Interview
Max und Alex Herrmann: Auf gemeinsamer Mission
2. Mai 2022 , Thomas Fischbacher
Alexander und Maximilian Herrmann sind Zwillingsbrüder. Beide haben während der Grundschule ihre Leidenschaft für den Golfsport entdeckt, gingen in die USA aufs College, spielten in der DGL, wurden Profis und gewannen auf der Pro Golf Tour. Wir haben uns mit den Brüdern im Golfclub Wörthsee zum Gespräch getroffen. Dabei ging es um die Faszination Golf, Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die Arbeit mit dem Schwung, emotionale Siege sowie die spielerische Zukunft.
Wir sind hier im Golfclub Wörthsee im Westen von München, hier habt Ihr mit dem Golf begonnen. Wie kam das damals?
Alexander Herrmann: Wir sind in der Grundschule auf ein Jugendprogramm des Clubs gestoßen und wollten Golf mal ausprobieren. Die Woche hat dann richtig Spaß gemacht. Schließlich hat sich Golf gegen Tennis und Fußball durchgesetzt. Dann kamen wir in die Jugendmannschaften und so nahm alles seinen Lauf.
Was war an Golf spannender?
Maximilian Herrmann: Beim Fußball waren wir nicht früh genug stark genug und hatten dadurch körperliche Nachteile. Tennis ging noch etwas länger, auch weil unser Vater viel gespielt hat. Aber beim Golf hatten wir früh sehr große Erfolgserlebnisse. Das motiviert natürlich am meisten. Als wir dann 16-17 waren, haben wir schon mit den USA und dem College geliebäugelt. Das war unser großes Ziel. Dann war es mehr oder weniger ein Selbstläufer.
Zwillingsbrüder in der gleichen Sportart – wie heftig war die sportliche Rivalität zwischen Euch beiden?
AH: Nicht so intensiv, wie man sich das vielleicht vorstellt. Wir haben früh gemerkt, dass wir beide besser dran sind, wenn wir uns unterstützen und nicht aneinander reiben. Ich habe beim Golf schon früh verinnerlicht, weniger auf andere zu achten. Das gilt für den Flightpartner wie für den Bruder. Ein Vorteil war natürlich, dass ich immer auch einen Außenstehenden dabei hatte, der mich gut kennt und mir in manchen Fällen auch helfen kann. Motivation zieht man natürlich, wenn der andere Erfolg hat. Wir investieren das gleiche Maß an Arbeit, haben eine ähnliche Veranlagung und dann denkt man sich ‘Wenn er das schafft, kann ich auch erreichen…’
„Ähnlich wie in der Formel 1...”
Was Training und auch Euer Team betrifft, verfolgt Ihr einen ähnlichen Ansatz…
AH: Ja, wir arbeiten mit beide mit Matthias Ziegler hier im Golfclub und bestreiten auch die allermeisten Einheiten gemeinsam. Natürlich gibt es gewisse Unterschiede, was unsere Schwünge betrifft und daher individuelle Abweichungen.
Was kann der eine besser als der andere?
MH: Was unsere Schwungtechnik betrifft, arbeiten wir sehr ähnlich, aber jeder hat gewisse Eigenheiten bei der Technik, die sich schon im Kindesalter entwickelt haben. Unsere Schwünge sind individuell, da unterscheiden wir uns als Zwillingsbrüder genauso wie jeder andere auch voneinander.
Betreffen diese individuellen Unterschiede auch die Herangehensweise? Dass zum Beispiel einer mehr auf sein Gefühl vertraut, während der andere analytischer vorgeht?
AH: Diesbezüglich sind wir auf einer Wellenlänge. Im Training geht es sehr technisch zu, wir wollen die Bewegung so sauber halten wie möglich. Im Turnier rückt das dann komplett in den Hintergrund. Dann wird einfach nur Golf gespielt.
MH: Ähnlich wie in der Formel 1. Da wird auch an einem Auto rumgebaut, bis es gut fährt. Während der Rennphase muss sich dann jemand reinsetzen und versuchen, das bestmögliche Resultat herauszuholen.
