Team-WM Damen

Deutschland übernimmt die Führung


26. August 2022 , Stefan Bluemer



Das hat es bisher noch nie gegeben: Deutschland geht nach einer überragenden Leistung als führende Mannschaft in die Finalrunde der Team-Weltmeisterschaft der Damen. Mit 13 unter Par haben die Athletinnen von Bundestrainer Stephan Morales vor dem letzten Akt dieser jetzt schon grandiosen WM vier Schläge Vorsprung auf Taipei und die USA, die sich Rang zwei teilen. Und die Mannschaft ist weiter hungrig!

Guyancourt/Frankreich – Nur einmal in der Geschichte hatte die führende Mannschaft einen noch tieferen Score. Es ist einfach grandios, was Celina Sattelkau, Helen Briem und Alexandra Försterling in Frankreich abliefern.

Die Hitze der Vortage war am dritten Wettkampftag zunächst etwas geschwunden und so war es für die Athletinnen der World Amateur Team Championship (WATC) angenehmer, zu spielen.
Deutschland trat als geteilter Zweiter in den letzten Flights gemeinsam mit Schweden und den USA an. Für Helen Briem war die Runde ein Höhepunkt ihrer noch jungen Karriere, spielte sie doch gemeinsam mit den beiden Erstplatzierten der Weltrangliste, Rose Zhang (USA) und Ingrid Lindblad (Schweden). Mit der Schwedin hatte die Stuttgarter Bundesliga-Spielerin noch eine Rechnung offen, denn bei der British Women´s Amateur Championship war sie gegen Lindblad im Matchplay erst auf dem ersten Extraloch ausgeschieden.
Zwar war die Stuttgarterin vor dem ersten Abschlag ganz nachvollziehbar sehr angespannt, aber der Start gelang dennoch nahezu perfekt. Nach sieben gespielten Löchern lag die 17-Jährige schon fünf unter Par und hatte sich den Respekt von Lindblad und Zhang erspielt. Am Ende brachte Briem eine 66 (-5) in die Wertung, hatte dabei sogar noch einige Schläge liegen lassen, nachdem sie auf zwei Par-5-Löchern nur ein Bogey notiert hatte, wo sie sonst auch schon mal Birdies oder gar Eagles spielt.

Einordnung

Zur Einordnung der Leistung, die Helen Briem in einem Flight mit diesen beiden Weltklasse-Spielerinnen abgerufen hat: Ingrid Lindblad hat für Schweden drei Goldmedaillen bei Team-Europameisterschaften gewonnen. Ihre zwischenzeitlichen acht unter Par am zweiten Tag waren der niedrigste Zwischenstand, den es bisher je bei einer Team-WM gegeben hatte.
Rose Zhang hat sich jüngst zum dritten Mal in Folge die Mark H. McCormack-Medaille als Nummer eins des World Amateur Golf Rankings gesichert.
Im Kreise dieser beiden viel erfahreneren Spielerinnen lief Helen Briem also zur Hochform auf.

Försterling unter Par

Auch Alexandra Försterling war großartig unterwegs und lag nach 14 Löchern bei drei unter Par. Das Bermuda-Dreieck des Albatros Courses von Le Golf National kostet dann zwar nochmal zwei Schläge, aber es blieb bei einer 70 (-1) und damit einem tollen Ergebnis auf diesem so anspruchsvollen Platz.
Alexandra Försterling, die mit ihren 22 Jahren und schon neun Teilnahmen an Team-Europameisterschafen in den Büchern die größte Erfahrung der drei Bundesadler hat, will ihre erste und letzte Team-WM in vollen Zügen genießen:  „Mir bedeutet es viel, dabei zu sein und diese Erfahrung mitzunehmen.“

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Die Berlinerin hat bei zwei Profi-Turnieren auf ganz großer Bühne bereits Tour-Luft geschnuppert, darunter sogar mit der U.S. Women’s Open bei einem Major. Bei der Big Green Egg Open in Holland kam die Spielerin des National Team Germany auf den 17. Platz.
Ihre College-Karriere an der Arizona State University hat Alex Försterling gerade beendet und wird nach dieser WATC ins Profilager wechseln. Erster Höhepunkt bereits im Oktober ist die 2nd Stage der Q-School zur LPGA Tour.

Ursprung Wannsee

Im zarten Alten von sieben Jahren fand Alexandra Försterling den Weg zum G&LC Berlin-Wannsee. Das Talent blitzte früh auf und schon 2014 stand sie im Kader für die European Young Masters. Der Sieg dort war so etwas wie ein Booster: „Da hab ich das erste mal realisiert, dass ich mitmischen kann und wie riesig Spaß mir das macht, gegen andere Athleten in Europa zu spielen und mich zu messen.“
Maßgeblichen Anteil an der Entwicklung der Spielerin bis zum Status Quo haben als Trainer Daniel Mertl, Mario Hansch, Stefan Morales und Craig Bunker.

Zuversicht

Vor dem Start hatte Alexandra Försterling eine sehr positive Prognose für diese WATC abgegeben: „Ich denke, wir haben eine super Truppe am Start. Mit dieser kann man sowohl auf dem Platz, wie auch neben dem Platz super viel Spaß haben. Wir haben eine gute Chance, hier eine richtig gute Platzierung zu erspielen.“
Wie richtig die langjährige Nationalspielerin damit lag, zeigt ein Blick auf das Klassement nach drei Runden.

