GolfBiodivers
Positives Fazit für die Startphase
31. Juli 2024 , Petra Himmel
Nach dem ersten Jahr GolfBiodivers zieht Spezialist für Renaturierungsökologie Prof. Dr. Johannes Kollmann ein positives Fazit.
„Die Idee funktioniert“ – Prof. Dr. Johannes Kollmann ist kein Golfer aber kennt sich aus mit Golfern und Golfclubs. Seit 2017 ist der Spezialist für Renaturierungsökologie, der diesen Fachbereich an der Technischen Universität München betreut, immer wieder mit Forschungsarbeiten zum Thema Golf befasst. Die großen Flächen haben ihn von Beginn an gereizt, Berührungsängste mit dem Sport Golf hatte er nicht. Inzwischen koordiniert er auch das bundesweite Forschungsprojekt GolfBiodivers aus universitärer Sicht. 64 Golfanlagen, vier Universitäten, das Bundesamt für Naturschutz und der Deutsche Golf Verband sind beteiligt. 2,7 Millionen Forschungssumme stehen zur Verfügung. Im Hinblick auf das Thema Sport und Biodiversität ist es in Deutschland ein Mammutprojekt.
Nach dem ersten Jahr GolfBiodivers ist Kollmann zufrieden. „Wir haben erste sichtbare Erfolge, wenn ich zum Beispiel an Erding in Bayern denke oder auch an die Wulfsmühle in Schleswig-Holstein.“ Der GC Erding-Grünbach und die Golfanlage Gut Wulfsmühle sind zwei von 16 Golfanlagen, auf denen 2023 standardisiert auf drei Hektar Fläche Aufwertungsmaßnahmen entlang von Waldsäumen oder in Roughbereichen vorgenommen wurden.“ Das Saatgut, mit dem dabei aufgewertet wird, ist für jede Golfanlage speziell zugeschnitten.
Sowohl im Norden Deutschlands als auch im Süden hat man dabei mit den Witterungsverhältnissen gekämpft. „Im Juli hat es nur sieben Tage nicht geregnet“, erinnert sich Pia Tappe von der Universität Kiel an das vergangene Jahr. „Dieses Jahr läuft es besser.“ Ihre Kollegin Dr. Sandra Rojas Botero, die in Bayern als Vertreterin der TUM in Weihenstephan das Projekt koordiniert, schließt sich dem an.
Beide Wissenschaftlerinnen und ihre Teams haben inzwischen mit den Golfanlagen eine gute Arbeitsgrundlage gefunden. Man kennt sich, die Expertise der Greenkeeper wird eingeholt. Rojas Botero war positiv überrascht von der Artenvielfalt, die sich schon vor Beginn des Projektes auf der einen oder anderen Anlage fand. „Die Golfanlage Holledau zum Beispiel, die nun neu hinzugekommen ist, hat wirklich schon sehr schöne Wiesenbestände.“
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Hilfe zur Selbsthilfe
Klar ist dabei: Entscheidend ist nicht der Bestand heute, sondern das, was die Golfanlagen nach der wissenschaftlichen Anleitung durch das Projekt, mit dem erworbenen Wissen anstellen. „Die Mehrzahl der Golfplätze ist bei den Wiesen sehr grasdominiert“, erklärt Rojas Botero. Wie gut sich das ändern lässt, ist zum Beispiel im GC Erding-Grünbach erkennbar, wo sich nun auch Kräuter und kleine Blumen entwickeln.
„Eine Verstetigung des Erfolges wird nur erreicht, wenn die Golfanlagen verstehen, dass dies hier Hilfe zur Selbsthilfe ist“, erläutert Kollmann. Der eine oder andere Verantwortliche aus den Clubs, die sich in Phase 1 erfolgreich beworben hatte, hat das offenbar falsch verstanden. „Vereinzelt trifft man natürlich auf Menschen, die denken, dass das Bundesamt für Naturschutz die Maßnahmen jetzt bezahlt, wir als Wissenschaftler das organisieren und das ist es dann.“
Tatsächlich hängt der Erfolg und der Lernerfolg von GolfBiodivers aber auch sehr stark vom Engagement der Golfanlagen ab. Ein Nebeneffekt, so Kollmanns Erfahrung, ist dabei, dass man sich auf manchen Golfanlagen nun deutlich besser bewusst sei, für welche Flächen überhaupt Förderung möglich sei. Das nämlich erwies sich immer wieder als Stolperstein: Ein Teil der ausgewählten Bereiche werden bei Pächtern oder Golfanlagen bereits in einem anderen Förderprogramm bespielt. „Doppelförderung geht eben nicht,“ macht Kollmann klar.
Geduld ist ein wesentlicher Baustein erfolgreicher Wissenschaft – auch dieser Grundsatz wird den Golfanlagen gerade bewusst. Wer geglaubt hatte, nach dem Aufstellen der speziellen Stimmenrekorder für Vögel oder Insekten, folge prompt eine Bestandsliste für den Club, sieht sich getäuscht. Pia Tappe und Sandra Rojas Botero schmunzeln an dieser Stelle. „Die genaue Erfassung dauert“, erklären beide. Tappe zum Beispiel hat zwar ein KI-Programm, das die Ergebnisse des Stimmenrekordings in eine Auflistung von Arten umwandelt. „Das muss aber dann noch einmal persönlich von einem Mitarbeiter komplett überprüft werden, um Fehler auszuschließen, die die KI im Moment noch macht.“
Bienenbestimmung
Ähnlich schwierig ist die Lage beim Thema Bienen. Die Eier, die durch die Nistfallen, eingesammelt wurden, haben inzwischen eine längere Kühlphase an der Universität Freiburg hinter sich, bevor sie dort ausgebrütet wurden. Ganz entsprechend dem natürlichen Zyklus in der Natur eben. Inzwischen werden die Bienen dort präpariert, dann die Arten bestimmt.
GolfBiodivers ist ein Projekt, bei dem es um das Vorher und das Nachher geht. Am Ende des sechsjährigen Forschungsprojektes wollen Kollmann und seine Kollegen fundiertes Wissen darüber hinterlassen, wie sich Grünflächen, die nicht im Spielbetrieb sind, sinnvoll aufwerten lassen, so dass die Artenvielfalt steigt. Sechs Jahre wird das dauern.
Aber gelernt haben die Verantwortlichen auf den Golfanlagen schon jetzt. Immerhin: „Das beginnt ja schon mit der Auswahl der Flächen“, erklärt Christina Druve von der Golfanlage Wulfsmühle, die seit Jahren viel Interesse für das Thema Ökologie auf dem Golfplatz mitbringt. „Aber selbst, wenn man das Thema berücksichtigen will, ist man dann eben auch oft betriebsblind und erkennt viele Möglichkeiten nicht mehr. Die Wiesen zwischen den Spielbahnen, die wir nun angelegt haben, sind toll. Großartig, dass wir diese Flächen nun so sinnvoll nützen können.“