Vater & Sohn
Der doppelte Woods
8. Dezember 2022 , Felix Grewe
Tiger Woods und sein Sohn Charlie haben ihr erstes gemeinsames Interview gegeben. Was der Superstar seinem Nachwuchs rät, was der über die Caddie-Fähigkeit des Vaters sagt – und ein (nicht ganz ernst gemeinter) Blick in die Zukunft...
Eine Zeitreise ins Jahr 2030. Corona ist inzwischen Geschichte. Das Einzige, was wirklich noch ansteckend ist, ist das Lachen der Menschen. In Europa herrscht endlich wieder Frieden. Große Sportereignisse dürfen nur noch in Ländern stattfinden, in denen Menschenrechte geachtet und die Demokratie geschützt wird. Und im Golf dominiert ein Woods die Konkurrenz. Nein, nicht Tiger, der spielt mit seinen 52 Jahren zwar hin und wieder, wenn es der Körper zulässt, auf der Super Seniors Tour (ja, die heißt jetzt so, die PGA Tour Champions hatte ausgedient) und trifft die Kugel immer noch sehr ordentlich. Aber der neue Superstar hört inzwischen auf den Namen Charlie. Tigers Sohn. Der ist 20 Jahre alt und er hat vor kurzem das Masters in Augusta gewonnen – mit neuem Platzrekord und 15 Schlägen Vorsprung auf den Zweiten. Die Medien feiern ihn als Überflieger. „Noch besser als sein Vater!“ titeln große Zeitungen (ja, Print ist immer noch nicht ausgestorben...) weil Charlie bei seinem ersten Majortitel noch ein Jahr jünger war als Tiger 1997. Nicht die Frage, ob Charlie dessen große Rekorde wird brechen können, sondern wie schnell es soweit sein wird und in welche undenkbaren Sphären er wird vorstoßen können, beschäftigt die Menschen.
Tiger und Charlie – ihr erstes Interview
Schluss mit der Spinnerei. Aber man darf ja mal phantasieren. Außerdem kommt man kaum daran vorbei, sich diese Dinge auszumalen, wenn man sich heute, Ende 2022, mit Tiger und Charlie Woods befasst. Der eine, der sich vermutlich auf der Zielgraden seiner grandiosen Karriere zu bewegen scheint; der andere, denen die Fußstapfen des Vorbilds offenbar nicht groß genug sein können und der im zarten Alter von 13 Jahren den Golfsport genauso zu lieben scheint wie der Dad es tat und tut.
Kürzlich gaben beide, Vater und Sohn, ihr erstes gemeinsames Interview – und sprachen, wie sollte es anders sein, über ihre gemeinsame Leidenschaft Golf. Zusammen werden sie am 17. und 18. Dezember zum dritten Mal in Folge bei der PNC Championship im Ritz-Carlton Golf Club in Orlando, Florida, teilnehmen. Im vergangenen Jahr belegten Tiger und Charlie dort den zweiten Platz, erzielten elf Birdies in Folge und marschierten im Gleichschritt und beide in schwarzer Hose und rotem Shirt über den Platz.
Tiger: „Ich unterstütze ihn, wo auch immer er hin will"
„Ich möchte einfach, dass er Spaß an dem hat, was er tut", sagte Tiger nun über Charlie am Rande der Notah Begay III Junior Golf National Championship. Im Gespräch mit dem amerikanischen Golf Channel gab der 15-malige Major-Champion zu Protokoll: „Ich unterstütze ihn, wo auch immer er hin will, und biete ihm natürlich die Möglichkeit, diesen Weg einzuschlagen. Als Eltern ist es unsere Aufgabe und Verantwortung, ihn zu unterstützen. Es macht Spaß, dass er eine Leidenschaft für etwas entwickelt hat, das auch mir Spaß macht."
Charlie hatte sich Ende September mit einer 68er Runde für die 54-Löcher-Meisterschaft in Koasati Pines, Laos, qualifiziert. Dort spielte er eine 72, eine 69 und eine 71 und landete am Ende mit einer -1 auf dem 11. Platz in der Altersklasse der 12- bis 13-Jährigen, wobei er in den drei Tagen 13 Birdies und ein Eagle erzielte. Charlie dazu: „Die Hauptsache ist es, die Fehler zu reduzieren, mehr zu üben. Einfach Spaß zu haben.“ Er klingt schon wie ein Profi. Woran er künftig am meisten arbeiten müsse? „An meinem Gefühl.“ Zur Caddie-Leistung seines Vaters wird Charlie auf der Website der PGA folgendermaßen zitiert: „Er hat ein paar Mal meinen Putter vergessen. Das war's eigentlich."
„Ich bin stolz auf dich, Kumpel."
Und wie fühlt es sich für einen Vater an, mit seinem talentierten Nachwuchs über den Platz zu gehen? O-Ton Woods senior: „Es ist schwer zu beschreiben, weil es so unglaublich ist, mit Charlie da draußen zu sein und sich gemeinsam als Team durchzukämpfen. (...) Natürlich hat er eine Menge gelernt, aber ich denke, im Großen und Ganzen hat er es sehr genossen. Es hat uns beiden sehr viel Spaß gemacht." Seinen Sohn anschauend ergänzte er: „Ich bin stolz auf dich, Kumpel."
Einen wichtigen Ratschlag, so Woods, gebe er seinem Sohn immer wieder: „Kopiere nicht meinen Schwung. Kopiere den von Rory", sagte Tiger zu Charlie. „Hast du Rory jemals bei einem Schlag aus dem Gleichgewicht kommen sehen? Nein. Niemals."
Vielleicht wird Charlie die Tipps seines Vaters befolgen – und dann, eines Tages, wirklich Profi werden und einen Majortitel gewinnen. Vielleicht im Jahr 2030...
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