Team-EM 2023
Learning by Doing
11. Juli 2023 , Christopher Tiess
Bei der Team-EM der Mädchen tritt die deutsche Mannschaft mit einem jungen Aufgebot an und taucht in die Eindrücke des internationalen Wettbewerbs ein. Den ersten Tag der Zählspiel-Qualifikation beenden die Bundesadler auf Platz elf, mit sechs Schlägen Differenz zu Platz acht.
Wiesbaden. Die Mannschafts-Europameisterschaften der Mädchen finden in diesem Jahr im Golf D’Hossegor statt. Hier an der südfranzösischen Atlantikküste wird Frankreich versuchen, seinen Heimvorteil zu nutzen und den zweiten Titel in Folge zu gewinnen. Denn auch im Vorjahr in Island waren die Le Bleu erfolgreich. Allerdings wird den Gastgeberinnen das Feld nicht kampflos überlassen. Denn gerade mit den typischerweise starken Schwedinnen und Spanierinnen ist auch in diesem Jahr zu rechnen.
Gespielt wird im 1927 gegründeten Golfclub Hossegor. Der Platz selbst wurde 1930 eröffnet. Im Jahr 2003 war Cabell Robinson dafür verantwortlich, das Platzdesign und insbesondere die Lage der Abschläge, der Grüns und der Bunker an die modernen Spielbedingungen anzupassen. Die letzte Anpassung wurde im Jahr 2012 vorgenommen. Heute spielt man den Golf D’Hossegor als anspruchsvollen, smart zu spielenden Platz mit einem hohen Maß an Naturnähe.
Das deutsche Team reist mit dem Luxus an, sich nicht als Favorit messen lassen zu müssen. Viel mehr ist Bundestrainer Sebastian Rühl mit einer sehr fähigen und im nationalen Vergleich sehr starken Auswahl angereist, die sich im internationalen Raum jedoch noch ihre Sporen verdienen muss. Mit dabei sind Marie-Agnes Fischer (Münchener GC), Lotte Schuhr (GC St. Leon-Rot), Antonia Steiner (GC Hubbelrath), Emma Delwes (GC Hannover), Rosalie Stadler (G&LC Berlin-Wannsee) und Nina Hölzenbein (Mainzer GC).
Delwes mit ärgerlichem Finish
Die Devise für die diesjährige Ausgabe der Team-EM lautet also vor allem: Erfahrungen sammeln und in das Spiel einbauen. Wie der Turniermodus im Detail funktioniert, ist weiter unten beschrieben. Nach der ersten von zwei Zählspielrunden stehen die jungen Deutschen jedenfalls auf Platz elf. 376 Schlägen (+21) haben sie dabei kumuliert. Damit sind sie schlaggleich zur Schweiz und sechs Schläge entfernt von Irland (370; +15). Das irische Team steht auf Platz acht - und das ist der letzte Platz, der für den „Flight A“ qualifiziert ist. Auf Rang eins stehen die Mädchen aus Spanien mit 354 Schlägen (-1), sie sind das einzige Team mit einem Unter-Par-Ergebnis. Immerhin, die Positionsbestimmung ist erfolgt. Und der zweite Turniertag bringt noch jede Menge Golf mit sich.
Die beste deutsche Runde hat Emma Delwes gespielt. Die Niedersächsin brachte eine 71 (Even Par) ins Clubhaus. In der Einzelwertung steht sie damit auf dem geteilten zehnten Platz. Und wäre das ärgerliche Bogey-Doppelbogey-Finish nicht gewesen, würde sie jetzt wohl mit 68 Schlägen (-3) auf T2 stehen. Doch gerade auf der Abschlussbahn ging ihr Abschlag zuerst in einen Baum und danach noch zwanzig Meter weiter in einen Busch. Er wurde nicht mehr gefunden. Den provisorischen Ball spielte sie dann Par - aber die zwei Schlagverluste hatte sie nun im Score.
Delwes resümiert ihre Eindrücke: „Ich finde den Platz sehr schön. Er ist aber auch sehr schwer und man muss hier wirklich alles gut können. Du musst gut aus der Teebox kommen. Du musst Deine Eisenschläge gut planen. Und wenn man den Schuss mit den Eisen auf die falsche Seite spielt, muss man schauen, dass man trotzdem noch einen angenehmen Chip hat. Ich bin mit meiner Runde an sich sehr zufrieden, wobei ich sie natürlich ziemlich doof beendet habe. Ich hatte aber auch Highlight, wie zum Beispiel das Chip In an Bahn neun. Und auch an schweren Bahnen konnte ich echt gute Birdies spielen. Ich hatte gute Eisenschläge, gute Chips.“
Und Delwes führt fort: „Morgen mache ich das Gleiche, nur dass ich an Bahn 17 und 18 vielleicht mit zwei Birdies oder Birdies und Par aufhöre. Der Vibe im Team ist total gut. Und wir haben richtig Bock, morgen nochmal alles zu geben, um unter die besten Acht zu kommen. Wir freuen uns auf die Runde!“ Lotte Schuhr hat eine 74 (+3) einfahren können. Marie Agnes Fischer und Antonia Steiner haben beide eine 75 (+4) unterschrieben. Steiner konnte gerade erst vor wenigen Tagen als Teil des kontinental-europäischen Teams die Junior Vagliano Trophy verteidigen.
