Natur

Le Golf National: Öko-Nische und der Spitzensport


11. August 2024 , Petra Himmel


Ryder-Cup-Stimmung: Le Golf National, Tee 1
Ryder-Cup-Stimmung: Le Golf National, Tee 1 | © sbw

Schwieriger kann eine Aufgabe kaum sein: Entwickle ein Programm für Biodiversität auf einem Sportgelände, das ein ideales Trainingsgelände für den Spitzensport ist und jährlich für ein Weltklasse-Golfturnier sowie diverse nationale Meisterschaften genutzt wird. In der Umgebung sind Gewerbegebiete und am Rande des Gelände wird eine U-Bahn Strecke entwickelt.

Die Rede ist von Le Golf National, Austragungsort des Golf-Wettbewerbs der Olympischen Spiele 2024, des Ryder Cups 2018 und alljährlich der Open de France. Es ist ein herausragendes Golf-Zentrum, das der Französische Golfverband gebaut hat und betreibt. Und weil sich eben dieser Französische Golfverband das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat und dieses engagiert verfolgt, gilt auch für Le Golf National: Die Themen Nachhaltigkeit und Biodiversität sind wichtig. Maximilien Lambert, Nachhaltigkeitsbeauftragter des Französischen Golfverbandes macht klar: Wo Spitzensport stattfindet, muss es auch Platz für Ökologie geben.

Arthur Lecomte, der als Berater für das Thema Umwelt im Greenkeeping-Team fungiert, ist der Mann vor Ort, der versucht zusammen mit Experten und Wissenschaftlern  dieses Ziel umzusetzen. 2014 hat er hier seinen ersten Job angenommen, „ganz an der Basis“, sagt er von sich selbst. „Ich hatte viel gärtnerische Aufgaben.“ Den Arbeitsplatz hat er lieben gelernt, in all‘ seinen Facetten. Und: Er hat einen Blick fürs Detail, erkennt die kleinen Bereiche, an denen sich ökologische Aufwertung betreiben lässt. „Wir versuchen hier die Umwelt zu schützen, indem wir sie mit allen teilen“, erklärt er den Ansatz. Er ist längst Meister darin, die Nischen auf dem High-End-Sportgelände zu entdecken, die sich als Lebensraum für besondere Pflanzen oder Insekten nutzen lassen. Da ist die artenreiche Wiese am Abhang neben einem vollgestellten Parkplatz, da sind die aufwändig gestalteten Saumbereiche am  Teich neben dem Eingang, die mit Kokosnussfasern aufgewertet wurden. Da sind die kleinen Hecken- und Buschbereiche, in denen Vögel brüten und für die man nur regional typische Pflanzen verwendet.

Weniger Pestizide und optimiertes Wassermanagement

Zusammen mit Wissenschaftlern der Universität Paris-Sarcly sind viele Nachhaltigkeits-Projekte im Nachgang zum Ryder Cup geplant und umgesetzt worden – bevor die Bauarbeiten für die U-Bahn-Strecke  und die Vorbereitungen für das Olympische Turnier begannen.  Speziell auf den Übungsgrüns ist der weitgehende Verzicht auf Pflanzenschutzmittel längst Programm. Die ständige Suche nach biologischen Alternativen begleitet die Greenkeeper genauso ebenso wie die laufende Optimierung des Wasserverbrauches – in Frankreich ohnehin ein ständig aktuelles Thema.

144 Kilometer Drainage hat man in Le Golf National so optimiert, dass sie nun in die Teiche entwässern, die für mehr Artenvielfalt sorgen und gleichzeitig erneut für die Bewässerung genutzt werden können. Wobei Arthur Lecomte seit Jahren auch mit dem Thema Permakultur experimentiert. Man merkt, es liegt ihm besonders am Herzen. Sein erster Testbereich, erklärt er lachend, hatte noch Mängel beim Thema Stabilität, nachdem der Aufbau ausschließlich aus Biomaterial von der Golfanlage besteht. Aber ein zweites Grün sieht bereits deutlich robuster aus. „Gerade für Anlagen, die wenig finanzielle Mittel haben, ist Permakultur vielleicht die Lösung“, erklärt er. „Und es bedeutet perfektes Recycling.“ Statt einem teuren Grünaufbau kommen eben Totholz, Schnittgut und weiteres Material vom Gelände zum Einsatz.

Der Versuch, Spitzensport mit einer ökologischen Ausrichtung zu vereinbaren, macht sich bezahlt. Bei der letzten Artenzählung im Jahr 2023 wiesen die Wissenschaftler vor Ort bereits 461 Arten nach 2019 waren es noch 360. „Es ist auch hier möglich kleine Trittsteinbiotope zu schaffen“, ist Lecomte sicher. „Irgendeine Möglichkeit gibt es immer.“

Frustrieren lässt sich Lecomte nicht. Auch dann nicht, wenn,wie im Vorfeld der Olympischen Spiele, aus fast all‘ seinen Wiesen plötzlich gemähte Grundflächen werden. Auch dann nicht , wenn  immer mehr Flächen des Geländes für den aktuellen Streckenbau der Metro verwendet werden und deshalb aus dem Biodiversitätsprogramm fallen. Schließlich bedeutet der Bau der Metro auch, dass Golfer in Zukunft mit dem öffentlichen Nahverkehr anreisen können. Das reduziert die CO₂-Emissionen. Auch dadurch wird Le Golf National ein Stückchen nachhaltiger.