Menschen

Momente für die Ewigkeit: Caddie Leon Müller pusht Stark zum Sieg


7. Juli 2022 , Thomas Kirmaier


Eingespieltes Team: Caddie Leon Müller aus dem G&CC Seddiner See und Turniersiegerin Maja Stark. © Tristan Jones/LET
Eingespieltes Team: Caddie Leon Müller aus dem G&CC Seddiner See und Turniersiegerin Maja Stark. © Tristan Jones/LET

Was für ein Drama im Finale. Die LET-Premiere auf deutschem Boden hatte alles, was das Herz begehrt: Starke deutsche Spielerinnen, Spannung bis zum letzten Putt, tolles Wetter. Der heimliche Star des Amundi German Masters ist ein Caddie aus dem Gastgeberclub. Der wird dieses Event wie Siegerin Maja Stark ein Leben lang nicht vergessen.

Leon Müller ist 15, Schüler am Wolkenberg-Gymnasium im brandenburgischen Michendorf und war Ende Juni 2022 auf Klassenfahrt an der Ostsee. Der junge Mann ist also eigentlich ein ganz normaler Teenager. Eigentlich. Denn nach der Premiere des Amundi German Masters im Golf- & Country Club Seddiner See ist Leon so etwas wie der heimliche Star der lokalen Golfszene. Und das hat einen guten Grund, denn der junge Mannschaftsspieler des Clubs hat bereits einen ersten Sieg auf einer Profitour in der Tasche.

Tasche trifft es ziemlich gut, denn Leon Müller durfte am Finaltag der LET-Premiere des Turniers das Bag der späteren Siegerin tragen, was irgendwie so keiner erwartet hatte. „Ich bin erst am Freitag von der Klassenfahrt zurückgekommen, am Samstag war ich dann als Zuschauer auf der Anlage und am Sonntagmorgen rief mich mein Trainer Paul Archbold an, ich solle schnell zum Clubhaus kommen.“ Schnell ist in Leon Müllers Fall kein Problem, denn er wohnt mit Mama Claudia quasi direkt auf dem Platz. Also Polo, Hose und Kappe angezogen, rein in die Schuhe und ab ging die Post.

Das Reglement schreibt vor, dass die Spielerinnen des Leaderflights am Finaltag einen Caddie dabei haben müssen. „Maja Stark wollte erst gar keinen und sogar die fällige Strafe in Kauf nehmen“, erinnert sich Jochen Hornig. Der Geschäftsführer des G&CC Seddiner See und die Tourverantwortlichen überzeugten die Schwedin dann aber doch, ihre Tasche tragen zu lassen. „Für diesen Fall hatten wir Leon quasi als Standby-Caddie geplant – und er bekam seinen Einsatz“, so Hornig. Und das war gut so – für alle Beteiligten.

Zwischen Maja Stark und Leon Müller hat es einfach gepasst.
Zwischen Maja Stark und Leon Müller hat es einfach gepasst. | © Theresa Domann


„Wir haben uns erst mal kennen gelernt und ein bisschen erzählt, woher wir kommen, was wir so machen und so“, erzählt Leon. Alles auf Englisch versteht sich, denn: „Ich kann ja kein Schwedisch.“ Also beschnupperten sich die beiden erst einmal, starteten vor all den Zuschauern etwas nervös. Die Finalrunde begann mit einem Bogey, auf das aber direkt ein Birdie folgte. Irgendwie legte sich die Aufregung, das Duo Stark/Müller kam in den viel zitierten „Tunnel“ und wurde zu einem eingeschworenen Team. „Wir haben dann ausgemacht, dass wir nach jedem Birdie so einen besonderen Handshake machen, den sie mir gezeigt hat.“

Wer die beiden beobachtete, konnte denken, sie kennen sich bereits ewig. Hier die LET-Spielerin, die um den Sieg mitspielte, dort der Junge vom Seddiner See, mit einem HCPI von 0,3 ebenfalls ein sehr passabler Golfer, der die Platzkenntnis mitbringt. Und irgendwann kam es dann zum großen Finish, zum Grande Finale, zum Showdown. Da Jessica Karlsson, die das gesamte Turnier über geführt hatte, plötzlich Nerven zeigte und die Tür für ihre Verfolger wieder einen Spalt aufmachte, witterte Stark ihre Chance und ging hindurch. Auch dank Leon Müller.

„Ich habe die beiden auf der letzten Bahn beobachtet und hatte Gänsehaut am ganzen Körper. Natürlich ist man als Mutter stolz auf den Sohn. Ich wusste aber, dass Leon das kann. Er hat das wirklich toll gemacht“, erzählt Claudia Müller ihre Eindrücke. Nach einem großartigen Drive auf der letzten Bahn lag Maja Stark Mitte Bahn. Alles kam jetzt auf die Annäherung an. Und dann kam der große Auftritt von Leon Müller: „Ich habe ihr erzählt, dass ich im Vorjahr bei den Clubmeisterschaften ähnlich lag und einen Putt aus sieben Metern zum Birdie hatte, den ich lochen konnte. Da hat sie gesagt: ,Wenn du das kannst, kann ich das auch'.“

Highlights mit Maja Stark


Ihr Pitch Richtung Grün wurde der Schlag der Woche. Die Kameras fingen den Gesichtsausdruck der hoffnungsvoll dem Ball hinterher blickenden Maja Stark ein; die Bilder gingen um die Welt. Die Kugel patschte kurz hinter der Fahne auf, rollte hübsch mit Backspin ans Loch und blieb an der Kante liegen. Zwischen Loch und Ball hätte kein Blatt Papier mehr gepasst. Was für ein Schlag! Emotionen pur bei der glücklichen Athletin und beim Caddie, der fleißig seinen Dienst tat und wie auf der gesamten Runde den Schläger wieder im Bag verstaute.

„Das war ein so cooles Erlebnis mit Maja, das werde ich so schnell nicht vergessen“, erzählt Leon Müller von seinem neuen Job als Champion-Caddie. Abends beim Einschlafen habe er sich all die Eindrücke noch einmal in Ruhe durch den Kopf gehen lassen. „Ich war fast traurig, dass dieser schöne Tag vorbei war.“ Er nimmt vieles mit aus diesem ersten Amundi German Masters. „Ich konnte mir schon das eine oder andere bei ihr abschauen. Mir ist vor allem aufgefallen, dass sie nie einen Fehler zweimal gemacht hat. Das hat mich beeindruckt.“ Die Bilder und Momente, die für immer bleiben, hätten seinen Traum, Golfprofi zu werden, noch verstärkt.

Und auch Siegerin Maja Stark nimmt einiges mit aus Deutschland. Einen hübschen Scheck, Platz eins in der Order of Merit und so einige großartige Erinnerungen. Auf ihrem Instagram-Kanal schreibt sie: „Manche Siege bedeuten mehr als andere. Das war ganz sicher so einer.“ 2023 soll es definitiv eine weitere Auflage der Amundi German Masters geben. Sollte die Titelverteidigerin dabei sein, dürfte klar sein, wer ihre Tasche trägt. Dann vielleicht sogar auf vier Runden.

> > > Hier geht's zum Turnierspecial