LIV Golf

Geschwätz von gestern


1. Februar 2024 , Daniel Dillenburg


Spielt 2024 seine erste Saison auf der LIV Tour: Jon Rahm.
Spielt 2024 seine erste Saison auf der LIV Tour: Jon Rahm. | © golfsupport.nl/John Adams/ism

Spieler, die einst voll und ganz hinter der PGA Tour standen, wechseln irgendwann doch zu LIV und verlieren dadurch ihre Glaubwürdigkeit. Wir blicken auf den offensichtlichen Sinneswandel einiger Topstars wie Jon Rahm, Brooks Koepka und Phil Mickelson.

Treuebekenntnisse und Wechseldementi, die sich schon bald als leere Worthülsen entpuppen, kennt man aus der Welt des Profisports zu genüge. Doch lange Zeit schien zumindest der Golfsport gegen das heuchlerische Gerede gefeit. Logisch: Beim Golf handelt es sich in erster Linie um einen Einzelsport, bei dem Vereinswechsel wie im Fußball oder anderen Mannschaftsportarten ausgeschlossen sind.

Dies änderte sich 2022, als die LIV Golf League das Licht der Welt erblickte. Es stellte sich für viele Spieler plötzlich die Frage: PGA Tour oder die neue finanzstarke Tour aus Saudi-Arabien? Und siehe da: Etliche Topstars mussten sich positionieren und verloren dabei schnell ihre Glaubwürdigkeit. „Ich bleibe der PGA Tour treu – oder vielleicht doch nicht?“

Ganz getreu dem Motto „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ blicken wir auf einige Aussagen von bekannten Golfspielern, die innerhalb kurzer Zeit eine 180-Grad-Wende vollzogen und nach anfänglichen Wechseldementi plötzlich doch voller Überzeugung den Weg zu LIV antraten. Aber gut: Den Meinungswechsel haben sich alle Akteure fürstlich vergüten lassen.

Dustin Johnson

Der damals Weltranglistensechste und zweimalige Major-Champion gab am 20. Februar 2022 über die PGA Tour eine Erklärung ab, in der er sich voll und ganz der PGA Tour verpflichtet fühlt: „In den letzten Monaten gab es viele Spekulationen über eine alternative Tour; viele davon schlossen mich und meine Zukunft im professionellen Golf ein. Ich denke, es ist jetzt an der Zeit, diese Spekulationen zu beenden. Ich stehe voll und ganz hinter der PGA Tour. Ich bin dankbar für die Möglichkeit, auf der besten Tour der Welt zu spielen und für alles, was sie mir und meiner Familie geboten hat.“

Ist längst bei LIV zuhause: Dustin Johnson.
Ist längst bei LIV zuhause: Dustin Johnson. | © golfsupport.nl/Rich Graessle/ism


7. Juni 2022: „Es ist schwer, über die Konsequenzen zu sprechen, die dies haben könnte, aber ich habe meine Mitgliedschaft auf der PGA Tour aufgegeben und das ist der Plan für jetzt.“ Johnson tauchte auf der Startliste für das erste Turnier der LIV Golf Series auf und sagte weiter: „Letztendlich habe ich mich entschieden, das hier zu tun. Ich bin begeistert von diesem Projekt.“ Dass er damit seine Teilnahme am Ryder Cup aufs Spiel setzt, hinderte ihn nicht am Wechsel. „Der Ryder Cup ist natürlich großartig und hat mir viel bedeutet. Ich hoffe, dass ich die Chance bekomme, es wieder zu tun, aber ich mache nicht die Regeln. Ich habe mich für das entschieden, was das Beste für mich und meine Familie ist.“

Bryson DeChambeau

Am selben Tag wie Dustin Johnson veröffentlichte auch Bryson DeChambeau sein, wie sich bald herausstellte, halbschariges Treuebekenntnis zur PGA Tour: „Es gab zwar viele Spekulationen über meine Unterstützung für eine andere Tour, aber ich möchte klarstellen, dass ich, solange die besten Spieler der Welt auf der PGA Tour spielen, dies auch tun werde. Im Moment konzentriere ich mich darauf, gesund zu werden und bald wieder an Wettkämpfen teilzunehmen. Ich weiß die ganze Unterstützung zu schätzen.“

