Der Mann kann Breaks - im Tennis wie im Golf

Ein Golfer gewinnt das Finale der Australian Open im Tennis – und schreibt damit Sportgeschichte.

Nach dem entscheidenden Punkt zum Sieg bei den Australian Open sank Rafael Nadal auf die Knie und brach in Tränen aus. Was für eine Geschichte. Der 35-jährige Tennis-Star aus Spanien gewann soeben seinen 21. Grand-Slam-Titel. Rekord. In einem sensationellen und knapp fünfeinhalb Stunden dauernden Endspiel gegen den zehn Jahre jüngeren Russen Daniil Medwedew kämpfte sich der Stier von Manacor nach zwei verlorenen Sätzen zum Auftakt zurück in die Partie und siegte am Ende mit 2:6, 6:7, 6:4, 6:4 und 7:5. Die Menge in der Rod Laver Arena von Melbourne tobte, obwohl es bereits weit nach Mitternacht war.

Was das alles mit Golf zu tun hat? Eine Menge. Denn: Rafael Nadal ist nicht nur der vielleicht größte Tennisspieler aller Zeiten, sondern auch ein begnadeter und leidenschaftlicher Golfer. Im Laufe der Australian Open 2022 hatte ihn Ex-Tennis-Star Jim Courier in einem Interview gefragt, was Nadals Geheimnis für seine Fitness sei. Der Spanier antwortete: „Ich spiele Golf. Ehrlich gesagt, war ich noch nie ein Fitnesstyp, der gerne ins Gym geht.“ Natürlich dürfte das auch mit einem Augenzwinkern gemeint gewesen sein, denn so muskulöse Arme und Beine bekommt man wohl eher nicht ausschließlich vom Golf. Die Jagd nach Birdies scheint Nadal, der mit links Tennis spielt, aber wie ein Rechtshänder golft, dann doch einen Push zu geben.

Die kleine, weiße Kugel ist mehr als nur ein Hobby für Rafael Nadal Parera, den in Spanien alle nur „Rafa“ nennen. Sein Handicap liegt aktuell bei etwa 1,0. Der Mann ist also fast ein Scratch-Golfer und kann 18-Löcher auch schon mal mit einem Par-Ergebnis oder besser absolvieren. Wie Final-Co-Kommentator Boris Becker während des epischen Duells gegen Medwedew berichtete, habe Nadal wenige Wochen vor den Australian Open erst ein Turnier in den Top-Ten beendet, an dem auch Profis teilgenommen hatten. Sportpsychologen behaupten, Nadals ausgereifte Pre-Shot-Routine mache ihn zu einem Top-Athleten - im Tennis wie im Golf. Vor seinen Auf- und Abschlägen zupft er sich regelmäßig am Hemd und wischt sich den Schweiß aus dem Gesicht.

Da ist das Ding: Rafael Nadal gewinnt die Australian Open 2022 und damit seinen 21. Grand-Slam-Titel. Rekord. | © Clive Brunskill/Getty Images

Und auch mit prominenten Tour-Golfern ist Nadal hin und wieder auf diversen Plätzen dieser Welt unterwegs. So zum Beispiel mit seinen Landsmännern Sergio Garcia und Jon Rahm oder mit Tiger Woods, den er vor vielen Jahren auf dessen Runde in China begleitet hatte. Man kennt sich und tauscht sich gerne aus unter Top-Athleten. Nach seinem 20. Grand-Slam-Titel bei den French Open 2020 gönnte sich Nadal keine lange Pause und nahm wenige Tage später an der Balearic Golf Championship im Club Maioris nahe Palma/Mallorca teil. Mit Erfolg: Das Drei-Tage-Event über 54 Löcher beendete er mit gesamt neun über Par (74, 74, 77) und landete auf dem sechsten Rang. Ein Jahr zuvor war er bei der Ü30-Meisterschaft der Balearen Zweiter geworden. Es dürfte nicht viele Sportler anderer Disziplinen geben, die da mithalten können.

Nun also die magische 21. Nadal hat damit einen Grand-Slam-Titel mehr als Federer und Djokovic, der seine ganz eigene Story im Vorfeld des Turniers geschrieben hatte und als Ungeimpfter gar nicht erst antreten durfte. Das Finalmatch gegen den starken Russen Medwedew entwickelte sich zu einem hochklassigen Fünf-Satz-Krimi und dürfte als eines der besten und längsten in die Tennisgeschichte eingehen. Nadals eiserner Wille beeindruckt Golf-Stars wie Jon Rahm: „Für viele von uns ist er ein Vorbild. Seine Entschlossenheit und sein Mumm auf dem Platz sind unerreicht. Von Rafa Nadal kann man viel lernen“, so Rahm in einem Interview mit der PGA Tour.

Bei der Siegerehrung in Melbourne zeigte Nadal Demut und Respekt für seinen Gegner: „Daniil, du bist ein großartiger Champion. Ich habe keinen Zweifel, dass du diese Trophäe ein paarmal in deiner Karriere gewinnen wirst.“ Mit seinem Sieg machte sich Nadal unsterblich und darf als GOAT (Greatest Of All Time) bezeichnet werden. Einen Titel, den im Golf Jack Nicklaus trägt, weil er mit 18 die meisten Majors gewann. Jener Nicklaus, der Nadals Trainer und Onkel Toni übrigens nach dessen Aussagen mit einem Video inspiriert und zu einem besseren Hartplatz-Spieler gemacht hat.