Team-EM
Deutschland steht im Halbfinale
7. Juli 2022 , Stefan Bluemer
Im Viertelfinale der European Boys´ Team Championship setzt sich Deutschland in einem echten Krimi gegen starke Tschechen erst im Stechen mit 4:3 durch und steigt ins Halbfinale auf.
St. Leon-Rot – Am Ende war es genau das, was dieses Format so einzigartig macht und es gab bei gestandenen Persönlichkeiten Tränen der Freude und Erleichterung. Dieses Duell des Gastgebers gegen das Team aus der tschechischen Republik hatte Athleten, Coaches und Zuschauern emotional alles abverlangt.
Es blieb dem jüngsten Spieler des Teams vorbehalten, mit einer sensationell reifen Vorstellung und großer mentaler Stärke den Siegpunkt für das Junior Team Germany zu erkämpfen. Peer Wernicke ging auf Course St. Leon mit 1down auf das 18. Tee. Klar war zu dem Zeitpunkt schon, dass er sein Match gewinnen musste, wenn Titelverteidiger Deutschland weiter im Rennen um Gold vertreten sein wollte.
Im Stile eines Großen schob der Hubbelrather die zuvor ausgelassenen Chancen, gegen Jakub Janda eine Führung zu erspielen, beiseite und konzentrierte sich vollständig auf den Moment.
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Auf Bahn 17 war der Youngster aus Deutschland sogar in Rückstand geraten, als er einen Putt aus zwei Metern nicht lochen konnte. Nach dem Abschlag auf der 18 lag Wernicke im Bunker, sein Kontrahent hatte aber eine schwierige Lage und damit war klar, dass es für Deutschland wohl reichen würde, wenn Wernicke sein Par hält, um ein Stechen zu erzwingen. „Ich wusste, dass ich in der Situation performen muss und habe einen mutigen Schlag über das Wasser auf das Grün gemacht. Als der Putt gefallen ist, war ich richtig glücklich, weil ich das schlechte Momentum gedreht hatte und ins Stechen gehen konnte“, schildert der 16-Jährige das Geschehen auf Loch 18.
Stechen und Emotionen pur
Gewonnen war damit für das Team allerdings noch nichts, denn nun ging es ins Stechen. Sudden Death. Wer das nächste Loch gewinnt, steht im Halbfinale. Mehr Spannung geht nicht und so folgten viele Zuschauer diesem Duell auf Loch eins.
Für dieses Stechen bekam Peer Wernicke am Bag Unterstützung durch Carl Siemens, der zuvor sein Match gegen Timotej Formanek nach ebenfalls spannendem Verlauf mit 3&1 für sich entschieden hatte. „Das hat mir mega geholfen und ich habe ein gutes Loch gespielt“, war der Rheinländer dankbar für diese Hilfe.
Der Wind, der den ganzen Tag über teils kräftig im Spiel war, ging auch am späten Nachmittag noch kräftig, aber Wernicke gelang es, das Grün in Regulation anzuspielen. Der Ball kam etwa 15 Meter vor der Fahne zur Ruhe. Ein Birdie war also nicht selbstverständlich, aber möglich. Und tatsächlich lochte der Benjamin der Mannschaft diesen schweren Putt zum Birdie und dann brachen alle Emotionen aus den Spielern, Betreuern und Zuschauern heraus. Der Druck, der sich aufgebaut hatte, löste sich in diesem einen Moment und die Mannschaft explodierte in einem wahren Freudentaumel, während die Tschechen nach einer mehr als überzeugenden Leistung am Ende doch mit leeren Händen dastanden.
Respekt
Die Art und Weise, wie Tschechien am Nachmittag das Momentum auf seine Seite gebracht hatte, nötigt Respekt ab. In den Vierern am Vormittag hatten Tim Wiedemeyer und Carl Siemens mit 2&1 gegen Matej Baca und Louis Klein gewonnen. Tom Haberer hatte an der Seite von Peer Wernicke gegen David Tomi und Jakub Janda mit 3&2 gewonnen. 2:0 als Zwischenstand für die kurze Mittagspause gab zunächst etwas Sicherheit.
In den fünf Einzeln ging diese Sicherheit aber relativ früh verloren, denn die tschechischen Spieler zeigten teils ganz großartiges Golf und hatten auf jeden guten Schlag der Deutschen eine noch bessere Antwort parat.
So kam es, dass Tim Wiedemeyer sich mit 2&1 David Tomi geschlagen geben musste. Im zweiten Match holte Carl Siemens für Deutschland den dritten von vier nötigen Punkten. In den anderen Matches hatten die Tschechen aber entweder die Nase vorne oder es stand all square.
So wuchs von Minute zu Minute die Spannung und je weniger Löcher noch zu gehen waren, desto größer wurde der Druck auf den Schultern der Deutschen.
