Bettina Hauert
„Die LET ist endlich wieder im Aufwind“
12. Mai 2023 , Thomas Kirmaier
Bettina Hauert war selbst jahrelang als Tour-Spielerin unterwegs und auch schon für Team Europa beim Solheim Cup dabei. Die 40-Jährige arbeitet als Professional im Kölner GC und feierte 2022 ihre Premiere als Kommentatorin. Golf.de hat mit ihr über dieses neue Erlebnis, Frauen im Golfsport und die Stars von heute gesprochen.
Frau Hauert, wann und wo war Ihre letzte Golfrunde?
Das war am vergangenen Sonntag im Golfclub Weselerwald. Dort habe ich mit zwei meiner Jugendlichen eine Proberunde gespielt, um uns auf das AK12-Ranglistenturnier hier in Nordrhein-Westfalen vorzubereiten. Das hat Spaß gemacht.
Sie waren einige Jahre auf der LET unterwegs. Was würden Sie als Ihren größten sportlichen Erfolg einordnen?
Das war definitiv die Qualifikation zum Solheim Cup 2007. Das war ein Turnier in Wales, bei dem ich in den Top 5 oder Top 10, das weiß ich gar nicht mehr so genau, landen musste. Damals bin ich Zweite geworden und habe mir damit das Ticket für den Solheim Cup geholt. Das war sicher mein größter sportlicher Erfolg.
Sie waren damals nach Elisabeth Esterl erst die zweite Deutsche, die am Solheim Cup teilnehmen durfte. Welche Momente von damals sind in Erinnerung geblieben?
Das war ein großartiges Event. In Erinnerung bleibt da sicher, wie du durch den Tunnel ans Tee kommst und die Zuschauer dich anfeuern. Da kommt eine Energie rüber, das kann man sich kaum vorstellen. Auf der anderen Seite dann die riesengroße Enttäuschung, dass wir verloren haben. Das war schon sehr ergreifend.
Wie haben Sie die Tour damals erlebt und wie hat sich die Damen-Serie im Vergleich zu heute verändert?
Damals, als ich noch spielte, war die Tour gerade im Begriff, schwächer zu werden. Es gab immer weniger Turniere und immer weniger Preisgeld. Dann gab es einen Aufschwung, der durch Corona zwangsweise wieder einen kleinen Knick erleben musste. Aber jetzt auf einmal geht es wieder nach vorne. Es gibt wieder mehr Turniere und mehr Sponsoren. Vor allem im Social-Media-Bereich sieht man deutlich, dass plötzlich viel mehr Aufmerksamkeit da ist für die LET. Da kann man schon deutlich sehen, dass es eine positive Entwicklung gibt. Damals gab es maximal Livescoring und heute Interviews, Hintergrundgeschichten und die Spielerinnen haben ihre eigenen Kanäle. Das ist sicher der größte Unterschied, dass inzwischen viel mehr passiert rund um die LET. Und das ist gut so.
Im Vorjahr feierten Sie ihr Debüt als Kommentatorin beim Amundi German Masters. Wie war das für Sie, plötzlich auf der anderen Seite zu stehen?
Das hat sehr viel Spaß gemacht und ich freue mich sehr auf die beiden Events, die ich in diesem Jahr noch kommentieren darf. Ich werde beim Amundi German Masters wieder dabei sein und auch das LET-Finale begleiten dürfen. Das wird toll. Ich war anfangs unheimlich aufgeregt, habe dann aber schnell gemerkt, dass es doch sehr viel Spaß macht. Ich könnte mir durchaus vorstellen, das öfter zu machen, weil es echt eine Freude ist, die Mädels spielen zu sehen und zu verfolgen, welche Entscheidungen sie auf dem Platz treffen. Das ist schon etwas Besonderes.
Damen-Golf wird im Vergleich zu den Herren in der Öffentlichkeit immer noch zu wenig wahrgenommen, oder?
Natürlich wird es immer noch nicht ausreichend gezeigt und wahrgenommen. Da kommen wir schnell zur aktuellen Diskussion um Themen wie Gleichberechtigung und Equal Pay. Damen-Golf ist in gewisser Weise ein Produkt und das muss für Sponsoren interessant werden. Und wie wird es das? Eigentlich nur dann, wenn die Media-Coverage ähnlich hoch ist wie bei den Jungs. Aber da hinken wir leider noch hinterher. Daher ist es unbedingt erforderlich, dass dem Damensport die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt wird wie dem Herrenbereich. Und damit meine ich nicht nur im Golfsport, das betrifft ja auch zahlreiche andere Disziplinen, die darum kämpfen müssen, es wie die Herren zur Prime Time in die Medien zu schaffen.
LIV Golf also auch schon bald für Frauen?
Da fehlt mir das Insider-Wissen, aber soweit ich weiß, laufen da im Hintergrund bereits Gespräche zwischen LIV Golf und der LPGA Tour, bei denen es vielleicht deutlich friedlicher und kooperativer im Sinne des Damengolfsports zugehen könnte als zwischen LIV und PGA Tour. Da stehen natürlich auch moralische Aspekte im Raum, aber es muss und kann ja jeder selber entscheiden, für welchen Arbeitgeber er tätig sein möchte. Ich finde das immer schwierig, den moralischen Zeigefinger zu heben.
Was machen Frauen im Golf-Unterricht anders als Männer oder anders gefragt: Müssen Männer anders gecoacht werden als Frauen?
Tatsächlich ist es so, dass immer wieder Golfer zu mir kommen und Training buchen, weil ich eine Frau bin. Das betrifft Männer wie Frauen. Ich stelle aber, was das betrifft, eigentlich keinen Unterschied fest. Das ist zumindest in meinem Training deutlich weniger Geschlechter spezifisch als viel mehr eine Frage der Persönlichkeitsstruktur. Schaffe ich es, diese Person abzuholen, ihr sinnvoll zu helfen, sie weiterzubringen. Da ist es eigentlich völlig unerheblich, ob Mann oder Frau, ob Junge oder Mädchen.
Was macht Bettina Hauert, wenn sie gerade keinen Golf-Unterricht gibt?
Ach, da mache ich eigentlich ganz normale Dinge, die man halt so macht in seiner Freizeit. Ich freue mich, wenn ich mich mit Freunden treffen kann, koche gerne etwas Gutes, genieße meine Beziehung und achte sehr darauf, dass ich hoffentlich meine neun Stunden Schlaf habe. Das ist mir ganz wichtig, denn der Schlafrhythmus ist ganz wichtig für Regeneration, Gesundheit und Ruhe.
Welche deutsche Spielerin gewinnt als nächstes auf der LET?
Das ist eine gute Frage. Ich bin sehr gespannt, wie die Karriere von Chiara Noja weitergeht. Sie hatte ein tolles Debüt im vergangenen Jahr. Ich mag eigentlich die Formulierung nicht, dass man da etwas erwarten kann. Grundsätzlich gönne ich es allen deutschen Mädels. Denen, die derzeit auf der LPGA Tour unterwegs sind, ist definitiv etwas zuzutrauen, wenn sie zu Hause in Europa spielen wie beispielsweise beim Amundi German Masters.
Vielen Dank für das Gespräch!
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