Linksgolf erst lieben lernen.
„Als ich das zweite, dritte, vierte Mal kam, fing der Platz an, mir ans Herz zu wachsen. Später habe ich gelernt, dass es ein phänomenales Design und ein großartiger Test für das Golfspiel ist.” Tom Watson machte ähnliche Erfahrungen. „St. Andrews ist ein schwer zu verstehender Platz. Man muss ihn ständig neu lernen.”
Ohnehin ist Linksgolf eine spezielle Disziplin. Der Untergrund spielt sich zumeist hart, die Bälle rollen deutlich länger. Auch aufgrund des häufig spürbar präsenten Winds heißt es oft: Flach spielen, hoch gewinnen. Außer aus den tiefen Topfbunker mit den mächtigen Wänden, die oft nur geringen Distanzgewinn erlauben.
Was macht den Platz so besonders?
Ein gutes Beispiel, um das Einzigartige dieses Platzes hervorzuheben, ist das 17. Loch, das weltberühmte Road Hole. Der Abschlag benötigt auf dem langen Par 4 je nach gewählter Linie etwas Höhe, da er im besten Fall über das halb im Weg stehende Old Course Hotel gespielt werden muss. Auf gut 1.500 Pfund Sterling pro Woche sollen sich die Kosten für den Austausch von Dachziegeln, die durch Querschläger zerstört werden, belaufen haben. Mittlerweile kommt Gummi zum Einsatz. Die Bar auf der Terrasse ist durch ein Netz geschützt.
Gelingt der Hieb über auf das Fairway, wartet vor dem kniffligen Grün der berühmt-berüchtigste Topfbunker der Golfwelt (Road Hole Bunker). Dahinter erschwert eine alte Steinmauer (kein Besserlegen) den Weg zurück aufs Grün.
Auf der 18. Bahn geht es parallel zur Eins und mit einem Foto auf der berühmten Swilcan Bridge zurück ins Clubhaus. Beide Bahnen bieten eines der breitesten Fairways der Golfwelt (mehr als 115 Meter), was aufgrund der besonderen Umstände aber nicht unbedingt zu geringerer Nervosität bei den Abschlägen führt.
Eines der faszinierendsten Merkmale des Old Course sind seine Fairways und Grüns. Einzigartig ist dabei, dass einige Nachbarbahnen viele der gleichen Merkmale aufweisen. Es gibt sieben Doppel-Grüns, beginnend mit dem zweiten und dem 16. Loch, die in den frühen Jahren aus logistischen Gründen installiert wurden.
Wie im Museum
Auf der Runde wandelt man von einer historischen Stelle zur nächsten. Manchmal wünscht man sich ein Audioguide wie im Museum, um dieses spezielle Stück Land intensiv zu studieren. Um zu erfahren, welche kleinen und großen Geschichten sich hier abgespielt haben. Vor zehn, 50 oder 300 Jahren.
Spielerisch kann man auf dem Old Course ganz gut zurechtkommen. Das Setup ist zumeist touristenfreundlich. Das Rough spielbar und die Fahnen nicht allzu teuflisch gesteckt. Bei wenig Wind, gutem Touch für das Spiel um und auf den Grüns sowie möglichst wenigen Aufenthalten in den Topfbunkern rückt ein solides Ergebnis in Reichweite. Ein Caddie kann bei den Linien vom Abschlag und der Schlägerwahl enorm helfen, zudem können die allermeisten auch die Rolle des Museumsführer übernehmen.
Die fünf berühmten Sehenswürdigkeiten des Old Course im Überblick:
- Hell Bunker – mächtiger Bunker mit 22 Meter Breite und bis zu zwei Meter Tiefe. Kann beim zweiten Schlag auf der 14. Bahn (Par 5) ins Spiel kommen. 2015 renoviert, seitdem noch teuflischer.
- Road Hole Bunker – Verschlingt viele Annäherungen auf dem 17. Loch. Ebenfalls etwa zwei Meter tief. Befindet sich der Ball zu nahe an der Wand, bleibt nur der Querpass.
- Valley of Sin – Eine mächtige Mulde vor dem 18. Grün, die ebenfalls magnetische Wirkung auf die Bälle hat.
- Swilcan Burn – Schlängelt sich entlang des großen Doppel-Fairways der ersten und letzten Spielbahn, kommt vor allem auf ersterer ins Spiel.
- Swilcan Bridge – Kleine Steinbrücke, die man beim Gang in Richtung des finalen Fairways überquert. Erbaut wurde die Brücke vor mehr als 700 Jahren, um den Hirten zu helfen, ihr Vieh zu transportieren.
Fünf berühmte Zitate zum Old Course„St. Andrews ist mit Abstand mein Lieblingsplatz auf der Welt. Hier hat das Spiel begonnen, deshalb haben wir 18 statt 22 Löcher, und ich finde die Geschichte von St. Andrews unglaublich. Es gibt keinen anderen Golfplatz auf der Welt, der von sich behaupten kann, dass jeder große Spieler, der jemals gespielt hat, auf diesem Platz abgeschlagen hat.”
Tiger Woods„Die Auld Lady kann so verlockend sein wie eine schöne Frau, deren Lächeln gleichzeitig eine Versuchung und eine Falle ist, hinter der sich für die einen Herzschmerz und Frustration, für die anderen Freude und Erfüllung verbirgt. [...]”
Pat Ward-Thomas, Golfautor„Ich könnte alles aus meinem Leben streichen, außer meinen Erfahrungen in St. Andrews, und ich hätte immer noch ein reiches, erfülltes Leben.”
Bobby Jones„Ich fühle mich, als ob ich wieder eine alte Großmutter besuchen würde. Sie ist schrullig und exzentrisch, aber auch elegant, und wer sich nicht in sie verliebt, hat keine Fantasie.”
Tony Lema„Das sind dieselben Leute, die gegen die Pyramiden wettern, weil sie keine Aufzüge haben.”
Jim Ferree, über Spieler, die den Old Course kritisierenDie Infos: St. Andrews – Old Course
- Die Lage: Kleinstadt an der Nordsee; eine gute Stunde Fahrt vom Flughafen Edinburgh
- Designer: Allan Robertson, Old Tom Morris
- Merkmal: Linksplatz, flach
- Greenfees: 98 bis 270 Pfund (je nach Saison), Startzeit über Lottery vorort
- Schwierigkeit: anspruchsvoll (Slope 133 von hinten)
- Ausstattung: Driving Range, Übungsgrüns, Putting-Grün