„Der Weg ist lang...”
In welchem Bereich in Eurem Spiel seht Ihr das größte Potential, um noch besser zu spielen?
AH: Ich sehe meine größte Schwachstelle im Wedge-Spiel. Alles vom Chip bis zum vollen Schlag, darauf habe ich mich in zuletzt besonders konzentriert und durch das intensivierte Training in diesem Bereich sehe ich auch schon Fortschritte. Auch wenn ich noch nicht da bin, wo ich hin möchte. Es gibt aber diese Momente auf der Runde, wo ich mir denke: Vergangenes Jahr hätte ich in dieser Situation wahrscheinlich einen Schlag verloren.
MH: Bei mir ist es ähnlich, aber ich versuche grundsätzlich, mich überall ein klein wenig zu verbessern. Das ist nicht immer signifikant, aber wenn man jeden Tag versucht, sich in den verschiedenen Bereichen zu verbessern, wird das auf lange Sicht spürbar. Aber der Weg ist lang.
Alexander, hast Du diese Schwachstelle durch Statistiken ermittelt?
AH: Nein, die Schwachstelle war einigermaßen offensichtlich und musste nicht noch durch Zahlen bestätigt werden. Es ist sehr frustrierend, wenn man Fairway um Fairway trifft und daraus kein Kapital schlagen kann.
Was war der größte Aha-Effekt in Bezug auf Euer Golfspiel, den Ansatz im Training oder die Technik?
AH: Ich kann mich an eine Szene erinnern, als ich vor ein paar Jahren während der College-Zeit neben Wyndham Clark auf der Driving Range stand. Wir haben zwar die gleiche Sportart betrieben, aber bei ihm sah es so leicht aus. Ich habe mich mit seinem Trainer und dessen Philosophie beschäftigt und in der Folge daraus auch einige Dinge in mein Training übernommen. Ein langer Prozess, aber es hat mir sehr geholfen.
Spielt Golf auch abseits von Training und Turnieren die Rolle in Eurem Leben oder haben andere Hobbies eine größere Bedeutung?
AH: Ich bin Golf-Fan und verfolge das Geschehen auf der Tour. Ich beschäftige mich auch viel mit Fachartikeln und Studien über Technik oder Biomechanik. Je mehr ich darüber weiß, desto besser kann ich mir ja auch helfen. Das hilft mir, mein Spiel zu verstehen.
MH: Golf und Sport im Allgemeinen spielt schon eine große Rolle. Aber natürlich ein Besuch am See mit Freunden auch etwas Schönes und wichtig, um zwischenzeitlich den Kopf mal weg vom Golf zu bekommen.
Wie wichtig waren die Jahre in den USA für die Entwicklung als Golfer? Würdet Ihr jedem ambitionierten Golfer diesen Schritt empfehlen?
AH: Golf ist in den USA einfach noch etwas größer als in Europa. Dort gibt es die PGA Tour, drei von vier Major-Turniere finden dort statt. Ein angehender Fussball-Profi aus den USA würde enorm davon profitieren, die Jugendmannschaften von einem Top-Club wie Bayern München zu durchlaufen. Genauso wertvoll ist es umgekehrt für einen europäischen Golfer auf dem College. Aber es hängt auch vom Typ ab. Es gibt viele unterschiedliche Wege auf die Tour.
„Pro Golf Tour hat sich sehr gut entwickelt..”
Während des College wart Ihr für den Stuttgarter Golfclub Solitude in der DGL aktiv…
MH: Stuttgart war enorm wichtig für uns, um neben dem College Bundesliga zu spielen. Wir konnten während Ferien die meisten Spieltage mitmachen und so wertvolle Wettkampfpraxis sammeln. Der Club hat uns super aufgenommen. Das ist enorm viel wert. Auch hier in Wörthsee sind wir sehr dankbar für die Unterstützung. Mit dieser Konstellation haben wir sehr viel Glück gehabt.
