Ted Long
„Für Team USA war der Ryder Cup ein Schulausflug“
6. Oktober 2023 , Thomas Kirmaier
Ted Long ist vielleicht der bekannteste US-Amerikaner in der deutschen Golfszene. Der 63-Jährige hat zahlreiche Talente zu Champions und Tour-Spielern geformt. Golf.de hat mit dem Coach, der im GC Mannheim-Viernheim zu Hause ist, über die Enttäuschung von Team USA beim Ryder Cup in Rom gesprochen.
Ted, warum hat Rickie Fowler den entscheidenden Putt zum Sieg beim Ryder Cup einfach hergeschenkt? Es war immerhin ein knapper Meter. Wusste er nicht um die Bedeutung dieser Entscheidung?
Dafür gibt es eigentlich keine gute Antwort. Ich denke, es gab einfach keine Kommunikation zwischen Spielern und Coaches. Hätte es eine gegeben, hätte er das nie gemacht. Es ist fast davon auszugehen, dass Fowler der Meinung war, der Ryder Cup sei bereits entschieden. War er aber nicht. Das zeigt doch nur, wie wenig entschlossen, die USA waren, das Ding zu gewinnen.
In der Tat wirkte Team USA gespalten. Also war es kein Team, sondern nur eine Ansammlung egoistischer Stars?
Ich bin der Meinung, das war eher eine Art Schulausflug für sie. Die Spieler hätten im Vorfeld an der Italian Open teilnehmen können. Haben sie nicht. Als Trainer hätte ich die US-Teilnehmer außerdem verpflichtet, vor dem Ryder Cup die Events in Irland zu spielen, die BMW PGA Championship in Wentworth oder die Open de France, damit sie mental stark nach Italien kommen. Aber auch das haben sie nicht. Selbst bei der Proberunde waren drei Spieler überhaupt nicht dabei. Das ist eine Katastrophe.
Wer konnte aus dem Team USA überhaupt überzeugen?
Ich fand Patrick Cantlay sehr gut. Er hat am zweiten Tag die Stimmung aufgebaut und mit seinem Sieg am Samstagabend nochmal für Hoffnung gesorgt. Außerdem hat mich Max Homa überzeugt. Nicht nur, weil er einen großartigen Schwung hat, sondern weil seine Einstellung sehr gut war. Der Rest war eigentlich ziemlich enttäuschend.
Was muss passieren, dass Team USA in zwei Jahren beim Turnier in New York gewinnt?
Es gibt drei Dinge, die du bei so einem Team-Event kontrollieren musst: Energie, Emotion und Erwartung. Die Erwartung ist klar: Die Spieler wollen gewinnen. Aber an Energie und Emotionen war diesmal null im Team USA. Du musst deinem Gegner vom ersten bis zum letzten Schlag zeigen, dass du nicht als Tourist da bist, der dir einen Putt schenkt, sondern als Gegner, der dir in den Hintern treten will. Der Grund, warum die USA immer zu Hause gewinnen, sind die Zuschauer, weil die mit ihrer lautstarken Anfeuerung genau für diesen Spirit und für die Energie sorgen. Team USA ist außerdem aktuell meilenweit davon weg, gute Foursomes zu spielen. Das musst du mit Experten üben. Es bringt nichts, die Pairings nach Sympathie zusammenzustellen. Du musst so aufstellen, dass es von der Spielstrategie her passt. Die Europäer haben das richtig gemacht.
Muss man also Zach Johnson eine Mitschuld an der Pleite geben?
Zach Johnson ist bestimmt ein guter Typ, aber motivieren kann er nicht. Und ein Team führen auch nicht. Was mich wirklich gestört hatte, war das Verhalten der Spieler am ersten Tag, als es wirklich gar nicht gut gelaufen ist. Als Jon Rahm seinen Putt zum Eagle gelocht hat, saßen oder lagen die US-Spieler hinter dem Grün einfach nur da wie im Urlaub. Das war eine Katastrophe. Wenn dein Match vorbei ist, musst du raus und deine Mitspieler anfeuern. Was wir aber alle nicht wissen, was im Hintergrund passiert. Was Zach Johnson wirklich zu melden hatte in Team USA?
Warum gewinnen die USA seit 30 Jahren keinen Ryder Cup mehr auf europäischem Boden?
Weil sie die Aufgabe nicht verstanden haben. Sie glauben, sie haben laut World Golf Rankings die besten Spieler in ihren Reihen, also muss das reichen. Im Matchplay-Teamwettbewerb gewinnen nicht immer die besten Spieler. Eine Mannschaft für so ein großes Event musst du über Jahre aufbauen und formen. Wenn Spieler im Ranking stehen und für die USA Ryder Cup spielen wollen, müssen sie gewisse Standards einhalten.
Also ist Tiger Woods die beste Wahl als US-Kapitän für den Ryder Cup 2025?
Das glaube ich nicht, denn Tiger Woods interessiert sich in erster Linie für Tiger Woods. Er würde sicher eine schlagkräftige Mannschaft aufstellen, weil er genau weiß, was zu tun ist und wie man gewinnt. Aber in meinen Augen ist Phil Mickelson die beste Wahl als US-Captain. Warum? Weil er kein Problem hat, den Gegner zu provozieren, was eigentlich nicht schlecht wäre.
Danke für das Gespräch!
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