Späte Erlösung
Tom Haberer geriet auf der Backnine in Rückstand und hatte gegen Matej Baca letztlich auf dem 18. Grün mit 1down nach Nachsehen. Finn Kölle hatte eine ungemein undankbare Aufgabe. Louis Klein, der Jüngste im Team der Tschechen, spielte völlig frei jeglicher Nervosität und lieferte grandiose Schläge in Serie. Und selbst, wenn die Lage einmal nicht perfekt war, war der nächste Schlag umso besser. Kölle selbst zeigte eine ordentliche Leistung, aber gegen einen Gegner, der praktisch nie die Tür auch nur einen Spalt aufmacht, lässt sich im Matchplay nur schwer bestehen. Und so kam es folgerichtig dazu, dass der junge Tscheche, der in diesem Jahr als bislang jüngster Teilnehmer bei einem Turnier der Challenge Tour mitgespielt hat, mit 3&2 einen Punkt für sein Team holte, obwohl Finn Kölle keineswegs enttäuscht hatte.
Unterm Strich steht am Ende ein 4:3-Sieg des Titelverteidigers gegen einen Gegner, der ebenbürtig war.
Zuversicht
Jungen-Bundestrainer Christoph Herrmann war kurz nach dem letzten, alles entscheidenden Putt anzusehen, wie stolz er auf das war, was sein Team gerade geleistet hatte: „Mir fehlen nach diesem Krimi noch etwas die Worte. Wir sind sensationell ins Match gestartet und haben die Vierer von Anfang an stark bestritten. Das war sehr, sehr gut. Auch, wenn wir erfahren genug sind, das Team auf den Nachmittag einzustellen und keine verfrühte Siegesgewissheit aufkommen zu lassen, ist es am Nachmittag unvorstellbar eng geworden. Die Tschechen haben gezeigt, dass sie nicht zufällig am ersten Zählspieltag vor uns gelegen hatten. Das ist eine so starke Mannschaft. Ich kann den Kollegen vom tschechischen Verband nur dazu gratulieren, wie die Mannschaften von Jahr zu Jahr stärker werden. So wurde es so eng, dass Peer die 18 gewinnen musste, um ins Stechen zu gehen. Dass er am Ende so einen langen Putt gelocht hat, ist kein Zufall, denn er ist geduldig belieben und hat es herausragend gut gemacht, obwohl er vorher auf den Grüns viele Chancen liegen gelassen hatte. Aus meiner Sicht war Peer der verdiente Sieger und ist damit zum Matchwinner des Tages aufgestiegen. Der Druck der gesamten Mannschaft lag auf ihm, alle waren dabei und so entstand eine tolle Situation, aus der man ganz viel Kraft ziehen kann. Ich freue mich riesig für Peer, unseren jüngsten Spieler, dass er uns den Sieg heute nach Hause bringen konnte. Jetzt werden wir uns sammeln, einmal über diese hochemotionale Situation reden und dann morgen in das Halbfinale gehen, um dort wieder unsere beste Leistung zu geben. Mit Spanien erwartet uns ein sehr starker Gegner, aber wir sind im Kampf um die Medaillen voller Zuversicht.“
Erlebnisse für die Entwicklung
Marcus Neumann, Vorstand Sport im DGV, hatte am Grünrand Mühe, in diesem Freudentaumel die Fassung zu bewahren - kopfschüttelnd und einerseits völlig entkräftet nach diesem so engen und spannenden Duell, andererseits überglücklich über diesen tollen Erfolg: „Diese Mannschaft hat gerade wieder eine Etappe dieses so herausfordernden Unterfangens Europameisterschaft erfolgreich gemeistert. Zugegeben mit dem notwendigen Quäntchen Fortune, aber die Tschechen haben sich als genau die erwartet harte Nuss erwiesen. Ich bin dankbar, dieses Duell erlebt zu haben, bei dem sich beide Mannschaften einen Kampf geliefert haben, bei dem alle immer an ihre Chancen geglaubt haben und dadurch diesen einmaligen Fight mit hohem Erinnerungswert möglich gemacht haben. Es sind letztlich genau diese knappen Siege, diese Erlebnisse mit tiefen Emotionen, an denen unsere jungen Sportler wachsen können.“
Halbfinale
Im Halbfinale treffen die deutschen Jungen auf Spanien. Die Iberer setzten sich ebenfalls erst nach Stechen gegen den letztjährigen Finalisten Italien durch. Die Italiener hatten beide Vierer gewonnen, mussten dann aber den Ausgleich hinnehmen. Das Match zwischen Flavio Michetti und Angel Ayora ging bis auf das sechste Extraloch, ehe die Spanier jubeln durften.
Gestartet wird dieses Halbfinale mit zwei Vierern ab 8.12 Uhr. Im zweiten Halbfinale stehen sich Schweden und England gegenüber. Die Skandinavier haben sich deutlich mit 5,5:1,5 gegen Frankreich durchgesetzt und England war mit 4,5:2,5 gegen die Niederlande erfolgreich.
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