Unterwegs mit Entwicklungsauftrag
Steiner hat also bereits etwas internationale Erfahrung und zieht für sich ein selbstkritisches Fazit: „Das hier ist ein mega Turnier und eine mega Organisation, ganz wie man es von der EGA gewohnt ist. Der Turnierplatz ist einer der besten Golfplätzen die ich je gespielt habe. Er erfordert sehr viel Können -und zwar nicht nur rein golferisch sondern vor allem auch taktisch. Ich bin sehr glücklich, die Chance bekommen zu haben, bei so einem Turnier mitspielen zu dürfen. Es lief heute nicht so besonders gut für mich, doch ich bin der festen Überzeugung, dass ich die Fehler von heute nicht wiederhole und, dass ich morgen mit dem gleichen Ehrgeiz für das Team kämpfen werde.“
Rosalie Stadler und Nina Hölzenbein haben beide eine 81 (+10) gescored. Vor allem Hölzenbein konnte sich im Rundenverlauf steigern und bewertet den Tag wie folgt: „Der Platz ist super kniffelig und schwierig zu spielen. Aber er ist in einem super Zustand. Ich liebe die Herausforderung und es macht viel Spaß, ihn zu spielen. Mit meinem Spiel war ich zum Anfang nicht so zufrieden, aber auf den Back Nine habe ich mich gefangen und versucht, meinen Score reinzubringen.“
Und Coach Sebastian Rühl zieht ebenfalls ein differenziertes Fazit: Wir sind auf einem ganz beeindruckenden Golfplatz. Der Platz ist knackig und genau das Richtige für diese Gruppe. Denn fünf der sechs Mädels haben noch keine EM gespielt. Und die sechs Mädels sind auf nationaler Ebene sehr gut, aber nun ist es wichtig, dass sie den nächsten Schritt machen. Wir sind hier also mit einem starken Entwicklungsauftrag unterwegs, um die nächste Generation auf den internationalen Wettkampf vorzubereiten. Der Prozess ist hier das Entscheidende. Wir sind, was die Scores angeht, gut dabei. Wir haben auch noch etwas Luft nach oben, und zwar nicht nur, was die Scores angeht, sondern viele Dinge, die im individuellen Bereich liegen.“
Der Turniermodus im Überblick
Insgesamt treten im Rahmen der Mannschafts-Europameisterschaften 88 verschiedene Teams mit 528 Golfer aus 29 Ländern gegeneinander an. Dafür werden vom 11. bis 15. Juli (Dienstag bis Samstag) sechs separate Turniere an fünf Austragungsorten in fünf verschiedenen Ländern ausgetragen. Um den Europameistertitel wird dabei allerdings lediglich in vier Veranstaltungen gekämpft, unterteilt in die Kategorien Männer, Damen, Jungen und Mädchen. Die beiden weiteren Turniere sind Wettkämpfe der Division 2. Diese Turniere bieten Männer- und Jungenmannschaften die Möglichkeit, in die ersten Divisionen aufzusteigen.
Die vier tatsächlichen Meisterschaften funktionieren jeweils wie folgt: Jedes Team besteht aus sechs Spielern und die insgesamt fünf Turniertage gliedern sich auf. An den ersten beiden Tagen werden zwei Runden Zählspiel-Qualifikation gespielt. Die fünf besten Ergebnisse jeder Runde zählen für das Teamergebnis - das höchste Ergebnis wird hingegen jeweils gestrichen. Die besten acht Teams aus der Zählspiel-Phase qualifizieren sich für den „Flight A“. Nur hier wird um die Meisterschaft und die weiteren Platzierungen gekämpft. Die nächsten acht Teams treten in Flight B an, die restlichen Teams in Flight C.
An den dann folgenden drei Tagen treten die Nationen im Matchplay gegeneinander an. Es werden vormittags zwei Vierer und nachmittags fünf Einzel ausgespielt. In der ersten Matchplay-Runde, dem Viertelfinale, spielt das beste Team der Zählspiel-Qualifikation gegen Platz acht. Platz zwei spielt gegen Platz sieben und so weiter. Die jeweils siegreichen Mannschaften rücken in ihren Gruppen vor und spielen weiter um den Titel der Europameister.
Die unterlegenen Teams und alle, die keine Chance auf Medaillen haben, spielen das Turnier in einem vereinfachten Format weiter. Hier werden lediglich noch ein Vierer und vier Einzel gegeneinander ausgetragen, um die endgültige Platzierung zu ermitteln. Wer die Europameisterschaft gewinnen will, muss sich also zunächst für den Flight A qualifizieren und dann alle drei Matchplay-Runden gewinnen. Aber es geht nicht nur um das Siegen, denn zumindest bei den Herren- und Jungenturnieren steigen die letzten drei Mannschaften ab und starten in der Saison 2024 in der Division 2.