Interview
„Wir haben in vier Jahren einiges bewegt“
29. November 2024 , Thomas Kirmaier
Achim Battermann (75) war vier Jahre lang Honorary Treasurer (Schatzmeister) der European Golf Association (EGA). Bei der Generalversammlung in Portugal endete nun seine Amtszeit. Golf.de hat sich mit dem DGV-Vizepräsidenten über Europa, Sportpolitik, Olympia und mehr unterhalten.
Herr Battermann, was glauben Sie, wie viele deutsche Golfer wissen, was die EGA überhaupt ist und wofür es sie gibt?
Oh, ich glaube, das sind tatsächlich nur sehr wenige. Dazu fällt mir eine kleine Anekdote ein. Kurz vor meinem Abflug zur Generalversammlung in Portugal hatten wir noch ein Wettspiel mit den Herren AK65 in meinem Heimatclub Frankfurter GC. Als ich den Mitspielern, die ja schon seit Jahrzehnten golfen, sagte, dass ich nach Portugal für einen Termin der EGA reisen muss, fragten mich einige, was denn die EGA überhaupt ist. Also ja, mit der EGA können wohl nur sehr wenige Golfer in Deutschland etwas anfangen. Das ändert aber ganz sicher nichts an der Daseinsberechtigung und der Bedeutung des europäischen Golfverbandes, denn die EGA hat immerhin 50 Mitgliedsnationen und ist Lizenzgeber des World Handicap Systems. Insofern hat auch jeder deutsche Amateurgolfer indirekt mit der EGA zu tun.
Nach vier Jahren endete in Portugal Ihre Amtszeit als Schatzmeister der EGA. Mit welchen Gefühlen und Erinnerungen blicken Sie auf diese Phase zurück und welche Funktion hat die EGA überhaupt?
Durchaus mit sehr positiven Erinnerungen. Zumal die EGA eine lange Tradition hat und mit Golf vielleicht die einzige Sportart aufs Grün bringt, die den europäischen Gedanken tatsächlich lebt. Stichwort Ryder und Solheim Cup. Die EGA richtet eine ganze Reihe von Europameisterschaften aus. Der Sport ist aber nur ein Bereich. Wir haben auch in Sachen Sustainability einiges auf den Weg gebracht und in die Zukunft investiert. Für derart große Herausforderungen braucht es gutes Personal. So hat die EGA mit Michael Thannhäuser auch einen deutschen Geschäftsführer. An dieser Entscheidung dürfte ich nicht ganz unbeteiligt gewesen sein. Aber ja, man kann auch als Funktionär der EGA einiges bewegen, Ideen und Projekte umsetzen und sich einbringen. Daher schaue ich mit Freude und auch etwas Stolz auf eine schöne und erfolgreiche Zeit zurück.
Durch Ihre Tätigkeit waren Sie im Austausch mit Funktionären aus zahlreichen Golfverbänden des Kontinents. Wie steht Deutschland im europäischen Vergleich da?
Sehr positiv ist, dass Deutschland die zweitgrößte Golfnation in der EGA ist – gleich nach dem Verband England Golf. Das heißt, wir gehören zu den fleißigsten Beitragszahlern. Aus sportlicher Sicht sind wir über die Jahre, was die Erfolge bei den verschiedenen Europameisterschaften betrifft, sogar eine der erfolgreichsten Nationen. Denken Sie daran, dass Matti Schmid 2019 und 2020 Einzel-Europameister wurde und sich einen Startplatz bei der Open Championship verdiente, bei der er sich mit Tiger Woods und Rory McIlroy messen durfte. Zudem haben unsere Damen in diesem Jahr die Team-Europameisterschaft in Madrid gewonnen. Diese Events sind sehr hochklassig besetzt. Die EGA lebt aber auch davon, dass die Mitgliedsnationen ihre Venues für diese Turniere zur Verfügung stellen. Und genau bei diesem Engagement des Ausrichtens sind Nationen wie Frankreich, Spanien, Schweden oder Italien präsenter als Deutschland. Da sieht man auch sehr schön die finanziellen Möglichkeiten anderer Nationen. Frankreich, das jedes Jahr zwei, drei oder mehr EGA-Events ausrichtet, nimmt deutlich mehr Geld über seine Mitgliedsbeiträge ein als Deutschland – selbst nach unserer Beitragserhöhung. Aber auch diesbezüglich haben wir etwas bewegt. So hatten wir 2024 die EMM der Golfer mit Behinderung im GC Hösel und werden im Sommer 2025 die Einzel-Europameisterschaft der Damen im Frankfurter GC ausrichten, was für mich als Mitglied des FGC sehr besonders werden wird.
Vor welchen Herausforderungen steht Golf in Europa – auch im Hinblick auf die Konkurrenz im Amateurbereich zur USGA?
