Weltrangliste

Dominanz der Asiatinnen


21. Februar 2024 , Thomas Kirmaier


Beeindruckende Dominanz: Spielerinnen aus Asien, insbesondere aus Korea, beherrschen seit einiger Zeit die Weltrangliste mit inzwischen unglaublichen Quoten. © Chung Sung-Jun/Getty Images
Beeindruckende Dominanz: Spielerinnen aus Asien, insbesondere aus Korea, beherrschen seit einiger Zeit die Weltrangliste mit inzwischen unglaublichen Quoten. © Chung Sung-Jun/Getty Images

Die besten Golferinnen der Welt kommen aus Asien. Vor allem Korea dominiert die Weltrangliste mit sage und schreibe 30 Spielerinnen in den Top 100. Dafür gibt es Gründe.

Egal ob LPGA oder Ladies European Tour – immer mehr Spielerinnen aus Asien tummeln sich in den vordersten Regionen der Leaderboards. Und sie gewinnen auch öfter Turniere als noch vor fünf, zehn oder mehr Jahren. Auf der LET triumphierten zuletzt Patty Tavatanakit (Thailand) und die erst 19-jährige Shannon Tan aus Singapur. In den vergangenen fünf Jahren gab es sage und schreibe elf Major-Siege für Golferinnen aus Asien. Vor allem die Südkoreanerinnen haben die Weltrangliste inzwischen fest im Griff. Das Land hat 50 Millionen Einwohner und 30 Plätze in den Top 100. Dazu 20 Japanerinnen, sieben Thailänderinnen, drei Chinesinnen und eine Inderin – macht insgesamt mehr als 60 Prozent asiatische Spielerinnen in der Weltspitze.

Woher kommt diese Dominanz? Für Marcus Neumann, Vorstand Sport im Deutschen Golf-Verband, gibt es einen Startpunkt dieses Booms – und der liegt ungefähr um die Jahrtausendwende: „Die Initialzündung hat ganz klar Se-ri Pak gegeben. Sie hat mit ihren Erfolgen samt Major-Siegen etwas ausgelöst in ihrer Heimat und vielleicht auf dem gesamten asiatischen Kontinent.“ 1998 erhielt Pak die höchste Auszeichnung des südkoreanischen Staates für eine Sportlerin. „Die Regierung hat damals erkannt, wie sehr sie die Massen bewegt und der gesamten Nation etwas gegeben hat“, so Neumann. Folglich seien millionenschwere Programme aufgelegt worden, um mehr ähnlich erfolgreiche Vorbilder zu formen.

DGV-Sportvorstand Marcus Neumann traf Se-ri Pak 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokio. Die Koreanerin hat um die Jahrtausendwende einen Boom im asiatischen Damen-Golf ausgelöst.
DGV-Sportvorstand Marcus Neumann traf Se-ri Pak 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokio. Die Koreanerin hat um die Jahrtausendwende einen Boom im asiatischen Damen-Golf ausgelöst. | © Privat


Diese Energie, diese Begeisterung sei auf weitere Länder im asiatischen Raum übergeschwappt. Vor allem im benachbarten Japan ist fortan ebenso sehr viel im Damen-Leistungsgolf passiert. Nicht umsonst ist das Land der aufgehenden Sonne inzwischen zweitstärkste Nation im Ranking. Mit 20 Spielerinnen in den Top 100 der Weltrangliste (Stand: 19. Februar 2024) hat Japan (125 Millionen Einwohner) mehr als Europa (18 mal Top 100 bei 750 Millionen Einwohnern). Für Neumann hat das auch was mit Kultur und gesellschaftlichen Strukturen zu tun: „Asien und Golf – das passt einfach zusammen. Dort wird der Leistungsgedanke noch mehr gelebt, Familien unterstützen die Karrieren ihrer Talente intensiver und mit einer Art All-in-Mentalität, bringen vielleicht noch mehr Opfer für das eine große Ziel“, so der DGV-Sportvorstand.

Und die nächste starke Nation aus Asien ist schon im Kommen. Immer mehr Thailänderinnen dominieren die Leaderboards sowohl auf der LPGA Tour als auch auf der LET. Dazu stößt der Riese China und weitere aufstrebende Stars aus Indien auf die große Bühne. Die USA sind als Dominator im Damen-Golf längst durch starke Asiatinnen abgelöst. 14 Spielerinnen aus den Vereinigten Staaten führt die aktuelle Weltrangliste in den Top 100; diese heißen dann: Lilia Vu, Meghan Khang, Alison Lee, Angel Yin, Rose Zhang, Andrea Lee oder Danielle Kang. Heißt: Viele von ihnen sind ebenso asiatischen Ursprungs.

Paradebeispiele für einen kometenhaften Aufstieg sind Min Byeol Kim und Shin Sil Bang. Die beiden 20-jährigen Koreanerinnen hatten 2022 jeweils ein sensationelles letztes Jahr als Amateurinnen und mischten früh die Profiszene auf. Beide  lieferten derart starke Ergebnisse ab, dass sie plötzlich sogar in der Weltspitze im Fokus standen, während sie in Europa kaum jemand kennt. Inzwischen sind die beiden in den Top 50 der Welt angekommen und die Formkurve kennt nur eine Richtung: steil nach oben. Das Reservoir an jungen, aufstrebenden, neuen Talenten scheint unerschöpflich zu sein.


Und sie werden immer jünger. Es gibt scheinbar eine ungewöhnliche hohe Dichte an übermäßig talentierten und äußerst trainingsfleißigen Spielerinnen aus Asien. Nicht dass Europäerinnen oder US-Amerikanerinnen nicht ebenfalls vieles opferten für eine Karriere auf der LPGA Tour, aber wie drückte es eine ehemalige deutsche Nationalspielerin vor zirka zehn Jahren einmal aus: „Wenn die Deutschen, Britinnen, Spanierinnen und Schwedinnen an Weihnachten oder an Feiertagen heimfahren und Zeit mit Freunden und Familie verbringen, stehen viele Asiatinnen am College auf der Range oder im Bunker und trainieren stundenlang weiter.“

Der Aufstieg des Frauengolfs in Asien ist zweifellos ein positiver Trend für den Sport und die Region, und einer, der sich in den kommenden Jahren fortsetzen wird. Mit einer steigenden Zahl an talentierten Spielerinnen, mehr Turnieren und Veranstaltungen und mehr Sichtbarkeit wird der Frauen-Golfmarkt in Asien zu einer zunehmend attraktiven Option für Marken. „Wir haben in den letzten zehn Jahren eine Revolution im Frauengolf gesehen und es gibt keine Anzeichen dafür, dass es aufhört“, sagte Schwedens Golf-Ikone Annika Sörenstam dem Sportfive Magazine. Nation Nummer eins: Korea. Das Land hat sage und schreibe 88 Spielerinnen in den Top 300 der Weltrangliste. Eine unglaubliche Quote.

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