Schnitt. 7. Juni 2022. Auch DeChambeau ist beim LIV-Auftakt dabei und sagt: „Ich denke, das ist das Beste, was dem Golfsport je passieren konnte. Die Fans werden bekommen, was sie wollen, die Spieler werden etwas anderes erleben, etwas Neues, aber ich glaube wirklich, dass das Golfspiel gewinnt. Mir tun die Spieler der PGA Tour leid, weil ihnen etwas gesagt wurde und etwas anderes passiert ist, und uns wurde etwas gesagt und es ist eingetreten. Aus meiner Sicht stinkt es ein wenig, dass die PGA-Tour-Spieler nicht unbedingt gewinnen. Ich hoffe, dass sie einen Weg finden, um sicherzustellen, dass sie auf die gleiche Weise geschätzt werden wie wir bei LIV.“

Pat Perez

Einige Tage vor Dustin Johnson und Bryson DeChambeau äußerte sich bereits Pat Perez zum damals alles dominierenden Thema: Wer geht zu LIV und bekommt die PGA Tour ein Problem? Perez war im Vorfeld des Genesis Invitationals am 16. Februar noch ganz klar pro PGA Tour: „Unsere Preisgelder sind gestiegen. Jay Monahan [Chef der PGA Tour, Anm. d. Red.] hat phänomenale Arbeit geleistet, um unsere Preisgelder zu erhöhen. Wir haben jetzt Zwölf-Millionen-Dollar-Events, 20-Millionen-Dollar-Events und sie werden immer weiter steigen. Ich habe gehört, dass der FedExCup-Sieger in fünf Jahren 52 Millionen Dollar gewinnen wird. Das ist ziemlich beeindruckend, und das sollte er auch. Jay und die Tour machen, soweit ich weiß, einen phänomenalen Job.“

Gegenüber den Plänen der LIV Tour äußerte er sich dagegen äußerst kritisch: „Sie reden davon, dass das Spiel wachsen soll. Ich kann nicht erkennen, wie diese Gruppe dort drüben das Spiel voranbringt.“ Die PGA Tour dagegen tue „phänomenale Dinge für die Orte, die wir besuchen. Sie haben jetzt Programme für Unterprivilegierte. So lässt man das Spiel wachsen.“

Dustin Johnson und das nötige Kleingeld zogen ihn zu LIV: Pat Perez.
Dustin Johnson und das nötige Kleingeld zogen ihn zu LIV: Pat Perez. | © golfsupport.nl/John Smolek/ism


11. Juni 2022: Perez kann es gar nicht mehr erwarten, endlich auf der LIV Tour zu spielen. „Ich bin seit 21 Jahren auf der Tour und habe drei Siege und 335 Cuts, aber DJ [Dustin Johnson, Anm. d. Red.] wollte mich in seinem Team haben, und man hat die Möglichkeit, einem Weltklassespieler wie ihm zu folgen, mit zwei Majors und einem FedExCup, 24 Siegen und der ehemaligen Nummer eins für eine wirklich lange Zeit. Es ist wirklich eine Ehre, an seiner Seite und in seinem Team zu sein. Und ich bin jetzt noch motivierter, aus welchem Grund auch immer. Ich bin einfach so aufgeregt, dass ich dieses nächste Kapitel in meinem Leben aufschlagen kann, wie ich schon sagte, ich habe 21 Jahre lang auf der PGA Tour gespielt, es war eine tolle Zeit auf der PGA Tour - tolle Leute und alles.“

Einige Monate später, als sein Team den Gesamtsieg feierte, legte Perez nach und sagte: „All die Rückschläge, all die negativen Kommentare, alles, was wir bekommen haben, ist mir im Moment wirklich egal. Ich meine, es ist mir egal. Ich werde bezahlt. Es ist mir scheißegal.“