Finalrunde auf Saint-Nom

Am Finaltag geht es für die deutsche Mannschaft wieder auf den Red Course von Saint-Nom-La-Betéche. Auf diesem so ganz anderen Platz in einem hinreißenden Ambiente hatte Celina Sattelkau am zweiten Wettkampftag den besten Score für Deutschland in die Wertung gebracht. Diese Runde im Sinn, ist das Ergebnis der Runde des dritten Wettkampftages leicht zu verschmerzen, zumal ja ohnehin nur zwei Scores in die Wertung kommen. Wieder hatte die Spielerin des GC St. Leon-Rot vor dem Bermuda-Dreieck nur eins über Par gelegen, kassierte auf den spektakulären Abschlusslöchern aber noch einige Schläge und hatte am Ende eine 78 (+7) auf der Karte.

Stimmen zum Tag

Helen Briem hatte eine Traumrunde erlebt: „Am Anfang war Nervosität dabei. Es passiert nicht jeden Tag, dass man mit den Nummern eins und zwei der WAGR spielt. Es war sehr entspannt und mega cool, mit den beiden zu spielen. Wir haben relativ viel miteinander geredet. Das war alles sehr locker und eine schöne Runde. Potenzial für Verbesserung ist immer da. Heute war meine Quote auf den Par-5-Löchern nicht so gut. Dafür waren meine Putts heute extrem gut. Das lief einfach.“

Kapitänin Pia Gassner, die als Spielerin selbst zweimal für Deutschland bei Weltmeisterschaften angetreten war, hatte auf dem Platz wieder unglaublich viel Arbeit geleistet und die Spielerinnen unterstützt, wo immer dies möglich war. Entsprechend glücklich fiel das Fazit des Tages aus: „Es ist unglaublich. Die Mädchen waren on fire. Sie haben mit Herz gespielt. Sie haben mit viel Elan gespielt. Sie haben es gewollt und durchgehalten, auch wenn die letzten Löcher so hart sind. Sie haben einen großartigen Job gemacht."

Bundestrainer Stephan Morales hat mit seiner Mannschaft schon jetzt außergewöhnliche Leistungen abgeliefert. Noch nie zuvor ist eine deutsche Vertretung bei einer Team-WM als Leader in die Finalrunde gestartet: „Ich rechne ungern nach drei Tagen ab. Als Führende in den Schlusstag zu gehen, bedeutet, dass wir drei Tage sehr gut Golf gespielt haben. Mehr heißt es noch nicht. Wir gehen mit einem Vorsprung in den Tag, sollten aber nicht versuchen, diesen zu verteidigen. Wir sollten versuchen, auch morgen das beste Tagesergebnis zu spielen. Dann wird sich zeigen, wo wir am Ende stehen. Es ist nicht so, dass wir bis jetzt einen großen Erfolg eingefahren haben! Wir haben bis jetzt nur ein wunderbares Zwischenergebnis mit der Gewissheit, mit den besten der Welt mithalten zu können. Das ist ein tolles Gefühl für die Mädels. Das kann man für die weitere Zukunft mitnehmen. Jetzt geht es aber morgen darum, noch die Kirsche auf die Torte zu packen. Ein Highlight war heute natürlich, dass Helen Briem den Wettbewerb mit den beiden besten Amateuren der Welt angenommen hat. Wenn man dann noch sieht, dass sie trotz ihrer Länge auf zwei Par-5-Löchern ein Bogey spielt, dann weiß ich, dass da auch noch Luft ist und dass es kein Tag war, an dem alles funktioniert hat. Ein weiteres Highlight war, dass Alexandra Försterling als Schlussspielerin das Ergebnis halten konnte. Das ist bei diesen letzten vier Löchern alles andere als einfach. Das konnte man vor allem bei den Schweden sehen, bei denen die bis dahin beste Spielerin noch vier Schläge verloren hat. Das war echt hart für die Schweden. Alex hat damit noch mal unterstrichen, dass sie zurecht die aktuell beste im World Ranking ist und auch im College-Golf die fünftbeste Spielerin in diesem Jahr war. Celina Sattelkau war heute mit ihren Schlägen auf die Inselgrüns wieder nicht erfolgreich, aber ich bin sehr zuversichtlich, dass sie auf dem anderen Platz ihr Ergebnis beitragen wird. Das ist sehr wichtig.“

Marcus Neumann, Vorstand Sport im Deutschen Golf Verband, war nach dem Tag auf Le Golf National ganz begeistert von der Leistung der deutschen Mannschaft: „Es ist ein Geschenk, auf solchen Plätzen unter diesen Bedingungen gegen so starke Gegner spielen und dann auch noch bestehen zu können. Es ist eine pure Freude, dies zu erleben. Ich wünsche den Spielerinnen, dass sie bei allem Stress, der morgen ins Spiel kommt, dieses Erlebnis einfach nur genießen können und nach dem letzten Putt voller Freude auf das Erreichte blicken werden.“

Startzeiten

Am Finalsamstag geht es auf Saint-Nom-La-Bretéche für das National Team Germany wieder ab 13.01 Uhr auf die Runde. Celina Sattelkau eröffnet für Schwarz-Rot-Gold und ist mit erneut mit Rachel Heck (USA) sowie Huai-Chien Hsu aus Taipei unterwegs.
Um 13.12 Uhr startet Alexandra Försterling mit Ting-Hsuan Huang und Rachel Kuehn. Als letzter Flight starten Helen Briem, Hsin-Chun Liao und die Weltranglistenerste Rose Zhang.

Stand nach Runde 3
1. Deutschland  -13
T2 USA  -9
T2 Taipei  -9
4. Schweden  -8
5. Spanien  -7

 

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