Olympia
Ein Triumph für den Golfsport
4. August 2024 , Deutscher Golf Verband e.V.
Wir berichten täglich in unserem Olympia-Tagebuch von den Golfwettkämpfen in Paris. Tee sechs: Bilanz der deutschen Herren beim Scheffler-Triumph auf Le Golf National.
Es ist kaum zu glauben, aber wahr - und sogar ein bisschen erwartet worden. Noch mehr Menschen, noch bessere Stimmung, noch besseres Golf. Zumindest von den Besten. Es sind die an der Spitze, die dort hingehören. Rahm, Fleetwood, Matsuyama, Perez, Scheffler, McIlroy, Schauffele. Die Buchmacher kommen diesmal bei Olympia auf ihre Kosten. Keine Außenseiter, die vorne mitmischen. Keine Überraschungen mit Mondquoten.
Der Platz ist selektiv, schwer und verzeiht keine Fehler. Im Gegenteil. Schnell fängt man sich ein Doppel- oder Triple-Bogey oder Schlimmeres. Matti Schmid und Stephan Jäger müssen das leidvoll erfahren. Beide schaffen es nicht, ihr Spiel über vier Runden zusammenzuhalten und bringen am Ende jeweils eine durchaus zufriedenstellende, aber eben nicht für ganz vorne reichende vier unter Par ins Clubhaus und das auf völlig unterschiedliche Art und Weise.
Analyse von Bundestrainer Uli Eckhardt (zu Matti Schmid):
„So blöd das jetzt klingt, wenn alles normal läuft, und man hat ja schon ein Gefühl dafür, wie so eine Runde läuft, dann spielt Matti in der ersten Runde sechs unter, in der zweiten Runde Par und in der Dritten noch mal sechs unter, dann ist er im Kampf um die Medaillen voll dabei. Da könnte sich keiner beschweren, das wäre völlig in Ordnung. Von der Qualität des Spiels her absolut berechtigt. Matti ist kein Rohdiamant mehr, er ist ein schon ganz gut geschliffener Diamant, zumindest in vielen Bereichen, wenn auch noch nicht überall dort, wo noch Potenzial, zum Beispiel im kurzen Spiel, abrufbar ist. Wenn wir diese Dinge in den Griff kriegen, dann kann er ein Weltstar werden. Es ist alles da, was dafür nötig ist. Eine seiner auffälligsten Eigenschaften ist die Fähigkeit, immer wieder aufzustehen auch nach echten Rückschlägen. Er ist einfach ein Stehaufmännchen und das braucht man, um ganz vorne mitspielen zu können.“
Zu Stephan Jäger:
„Stephan ist natürlich schon ein Veteran. Muss man ganz klar sagen, du merkst, dass er viel mehr Erfahrung hat und du merkst ihm die Erfahrung an. Aber auch er erlebt hier bei diesem Turnier, ich sag mal, die interessanten Seiten des Golfsports mit Licht und Schatten. Die erste Runde war noch so ein bisschen zäh, aber eine Par-Runde ist in Ordnung, da ist dann noch nichts verloren. Dann spielt er eine überragende zweite Runde mit sieben unter und ist plötzlich in den Top 5. Gestern dann wieder das genaue Gegenteil. Da passieren ein paar Fehler, und dann ist Stephan plötzlich unruhig. Hat nicht die nötige Balance, die du brauchst, um in so einer Situation wieder auf Kurs zu kommen.“
Um im Medaillenrennen mitzuspielen, reicht es am Ende weder bei Schmid noch bei Jäger, obwohl vor allem bei Matti Schmid sicherlich mehr möglich gewesen wäre. „Ja, ich habe die Bälle über das ganze Turnier richtig gut getroffen und meine Fehlschläge waren eigentlich nicht so schlecht, dass da immer gleich Doppelbogeys hätten entstehen müssen. Insgesamt ist es ein bisschen schade, aber in vier Jahren geht es von Neuem los“, so Schmid.
Der Bauchgolfer Jäger hat nur eine Runde lang das Top-Niveau gehabt, das er über vier Runden gebraucht hätte. Insgesamt war er trotzdem zufrieden: „Es war eine sensationelle Woche. Das Golfspiel zwar leider nicht so, wie ich mir das vorgestellt habe. Nur eine Runde wirklich gut, der Rest eher nicht. Aber die Stimmung, einfach großartig. Das olympische Feeling war da. Allein die Standing Ovations an der 18, unglaublich. Das werde ich auf alle Fälle mitnehmen.“
Finaltag Herren Paris 2024
Enttäuscht haben weder Schmid noch Jäger. Beide wollen auf jeden Fall auch in Los Angeles 2028 wieder bei Olympia dabei sein. Vorstellbar ist das. Auch wenn die deutsche Konkurrenz wie zum Beispiel Thomas Rosenmüller und Jeremy Paul, die drauf und dran sind, gemeinsam über die Korn Ferry Tour in die PGA Tour aufzusteigen, mit Sicherheit da noch ein Wörtchen mitreden wird.
Wer hat gewonnen heute? Auf jeden Fall der Golfsport, Golf bei Olympia, die Fans, die Franzosen, die Organisatoren, die Spieler und der Sport ganz allgemein. Die Emotionen, die vielen unglaublichen Momente, die außergewöhnliche Spannung, der Ehrgeiz, der unbändige Wille der Besten, zu gewinnen und das ohne die gewohnten Millionen-Gagen. Alle die live vor Ort dabei waren, haben etwas Außergewöhnliches erlebt. Etwas, was das Fernsehen nur sehr bedingt transportieren kann. Ein Gemeinschaftsgefühl im Wettkampf, eine sportliche Solidarität im Anfeuern der eigenen Spieler, eine kollektive Gänsehauterfahrung, die so nur der Sport und in den letzten vier Tagen vor allem der Golfsport im Le Golf National erzeugen konnte.
Sportlich war der US-Amerikaner Scottie Scheffler mal wieder der Beste. Eine 62er Runde am Ende reichte aus, weil der Engländer Tommy Fleetwood an der 17 noch einen Schlag verlor und an der Achtzehn nicht mehr zurückschlagen konnte. Das internationale Siegertreppchen vervollständigte Hideki Matsuyama aus Japan. Eine sehr passende Länderkombination. Die Tränen der Nummer eins der Welt bei der Siegerehrung belegten dann eindrucksvoll den Stellenwert einer Goldmedaille und die Kraft des olympischen Geistes. Eine Diskussion, ob Golf zu Olympia gehört, dürfte spätestens seit heute obsolet sein.