Brooks Koepka

Am 9. Februar 2022 machte Brooks Koepka klar: „Es ist schon seit langem klar, dass ich auf der PGA Tour spielen werde und dort bleibe. Ich bin sehr glücklich. Ich denke, sie machen die Dinge auf die richtige Weise. Das sind Leute, mit denen ich gerne Geschäfte mache. Ich bin glücklich, hier zu sein. Und ich spreche nicht wirklich mit vielen anderen Spielern darüber.“

Keine fünf Monate später lagen diese Aussagen bereits im Mülleimer und Koepka hatte seine Meinung geändert. Der US-Amerikaner wechselte für gut 100 Millionen US-Dollar zu LIV. „Ich fühle mich sehr wohl mit der Entscheidung, die ich getroffen habe. Ich bin sehr glücklich und habe das getan, was für mich am besten war.“

Joaquin Niemann

Der Chilene war nicht von Beginn an Teil der LIV-Familie. Bei der US Open 2022 beteuerte er noch, dass er nirgendwo hingehe. Immerhin spielten die besten Spieler der Welt auf der PGA Tour. „Keine Chance. Wenn ich 40 wäre? Vielleicht wäre es dann anders.“

Sag niemals nie: Joaquin Niemann verließ die PGA Tour dann doch.
Sag niemals nie: Joaquin Niemann verließ die PGA Tour dann doch. | © golfsupport.nl/Lee Coleman/ism


Niemann schien schneller gealtert zu sein als üblich. Zwei Monate später wurde der damals 23-Jährige als LIV-Neuzugang bekanntgegeben.

Harold Varner III

Im März 2022 saß er noch mit PGA-Boss Jay Monahan zusammen und versicherte, dass er die PGA Tour immer unterstützen werde, wenn sie ihn braucht. „Ich möchte auch weiterhin dabei sein.“ Harold Varner III unterstrich diese Aussage wenige Monate später in einem Interview: „Ich gehe natürlich nicht [zu LIV, Anm. d. Red.]. Ich habe mit Jay Monahan gesprochen, ich habe mit vielen Leuten gesprochen, zu denen ich aufschaue, und es war es mir einfach nicht wert, was es wert war. So einfach ist das.“

Aus dem Unterstreichen wurde bald ein Durchstreichen. Am 11. August 2023 ließ Varner III verlauten: „Leute, die dir sagen, dass Geld dich nicht verändert, sind dumm. Ich kann vielen Menschen helfen, ich kann tun, was ich will und wann ich es will. Das ist der Grund, warum Menschen arbeiten, es ist ein Job.“ Und diesen Job übte er ab dem Moment auf der LIV Tour aus.

Phil Mickelson

Kommen wir zu einem ganz speziellen Fall: Phil Mickelson stand gefühlt immer zwischen den Stühlen. Zum einen bezeichnete er die PGA Tour als „unverschämt gierig“. Zum anderen vergriff er sich in einem Interview, das am 17. Februar 2022 veröffentlicht wurde und in dem es um Saudi-Arabien und ihre Vorstöße im Golf ging, gehörig im Ton: „Das sind furchterregende Mistkerle, mit denen man sich einlässt.“ Aber Mickelson lasse sich mit diesen Menschen ein, um auf lange Sicht die PGA Tour zu verbessern. „So nett Jay Monahan auch sein mag, wenn man kein Druckmittel hat, wird er nicht das Richtige tun. Und das saudische Geld hat uns endlich dieses Druckmittel gegeben. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt will, dass die Saudi Golf League Erfolg hat, aber allein die Vorstellung davon ermöglicht es uns, Dinge mit der PGA Tour zu erreichen.“

Ruderte nach seiner Saudi-Kritik schnell zurück: Phil Mickelson.
Ruderte nach seiner Saudi-Kritik schnell zurück: Phil Mickelson. | © golfsupport.nl/John Smolek/ism