Ihr habt beide auf der Pro Golf Tour gewonnen – welche Erinnerungen habt Ihr an Eure Siege?
MH: Ein toller Moment! Es gibt auf der Pro Golf Tour viele Spieler, die genauso viel Arbeit investieren. Jetzt gerade in Ägypten haben wir auf schwierigen Plätzen bei nicht ganz einfachen Bedingungen gespielt. Wenn man da nach drei Tagen der Beste ist, gibt einem das schon eine Bestätigung für die Arbeit. Es ist ein sehr, sehr schönes Gefühl gewesen, einmal als Bester vom Platz zu kommen.
Auf Instagram hast Du nach deinem Sieg im März geschrieben, Du hättest nicht gedacht, dass du noch einmal gewinnen würdest. Das klang durchaus emotional…
MH: Golf ist ein Sport, bei dem man nicht oft als Gewinner vom Platz läuft. Es ist dann wirklich etwas Besonderes, zu gewinnen. Ich habe versucht, transparent zu sein. Es gibt viele Leute, die aus diesem Bild mit dem Pokal so viel mehr machen, als es ist. Ich wolltel damit nicht angeben. Die Message soll nicht sein, dass ich jetzt der Allergrößte bin. Ich wollte diesen Erfolg mit meinen Followern teilen und nicht mehr.
Alexander, Du hast dieses Gefühl, auf der Pro Golf Tour zu gewinnen, bereits vor fünf Jahren erlebt. Wie wichtig war dieser Erfolg für Deine Laufbahn?
AH: Gewinnen gibt immer Sicherheit. Es geht gegen 140 andere Teilnehmer und da über drei Runden der Beste zu sein, ist alles andere als einfach. Die Pro Golf Tour hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt, ist deutlich stärker geworden in der Spitze und Breite. Da zu gewinnen zeigt, dass man konkurrenzfähig ist. Viele ehemalige Turniersieger haben sich in der Folge auch weiter oben bewiesen haben. Mein Sieg vor fünf Jahren macht mich schon immer noch stolz.
Was sind die nächsten Schritte in Eurer Laufbahn?
AH: Wir wollen versuchen, so viel wie möglich auf der Pro Golf Tour zu spielen. Wir haben realistische Chancen auf die Top fünf, die sich für die Challenge Tour qualifizieren. Max natürlich bessere als ich. Aber da wollen wir dranbleiben.
Du hattest Dir die Tour-Karte für die PGA Tour Canada erspielt. Liegt der Fokus in dieser Saison eher auf Nordamerika?
AH: Wir haben beide einen Status. Ich habe eine volle Spielberechtigung und Maximilian hat Conditional Status. Man hört viel Gutes über die Tour und das Land und ich wollte es schon immer mal ausprobieren, über einen gewissen Zeitraum in Nordamerika zu spielen.
MH: Ich will auch versuchen, möglichst viele Starts in Kanada zu bekommen. Es gibt ja auch immer die Chance, sich über Monday Qualifier zu qualifizieren. Mein Fokus liegt aber aufgrund meiner Platzierung im Ranking eher auf der Pro Golf Tour.
Könnte es sein, dass sich die Wege im Sommer dann trennen?
AH: Grundsätzlich müssen wir nicht immer das Gleiche machen, aber es ist auch nicht so, dass ich jetzt alles hier aus dem Fenster werfen möchte und mich nach Kanada verabschieden. Ich habe die Wochen auf der Pro Golf Tour sehr genossen. Es ist eine familiäre Atmosphäre und wir sind mit vielen Freunden unterwegs. Das möchte ich nicht aufgeben.
Was wäre der Plan A: Ein Leben in den USA oder in Europa?
MH: Ich kann mir beides gut vorstellen. Mich auf der Challenge Tour zu messen, wäre großartig, aber sollte es irgendwann mit der Korn Ferry Tour als nächsten Schritt klappen, dann käme auch ein Leben in den USA für mich in Frage.
AH: Dem habe ich nichts hinzuzufügen.