Es gibt aus sportlicher Sicht ein großes Problem in Europa und das heißt WAGR, also die World Amateur Golf Rankings. Die amerikanischen Turniere sind wesentlich höher bewertet als die europäischen. Der Sportdirektor des britischen Verbandes hat einmal aufgezeigt, dass die British Amateur im WAGR-Ranking erst die Nummer 87 ist. Das sieht man, wie sehr wir als Europäer im Vergleich mit Amerika benachteiligt sind. Da tut sich derzeit einiges. Es gibt Aktivitäten, zusammen mit der R&A etwas zu verändern. Unser DGV-Sportvorstand Marcus Neumann macht sich zudem für ein eigenes, europäisches Ranking stark. So viel zum Sport. Vor zwei Jahren haben wir ein Umweltschutzprogramm aufgelegt, für das alle EGA-Mitglieder einen Beitrag leisten müssen und das auch wollen. Dafür gab es in der Versammlung 2023 in London einen nahezu einstimmigen Beschluss, 150.000 Euro zusätzlich zu erheben, um Strukturen zu errichten – in Zusammenarbeit mit der R&A und des IGF. Das sind immerhin elf Prozent des EGA-Gesamtbudgets. Genau dafür gibt es internationale Working Groups mit ausgewiesenen Experten, zu denen aus Deutschland auch Alexander Klose und Marc Biber gehören. Als Schatzmeister musste ich dieses Projekt in gewisser Weise verkaufen. Aber es ist wichtig, damit wir in der Öffentlichkeit immer wieder erklären und mit Daten unterlegen können, dass Golfanlagen in Sachen Biodiversität einen großen Beitrag leisten. Das Thema Sustainability wird uns auch in den kommenden Jahren intensiv beschäftigen.
Wie und warum wird man überhaupt EGA-Funktionär und wie gestaltet sich der Zeitaufwand?
Bei mir hat das damit begonnen, dass ich 2015 stellvertretender Präsident des DGV wurde. Präsident Claus Kobold und ich haben vereinbart, dass ich an den EGA-Mitgliederversammlungen teilnehme. Das erste Mal war ich 2016 in Barcelona dabei und habe zum Auftakt gleich ein der Versammlung vorgeschaltetes Turnier gewonnen. So war der Name Battermann vielleicht schon mal bekannter. 2018 habe ich es wieder gewonnen und mir so vielleicht meinen Platz am Tisch des Exekutivkomitees verdient, bin mit Caroline Huyskes aus den Niederlanden ins Gespräch gekommen, die das Amt des Schatzmeisters vor mir bekleidete und heute EGA-Präsidentin ist. 2019 hat sie mich dann gefragt, ob ich mir dieses Funktion vorstellen könnte und bei der Versammlung 2020, die wegen der Pandemie erstmals remote stattfinden musste, bin ich gewählt worden. Der Zeitaufwand ist nicht ganz unerheblich für einen Honorary Treasurer, der für zwei Jahre gewählt und maximal zwei weitere Jahre im Amt sein kann. Der Schatzmeister gehört sowohl dem Finance Committee als auch dem Executive Committee an. Neben monatlichen Videokonferenzen heißt es, im Lauf des Jahres fünf mehrtägige Meetings in Europa zu besuchen. Dazu eine akribische Vorbereitung sowie intensive Kommunikation mit zuständigen Stellen, der EGA-Geschäftsstelle in Lausanne oder beispielsweise Wirtschaftsprüfern für den Jahresabschluss. Man kann vielleicht sagen, dass in meiner Tätigkeit als DGV-Vizepräsident rund 25 Prozent für die EGA aufgewendet wurden.
Sie waren bei den Olympischen Spielen in Paris live dabei, als Esther Henseleit – übrigens als erste Europäerin – eine Medaille holte. Wie haben Sie das erlebt und war dieser Erfolg auch Thema beim General Meeting der EGA jüngst in Portugal?
Es war eine fantastische Aufholjagd, die Esther Henseleit auf dem Weg zur Sibermedaille in Paris hingelegt hat. Die Olympischen Spiele 2024 live vor Ort erleben zu dürfen, war natürlich gigantisch. Silber für Deutschland, das hat nicht nur sportlich, sondern auch politisch gewirkt, was beispielsweise Bundes-Fördermittel betrifft. Es ist bei der EGA allerdings nicht diskutiert worden, dass Esther die erste Europäerin war, die eine olympische Medaille holen konnte. Ich habe das vor Ort auch tatsächlich mehr aus der deutschen Brille gesehen und erlebt. Das war einfach großartig und hoffentlich eine Art Startschuss für weitere tolle Erfolge für unsere Vision Gold. Bei all der Freude über diesen Riesenerfolg für Deutschland habe ich allerdings wirklich gerne für die European Golf Association gearbeitet. Es waren spannende vier Jahre, in denen wir wichtige Projekte starten konnten.
Vielen Dank für das Gespräch!
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