Wenige Tage später entschuldigte sich Mickelson für seine Wortwahl gegenüber Saudi-Arabien: „Es war leichtsinnig, ich habe Menschen beleidigt, und meine Wortwahl tut mir sehr leid.“ Der mehrmalige Major-Sieger war vom Start weg Teil der LIV Golf League und rechtfertigte seinen Wechsel, als er auf die Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien angesprochen wurde, am 8. Juni wie folgt: „Ich sagte bereits, dass ich Menschenrechtsverletzungen nicht gutheiße. Ich weiß nicht, wie ich mich noch deutlicher ausdrücken kann. Ich verstehe Ihre Frage, aber noch einmal: Ich liebe dieses Golfspiel. Ich habe gesehen, wie viel Gutes es bewirkt hat, und ich sehe die Möglichkeit für LIV Golf, viel Gutes für das Spiel in der ganzen Welt zu tun, und ich freue mich darauf, Teil dieser Möglichkeit zu sein.“

Jon Rahm

Kommen wir zum jüngsten Beispiel eines Golfstars, der abrückte von seiner einst eingenommenen Haltung. Als amtierender Masters-Champion löste Jon Rahm ein kleines Erdbeben aus, als er Ende 2023 seinen Wechsel zu LIV bekanntgegeben hatte. Dabei gehörte auch der Spanier zu den Spielern, die sich ziemlich früh positionierten. Im Februar 2022 hieß es: „Ich wollte diese Zeit nutzen, um zu sagen, dass dies mein offizielles, mein einziges Mal ist, um darüber zu sprechen, wo ich offiziell meine Treue zur PGA Tour erkläre. Ich bin Mitglied des PAC [Player Advisory Council, Anm. d. Red.] und habe großes Vertrauen in Jay Monahan und das Produkt.“

Es habe viel Gerede und Spekulationen über die saudische Liga gegeben, aber Rahm glaube einfach nicht, dass es das Beste für ihn und seine Zukunft im Golfsport sei. „ich denke, das beste Vermächtnis, das ich erreichen kann, ist auf der PGA Tour.“ Wenig überraschend, sollte dies nicht das einzige Mal blieben, dass Rahm über LIV spricht. Bei der US Open 2022 fand er in einer Pressekonferenz deutliche Worte: „Ich sehe einige der - ich will es vorsichtig ausdrücken - Punkte oder Argumente, die sie [Spieler, die zu LIV gewechselt sind, Anm. d. Red.] anführen, warum sie es bevorzugen. Um ehrlich zu sein, ist ein Teil des LIV-Formats für mich nicht wirklich ansprechend. Ein dreitägiges Turnier mit Kanonenstart und ohne Cut ist für mich kein Golfturnier. So einfach ist das.“

Im August 2023 wurden die Gerüchte rund um einen Wechsel von Rahm zu LIV immer heißer. Der zweimalige Major-Sieger entgegnete: „Ich lache, wenn die Leute Gerüchte über mich und LIV Golf verbreiten. Ich habe das Format nie gemocht. Und ich habe immer eine gute Zeit mit Phil Mickelson und Sergio Garcia in den Trainingsrunden der Majors. Phil respektiert meine Entscheidung, und ich respektiere seine Entscheidung. Mickelson hat mir gesagt, dass ich keinen Grund habe, für LIV zu spielen, und er hat mir das mehrfach gesagt.“ Nur vier Monate nach dieser Aussage platzte die Bombe: Rahm verlässt die PGA Tour in Richtung Mickelson, Garcia und Co.


Der Wechsel sei „das Beste für mich und meine Familie“, sagte Rahm, der um die 500 Millionen US-Dollar erhalten soll. Außerdem sei der Teamaspekt „absolut entscheidend“. Er sagte, er mag das LIV-Produkt und das Geschäft und seine Entscheidung habe nichts mit Mickelson oder Garcia zu tun. In einem ersten Interview verwendete Rahm mehrmals den Ausdruck „das Spiel weiterentwickeln“. Und er stellte sich schnell auf die Seite der laufenden Sportinvestitionen Saudi-Arabiens. So schnell kann es manchmal gehen mit dem Sinneswandel. Aber soll Konrad Adenauer doch einst gesagt haben: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern.“

Am 2. Februar beginnt die neue LIV-Saison in Mexiko. Es bleibt abzuwarten, zu welchen spannenden Aussagen sich die Spieler in diesem Jahr hinreißen lassen.