Regelfest
Wegen „schwerwiegenden Fehlverhaltens“ disqualifiziert
11. November 2024 , Daniel Dillenburg
Der mexikanische PGA-Tour-Spieler Emilio Gonzalez wird von seinem Heimturnier wegen eines seltenen „schweren Fehlverhaltens“ disqualifiziert. Der Grund: Falsche Anwendung der Regel 18.3.
Das Turnier war mit Sicherheit eines der Highlights seiner Saison: Emilio Gonzalez erhielt eine Sponsoreneinladung zur World Wide Technology Championship in seinem Heimatland Mexiko. Auf dem von Tiger Woods designten Platz, El Cardonal Golf Course, ging es gegen einige der besten Spieler der Welt. Doch für Gonzalez endete die Woche bereits nach zwei Runden. Abgesehen davon, dass er ohnehin den Cut um zwei Schläge verpasst hätte, wurde er nach seiner zweiten Runde nachträglich aus der Wertung genommen. Die Spielleitung sah sich gezwungen, den Mexikaner nach Regel 1.2a zu disqualifizieren. Er habe in einer Situation gegen den ‚Spirit of the Game‘ verstoßen.
Die ursächliche Aktion für die Disqualifikation erfolgte auf Loch 15. Gonzalez verzog seinen Abschlag in die Wüste und spielte sofort einen provisorischen Ball hinterher. So weit, so gut. Der 27-Jährige begab sich auf die Suche nach seinem ursprünglichen Ball und wurde sogar fündig. Gonzalez identifizierte den gefundenen Ball jedoch nicht als seinen und entschied sich, den provisorischen Ball weiterzuspielen. Zwei Schläge später notierte er das Bogey auf dem Par 4. Doch seine Aktion sollte noch Folgen haben.
Schwerwiegendes Fehlverhalten
Am Abend der zweiten Runde informierte die PGA Tour über ihre sozialen Kanäle: „Emilio Gonzalez wurde nach der zweiten Runde der World Wide Technology Championship wegen eines Verstoßes gegen Regel 18.3 disqualifiziert (Provisorischer Ball).“ Eine harte Entscheidung. Immerhin kommen Disqualifikationen auf Profi-Niveau nur äußerst selten vor. In Gonzalez‘ Fall blieb der Spielleitung jedoch keine andere Wahl. Denn dem 27-Jährigen wurde ein „schwerwiegendes Fehlverhalten“ vorgeworfen. In Regel 18.3c heißt es:
„Wurde der provisorische Ball noch nicht zum Ball im Spiel und wurde ein Ball gefunden, der der ursprüngliche Ball sein könnte, muss der Spieler sich angemessen bemühen, den Ball zu identifizieren. Tut der Spieler dies nicht, darf die Spielleitung den Spieler nach Regel 1.2a disqualifizieren, wenn sie entscheidet, dass dies ein schwerwiegendes Fehlverhalten unter Verstoß gegen den ‚Spirit of the Game‘ war.“ Gonzalez habe sich laut der Einschätzung der Spielleitung also nicht „angemessen“ bemüht, den in der Wüste gefundenen Ball zu identifizieren und sich zu früh für seinen provisorischen Ball entschieden.
Ein Statement zu seiner Disqualifikation liegt seitens Gonzalez leider keins vor. Dass er das Wochenende auch ohne seinen Regelverstoß nicht erreicht hätte, dürfte die harte Entscheidung aber erträglicher gemacht haben.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Hier wird aus einer einfachen spielerfreundlichen Regel eine gefährliche Falle, wenn man seinen ursprünglichen Wunsch nicht bis zu Ende verfolgt oder anfängt böse Tricks anzuwenden:
Der provisorische Ball soll dem Spieler den Weg zurück zum Abschlag ersparen, wenn er seinen ersten Ball nicht findet (im Stableford hätte man noch die Wahl, das Loch zu streichen, aber das geht hier im Zählspiel nicht). Der Spieler bringt also damit zum Ausdruck, dass ihm der erste Ball lieber ist als der zweite, auch wenn der erste im Rough liegt und der zweite auf dem Fairway, da er mit diesem dann schon „3“ läge, wenn der erste nicht gefunden wird.
Und hier kommt der Stolperstein ins Spiel: Sieht der Spieler beim Näherkommen an die Stelle, an der gesucht werden soll, dass es dort ganz schrecklich aussieht und Brombeeren, Ginster, Wacholder oder ähnliche dem Golfspiel abträgliche Vegetation im Übermaß an dieser Stelle vorhanden ist, so ist es seine eigene Entscheidung, gar nicht erst zu suchen. Er nimmt dann also in Kauf, mit dem provisorischen Ball bereits „3“ zu liegen, da er vermutet, dass die Lage seines ursprünglichen Balls unerfreulich sein wird. Höfliche Mitspieler gehen dann auch nicht los und suchen den Ball, denn der Wunsch des Spielers wird respektiert.
Anders ist es auf der Tour, wo bereits von den Zuschauern oft nach dem Ball im Gebüsch gesucht wird, bevor der Spieler auch nur in die Nähe des Suchgebiets gekommen ist. Wenn dann ein Ball gefunden wird, geht es nicht mehr darum, freiwillig auf die Suche zu verzichten, sondern wir sind im letzten Absatz von Regel 18.3c gelandet, wo beschrieben wird, dass der Spieler einen gefundenen Ball identifizieren muss, wenn es seiner sein könnte.
Leider ist nicht bekannt, was genau geschehen ist, aber einen kurzen Blick auf einen Busch zu werfen, unter dem etwas Weißes hervorleuchtet und dann zu erklären, „Das ist nicht mein Ball“ wäre z. B. nicht ausreichend. In diese Versuchung kommen Spieler, wenn sie einen Ball in einer unspielbaren Lage sehen und feststellen, dass auch mit einem Strafschlag keine deutlich bessere Lage erreicht werden kann. Wenn man seinen Platz kennt, weiß man jedoch normalerweise, an welchen Stellen sich ein provisorischer Ball lohnt oder wo man die magischen Worte „provisorischer Ball“ nicht ausspricht und einfach einen neuen Ball spielt.
Der Unterschied zum Nicht-Suchen und dem Nicht-Identifizieren besteht darin, dass das Nicht-Suchen keine Wahl beinhaltet, während das Nicht-Identifizieren dem Spieler die Wahl zwischen der Lage des provisorischen Balls auf dem Fairway und dem wahrscheinlich ursprünglichen Ball in einer schlechten Lage lässt. Es versteht sich von selbst, dass ein Spieler nicht plötzlich allein „Auswahldrive“ spielen darf.
Durch Aussagen der anwesenden Marshals, Referees und ggf. Zuschauer wird man diesen Sachverhalt festgestellt haben, was sich dann durch korrekte Regelanwendung äußerst nachteilig für den Spieler ausgewirkt hat.
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