Regelfest
Großer Segen dank Regelkenntnis
13. Oktober 2024 , Daniel Dillenburg
Michael Kim muss nach zwei verzogenen Drives vom Schlimmsten ausgehen, hat aber letztlich Glück und spielt zusätzlich noch seine Regelkenntnis aus. Dabei kommt ihm ein Tierloch zur Hilfe.
Glück, Regelkenntnis und nochmals eine Portion Glück kamen bei Michael Kim in Runde eins der Black Desert Championship zusammen. Auf Loch 18 des spektakulären Black Desert Courses inmitten eines Lavafelds verzog der US-Amerikaner seinen Drive in Richtung Felsen auf der linken Seite. Ein provisorischer Abschlag musste her, doch auch der verschwand in die Vegetation links. Zu diesem Zeitpunkt musste Kim mit dem Schlimmsten rechnen. Um es vorwegzunehmen: Es kam ganz und gar nicht schlimm und Kim hatte wenig später sogar einen Putt zum Birdie.
Doch zuvor war noch eine Begegnung mit einem Rules Official nötig. Denn Kim ließ in einer ausweglosen Situation seine Regelkenntnis spielen. Erster Schritt war die Suche nach dem ersten Drive. Kim konnte seinen Ball finden und damit war der provisorische Abschlag aus dem Spiel. Schon hier war er angesichts der Vegetation an dieser Stelle des Platzes im Glück. Weniger glücklich: Die Lage seines Balls. Spielen konnte er diesen nämlich eigentlich nicht. Eingenistet in einer Vertiefung des Bodens musste zunächst davon ausgegangen werden, dass Kim seinen Ball für unspielbar erklärt. Ein Strafschlag schien unvermeidbar. Doch Kim hatte eine Idee:
Er stellte sich die Frage: Lag der Ball in einer gewöhnlichen Vertiefung oder hatte sie womöglich ein Tier geschaffen? Ein Rules Official musste her. Kim erkundigte sich, ob er vielleicht eine straflose Erleichterung bekommen könne, da sein Ball in einem von einem Tier verursachten Loch liegt. „Ich habe das Gefühl, dass wahrscheinlich die Hälfte des Feldes nicht einmal daran gedacht hätte, das zu tun“, sagte Analyst Matt Every bei der PGA Tour Live-Übertragung. Der Rules Official machte sich ein Bild und fragte einen Kollegen per Walkie-Talkie um Rat.
„Hey, du kennst dieses Gelände offensichtlich besser“, hörte man den Rules Official sagen. „Ich nehme an, wir haben hier ein paar Viecher, die sich in der Wüste herumtreiben. Irgendwelche Tierlöcher um diese Büsche herum.“ Kim hörte ganz genau hin und durfte sich Hoffnungen machen. Weiter hieß es: „Wenn ich meinen Finger hineinstecke, geht er definitiv darunter. Es muss eine Art Tierloch geben, würde ich denken.“ Und Tatsache: Die Vertiefung wurde als Tierloch eingestuft und Kim erhielt eine straflose Erleichterung. Kommentator Mark Immelman bezeichnete die Entscheidung als „großen Segen“.
„Was für ein Spiel“
„Willkommen bei den Golfregeln, Leute“, sagte Every weiter. „Man kann den Ball in der Mitte des Fairways in ein Divot schlagen und bekommt keine Erleichterung, dann kann man ihn ins Gefängnis schlagen - im wahrsten Sinne des Wortes - und bekommt einen Free Drop. Was für ein Spiel.“ Doch Immelman brachte es auf den Punkt: „Ich denke, das spricht dafür, die Regeln zu kennen.“ Kim kannte die Regeln, hatte Erfolg mit seiner Anfrage und durfte seinen Ball innerhalb einer Schlägerlänge droppen. Zuvor wurden noch lose Felsen aus dem Weg geräumt und schon hatte er einen verhältnismäßig freien zweiten Schlag.
Kim brachte seinen Ball zurück aufs Fairway und spielte seinen dritten Schlag auf dem Par 5 aufs Grün. Seine anschließende Chance zum Birdie konnte er zwar knapp nicht nutzen, aber dennoch schien Kim sehr zufrieden zu sein mit dem Par. „Ich glaube, wenn man ihm am Ende, nachdem er zwei Abschläge in die Lava auf der linken Seite geschlagen hatte, gesagt hätte, ‚hey, du kannst ein Par haben‘, wäre er zum Grün gerannt“, kommentierte Immelman das verrückte Par.
Und auch Kim wusste, dass er dem Golfgott nach dieser Situation etwas schuldet. Anders gesagt: Er wollte seine Glückssträhne an diesem Tag ausnutzen und schrieb auf X: „Auf dem Weg, einen Lottoschein zu kaufen.... Heute habe ich ein Glück!“ Glück, gepaart mit Regelkenntnis – oft eine gute Kombination im Golf.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Bei Ansicht des Videos wird sich mancher Spieler denken, dass er als Zähler Einspruch eingelegt hätte, wenn der Spieler dieses Balls hier einen Freedrop beansprucht: Der Ball liegt nicht nur in einer Tierspur, sondern auch noch tief im Rough, so dass schon eher Gartengeräte statt Golfschläger nötig gewesen wären, um dort herauszukommen. Der Ball wäre also durch etwas anderes als die Tierspur unspielbar, womit der Freedrop dann nicht gegeben würde.
Aber hier kommt der Unterschied zwischen einem Freizeit-Golfer und einem Professional ins Spiel. Beide spielen nach den gleichen Regeln, aber sie spielen (zum Glück für den Professional) nicht das gleiche Golf. Schon im Top-Amateurbereich trifft man auf Spieler, die Schläge aus Lagen spielen können, bei denen uns sofort für unser eigenes Golf das Wort „unspielbar“ in den Kopf kommt. Das ist hier der Fall. Zum Glück wissen auch die Referees auf der Tour, was die Spieler können, und deshalb hat es hier ohne Probleme den Freedrop gegeben.
Natürlich muss hier auch der geschulte Blick des Spielers erwähnt werden, der in dieser schlechten Lage die korrekte Vermutung hatte, es könne sich um ein Tierloch handeln. Selbst wenn man sich hinterher dabei geirrt hat, ist es nicht schlimm, wenn man diese Vermutung äußert und prüft, denn die Anwendung der vollständigen Regeln steht jedem Spieler zu.
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