Kolumne
Ticker aus Paris: Das Herzschlagfinale zum Nachlesen
10. August 2024 , Redaktion Golf.de
Deutschland spielt um eine Medaille bei den Olympischen Spielen. Esther Henseleit lässt unseren Puls im Finale von Paris höherschlagen. Am Ende gibt es Silber.
Von Rang 13 noch die Medaillenplätze angreifen? Na ja klar, theoretisch möglich ist es. Aber realistisch ja wohl kaum. Da liegen einfach zu viele LPGA gestählte, in der Weltrangliste weit vor ihr liegende Spielerinnen vor Esther Henseleit. Korda, Ko, Yin, Lin, Yamashita, und und und.
Die letzte Runde beginnt mit Esthers Angstloch. An der Eins lief bisher gar nichts. Doppelbogey, zweimal Bogey, ein Par wäre ein prima Einstieg. Der Abschlag passt, der zweite auch und dann ist es passiert. Um es wie Herrenbundestrainer Uli Eckhardt zu formulieren „Bäm, Birdie“, die Richtung für die Runde ist vorgegeben. Bahn zwei, perfekter Abschlag, perfekter Putt. BämBäm, zwei unter nach zwei. Was ist denn hier los!? Henseleit ist bereit für den Angriff auf eine Medaille. Die Pulsfrequenz der deutschen Fans nimmt langsam Fahrt auf.
Bubum,bubum,bubum….
Was ist der gute Start wert? Die Topspielerinnen schwächeln, verlieren Schläge und Esther spielt das nächste Birdie an der Sechs. Triplebäm. Es läuft. Eine Medaille scheint mittlerweile ernsthaft in Reichweite.
Die Weltranglistenerste Nelly Korda kommt nicht richtig in Schwung, die beiden Chinesinnen Yin und Lin verlieren Schläge auf Henseleit, Yamashita liegt zwei über nach Neun, nur Lydia Ko bleibt stabil und zehrt von ihrem großen Vorsprung.
Bubum,bubum,bubum….
Kann das wirklich noch was werden mit Edelmetall für Deutschland? Noch nie waren wir so dicht dran.
Esther an der Neun, Vierfachbäm und tatsächlich Platz drei, nach Birdie Nummer vier.
Von hinten kommt nichts. Morgane Metraux schießt sich mit einer Bogey-Serie aus dem Rennen, Rose Zhang liegt vier über, die Chinesinnen kommen nicht ins Rollen. Lediglich die Australierin Hannah Green kann mithalten.
Unfassbar, das nächste Henseleit-Birdie an der Zehn. Sieben unter, Platz zwei, weil Yin die Nerven verliert und Bogeys spielt.
Bubum,bubum,bubum….
Gold scheint unerreichbar. Die Neuseeländerin Lydia Ko, Silbermedaillengewinnerin von Rio, Bronzemedaille in Tokio, spielt absolut solide. Nervenstark, unbeeindruckt vom Monsterplatz und der Megastimmung.
Dahinter steigt die Dramatik: Lin knapp links ins Rough. Da sollte man auf keinen Fall liegen. Bisher hat das fast immer zum Bogey geführt.
Esthers Superlauf endet an der Zwölf, das erste Bogey. Jetzt heißt es verkraften, nicht einbrechen. Nerven bewahren.
Bubum,bubum,bubum….
Esther spielt solide. Sechs unter, Platz zwei, gemeinsam mit Hannah Green. Dahinter sechs Spielerinnen mit fünf unter. Es wird immer enger. Lydia Ko schlägt an der 13 ins Wasser. Doppelbogey. Nur noch drei Schläge Vorsprung. Yamashita schließt an der 14 auf Henseleit und Green auf. Drei Spielerinnen schlaggleich auf Platz zwei.
Bubum,bubum,bubum….
Finaltag Damen Paris 2024
Esther an der 17. Der Abschlag landet knapp links im Rough. Ist nicht mehr zu sehen. Eine denkbar schlechte Ausgangsposition an der langen 17. Gute 130 Meter aus diesem extrem dichten Gras. Ganz schwer.
Bubum,bubum,bubum….
Xiyu Lin spielt ein Birdie, sechs unter. Jetzt sind sie zu dritt und Esther ist in Trouble. Attacke oder defensiv? Henseleit greift an, volles Risiko. Alles oder nichts. In diesem Fall alles. Perfekter Schlag, drei Meter an die Fahne. Birdie-Chance. Fünffachbäm, sieben unter, alleiniger zweiter Platz.
Bubum,bubum,bubum….
Yamashita an der 15. Birdie. Sieben unter. Der Puls ist kaum noch zu beruhigen. Esthers Abschlag an der 18, perfekt. Sie wird an diesem Par 5 versuchen mit dem Zweiten das Grün zu erreichen. Esther Henseleit wird als erste der Medaillenkandidatinnen ihre Runde beenden. Sie braucht noch mindestens ein Birdie, um sich ein kleines Polster nach hinten aufzubauen.
Bubum,bubum,bubum….
An der 16 schießt sich Yamashita aus dem Rennen. Der Abschlag landet am Par 3 im Wasser. Doppelbogey.
Xiyu Lin macht es an der 17 wie Henseleit. Links ins Tiefe. Herausforderung.
Lydia Ko bleibt unbeeindruckt von ihrem Fauxpas. Immer noch neun unter.
Bubum,bubum,bubum….
Xiyu Lin bleibt im Rough hängen. Bogey. Nur noch sechs unter.
Bubum,bubum,bubum….
Esther liegt zum Eagle an der 18. Unfassbar. Sie kann zu Lydia Ko aufschließen. Am Ende wird es ein Birdie. Acht unter, ein Schlag Rückstand auf Gold. Zwei Schläge Vorsprung vor den Rest des Feldes.
Kann Warten schrecklich sein.
Alles läuft für Esther.
Hannah Green kann es nicht mehr schaffen. Xiyu Lin braucht ein Eagle auf der 18. Yamashita ein Birdie-Eagle-Finish, um noch ein Stechen mit Esther Henseleit zu erreichen.
Möglich, aber unwahrscheinlich.
Bubum,bubum,bubum….
Mio Yamashita spielt ein Par auf der 17. Das heißt Esthers Medaille ist so gut wie sicher. Nur ein Albatros der Japanerin auf der 18 kann das noch verhindern.
Xiyu Lin puttet zum Eagle an der 18. Trifft sie, geht es ins Stechen mit Henseleit. Trifft sie nicht, ist Esther Henseleit Silber kaum noch zu nehmen. Die Sensation ist fast nicht mehr zu verhindern. Und Lydia Ko muss die Runde auch noch unfallfrei beenden. Gold ist immer noch möglich.
Bubum,bubum,bubum….
Ja,ja,ja! Lin verfehlt das Eagle, Yamashita spielt kein Albatros an der 18. Silber für Esther. Der Traum wird wahr. Eine 66er Runde am Finaltag bringt die erste Golfmedaille für Deutschland.
Nur noch Lydia Ko, Morgane Metraux und Rose Zhang draußen. Ko geht es defensiv an. Ein Par reicht an der 18. Sie legt vor, um den dritten Schlag sicher an die Fahne zu spielen.
Zwei Putts zu Gold aus vier Metern.
Gold für Lydia Ko, Silber für Esther Henseleit, Bronze für Xiyu Lin.
Ein großartiges Ergebnis aus deutscher Sicht mit einer verdienten Goldmedaillengewinnerin.