Ryder Cup 2023
Europa braucht jetzt einen wie Donald
28. Juli 2022 , Thomas Kirmaier
Stenson ist raus, García kuschelt plötzlich wieder mit Europa. Das alles schadet dem Golfsport. Jetzt muss Luke Donald ans Ruder. Ein Kommentar.
Was ist das Wort eines Menschen heutzutage noch wert? Heute hü und morgen hott. Kennt man eigentlich nur aus der Politik. Der Golfsport erleidet in diesen Tagen leider ebenso einen massiven Imageverlust. Henrik Stenson war im März als neuer Captain des europäischen Ryder-Cup-Teams präsentiert worden. Es sei ihm eine große Ehre, hatte der Schwede gesagt. Und weiter: „Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun und nichts unversucht lassen, den Ryder Cup wieder in europäische Hände zu bekommen“. Vier Monate später ist alles anders. Stenson macht auf LIV, die Kapitänsbinde ist futsch. Für die Rolle rückwärts gibt es ganz schlechte Haltungsnoten.
Wobei „Haltung“ doch genau das Thema ist. Es braucht Rückgrat, eine Position, zu der man auch mal steht. Länger als nur ein paar Wochen. Okay, jeder kann und darf seine Meinung auch mal ändern. Das ist die große Errungenschaft einer Demokratie: freie Meinung. Das gilt übrigens nicht für alle Ecken dieser Welt. Aber das manche sich innerhalb nur weniger Wochen um 180 Grad drehen? Wie ein Fähnchen im Wind? Muss das sein?
Nach Stenson kommt jetzt plötzlich Sergio García mit einer Kehrtwende um die Ecke. „Als ich die Open Championship beendete, sagte ich, dass ich höchstwahrscheinlich meine Mitgliedschaft bei der DP World Tour kündigen werde“, so der Spanier gegenüber ESPN. Jetzt wolle er damit warten, weil er ein paar gute Gespräche mit Jungs der Tour gehabt hätte. Zu CEO Keith Pelley soll er gesagt haben, weiterhin Mitglied bleiben und die Tour unterstützen zu wollen. Er möchte seine „Berechtigung behalten, Ryder-Cup-Teams zu bilden“. Aha.
Ryder Cup 2023
Was soll uns das sagen? Stenson ist weg, jetzt kommt García reumütig zurück, weil im Team Europa ein nicht ganz unwichtiger Posten frei geworden ist? Dabei war García einer der ersten Golfer, die sich LIV angeschlossen und ihre PGA-Tour-Mitgliedschaft sofort gekündigt hatten. García war neunmal beim Ryder Cup dabei, ist mit 25,5 eingesammelten Punkten Europas All-Time-Leader. Wer „García“ und „Ryder Cup“ googelt, landet sofort auf der offiziellen Seite des Events, aus der der Spanier unter der Zeile „Sept. 25 - Oct. 1, 2023 Marco Simone Golf & Country Club, Rome, Italy“ herauslacht. Das mag Zufall sein, Fakt ist aber: Der Kontinent braucht einen neuen Kapitän. Ob García nach seiner wiederentdeckten Zuneigung für die Heimat der richtige Mann ist?
Team Europe braucht jetzt Männer, auf die Verlass ist. Männer, die zu ihrer Meinung stehen. Egal, was kommt und wer wie viele Millionen auf den Tisch legt. Eigentlich wäre McIlroy der perfekte Kandidat. Noch zu früh. Ihn braucht Europa auf dem Platz dringender als je zuvor. Also Vorschlag: Macht Luke Donald zum Captain! Schnell. Der Engländer schnupperte vor kurzem italienische Luft, als er Gast einer Traumhochzeit von Freunden am Comer See war und ausgelassen feierte. Seine Insta-Hashtags: #Italy. Donald wäre schon im März die bessere Wahl gewesen, zeigte sich nach der Entscheidung pro Stenson zwar enttäuscht, meinte aber: „Das bedeutet nicht, dass ich es später nicht schaffen kann.“ Später ist jetzt früher, weil sich der Wind eben manchmal ganz schnell dreht.