Regelfest

Zu lange gesucht: Kontroverse Disqualifikation nach Videobeweis


9. Juni 2024 , Daniel Dillenburg


Musste eine bittere Disqualifikation hinnehmen: Nasa Hataoka.
Musste eine bittere Disqualifikation hinnehmen: Nasa Hataoka. | © Mike Stobe/Getty Images

Nasa Hataoka wird bei der ShopRite LPGA Classic in Atlantic City, New Jersey, nachträglich disqualifiziert, weil per Videobeweis ein „schwerer Verstoß“ festgestellt wird. Die Japanerin hatte zu lange nach ihrem Ball gesucht.

Nasa Hataoka erwischte am Freitag bei der ShopRite LPGA Classic einen guten Start und lag nach einer 65 (-6) auf dem dritten Platz, zwei Schläge hinter der Führenden. Unterstützt wurde sie dabei von einem Kameramann, der ihren Ball nach einer langen Suchaktion am letzten Loch im Gras fand. Ende gut, alles gut? Von wegen. Am nächsten Tag wurde Hataoka disqualifiziert. Dies teilte die LPGA Tour vor Beginn der zweiten Runde mit. Was war passiert?

Die Japanerin Hataoka hatte die ihr zugestandene Suchzeit von drei Minuten überschritten (Regel 18.2a). In der Folge spielte sie ihren Ball von der falschen Stelle aus weiter (Regel 14.7), weil sie keine „Erleichterung mit Strafe von Schlag und Distanzverlust“ in Anspruch nahm (Regel 18.2b). In der veröffentlichten Erklärung der LPGA stand weiter, dass die Videoaufnahmen der Situation überprüft wurden und dass Hataoka „einen schwerwiegenden Verstoß gegen Regel 14.7 begangen hat, der mit einer Disqualifikation geahndet wurde, weil er nicht rechtzeitig korrigiert wurde. Die Spielerin hatte bis zum Verlassen der Scoring Area Zeit, diesen Fehler zu korrigieren.“

Referee vor Ort

Hataoka hatte ihren zweiten Schlag auf der Neun (Par 5), ihrem letzten Loch, ins hohe Fescue-Gras geschlagen. Bei der Suche nach ihrem Ball unterstützten sie mehrere Personen, darunter der On-Course-Reporter Tom Abbott, der noch auf dem Platz besorgt darüber war, ob die Suche nicht länger als drei Minuten gedauert hatte. Zu dem Zeitpunkt, als ein Kameramann den Ball fand, war bereits ein Referee zugegen, der Hataoka dabei half, ihren Ball für unspielbar zu erklären. „Es scheint kein Gespräch über die Zeit zu geben, die es gedauert hat, den Ball zu finden“, beschrieb Abbott die etwas unübersichtliche Situation.

Dass Hataoka nachträglich disqualifiziert wurde, obwohl ein Referee vor Ort war und sie das Loch hat zu Ende spielen lassen, sorgte für etliche Reaktionen im sozialen Netz. Unter anderem meldete sich LPGA-Kollegin Jenny Shin zu Wort: „Das ist wahrscheinlich kontrovers. Es sollte nicht passieren, dass Nasa Hataoka eine DQ bekommt, weil jemand dachte, dass es 25 Sekunden über drei Minuten waren, nachdem die Scorekarte unterschrieben war.“ Die Südkoreanerin stellte die Frage in den Raum: Sollte jemand eine Zeitmessung durchführen, um dies zu verhindern? „Vielleicht, aber wenn ich richtig gehört habe, war ein Referee anwesend, um ihr zu helfen, einen unspielbaren Ball zu nehmen, und alle Spieler/Caddies in der Gruppe haben dem Referee oder sogar im Nachhinein nichts gesagt.“

Als wäre die Disqualifikation für Hataoka nicht schon bitter genug, könnte ihr der Ausschluss aus dem Turnier doppelt teuer zu stehen kommen. Die Nummer 19 befindet sich nämlich im Kampf um einen der zwei Plätze für die Olympischen Sommerspiele, die Japan zustehen. Aktuell wäre sie noch in Paris dabei. Doch ihre erste Konkurrentin liegt nur drei Plätze in der Weltrangliste hinter ihr. Diese überschrittene Suchzeit bei der ShopRite LPGA Classic war definitiv keine Hilfe in diesem knappen Olympia-Rennen.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

Ein Referee muss bei allen Regelverstößen tätig werden, aber das kann er nur, wenn er sie auch sieht. Hier kam der Referee anscheinend während der Ballsuche zu der Gruppe und niemand nannte ihm die Dauer der Suchzeit als Thema. Er konnte nur davon ausgehen, dass seine Anwesenheit ausschließlich wegen des unspielbaren Balls verlangt wurde.

Auch bei DGV-Turnieren messen viele Spieler oder ihre Caddies die Suchzeit zu ihrer Sicherheit und zur Vermeidung von Diskussionen selbst. Wenn anschließend eine Überschreitung um 25 Sekunden festgestellt wird, ist das zu viel, um mit einer ungenauen Messung begründet zu werden. Die Disqualifikation war deshalb völlig verständlich.

Es gibt keinen Grund eine solche Entscheidung in Frage zu stellen, auch wenn „in Frage stellen“ heute vor allem dann üblich zu sein scheint, wenn man die Details nicht kennt.

Hätte die Spielerin sich nach dem Finden des Balls bei dem Referee erkundigt, ob der Ball noch „im Spiel“ sei, hätte dieser sofort dazu tätig werden müssen und die Spielerin hätte sich später auf seine Entscheidung berufen können.

Aber erst nicht selbst die Zeit messen und sich dann nicht danach zu erkundigen, fällt einfach in die Kategorie „selber Schuld“.

Testen Sie Ihre Regelkenntnisse. Nutzen Sie das Regelquiz zur Vorbereitung auf eine Prüfung oder die nächste Turnierrunde >>>