Regelfest
Falsche Sportart: Fan fängt Ball
29. April 2024 , Daniel Dillenburg
Bei der Zurich Classic sorgt ein Fan für einen skurrilen Moment, als er einen heranfliegenden Ball aus der Luft fängt. Dem entsprechenden Spieler kommt diese Aktion sogar zugute.
Ja, beim Baseball wäre er für diese Aktion gefeiert worden. Bei der Zurich Classic in New Orleans jedoch erntete er nur Kopfschütteln und einige Lacher. Ein Fan muss für einen kurzen Moment die Sportart verwechselt haben, als er auf dem Par 3 der dritten Bahn im TPC Louisiana zum astreinen Catch ansetzte und einen heranfliegenden Golfball im Stile eines Baseballspielers aus der Luft fing. „Oh No!“ rief der Kommentator und konnte seinen Augen kaum glauben. Auch von den Zuschauern ließen sich einige ungläubige Ausrufe vernehmen. Es war eine Szene, die man so nur selten bei einem Profi-Event erlebt.
Der Ball stammte vom US-Amerikaner Brandt Snedeker, der seinen Abschlag ordentlich nach rechts verzog. Auf dem Weg in Richtung Cartweg sprang der Ball einmal auf und Zack – schnappte der übereifrige Fan zu. Nachdem er sich zu seinen Freunden drehte, realisierte er schnell, wo er sich gerade befindet – nämlich auf einem Golfplatz. Und hier gilt Regel Nummer eins: Niemals einen Golfball aufheben. Erst recht nicht, wenn er sich noch bewegt. „Das ist ein Junge, der viel Baseball spielt. Er hat es einfach vergessen“, nahm der Kommentator den Fan in Schutz. Den Ball ließ er sofort wieder fallen. Die Verlegenheit war ihm anzusehen und die Gruppe machte sich schnell vom Acker.
Und jetzt?
Snedekers Ball lag nun an der Stelle, an der er vom Fan gefangen und wieder fallengelassen wurde. Dem mehrmaligen PGA-Tour-Sieger dürfte diese Aktion also entgegengekommen sein, befand sich sein Ball doch auf direktem Weg in Richtung Cartweg. Denn in diesem Fall greift Regel 11.1a, in der es heißt:
„Trifft der Ball in Bewegung eines Spielers versehentlich eine Person oder einen äußeren Einfluss, ist dies für jeden Spieler straflos.“ Snedeker spielte seinen Ball also einfach von der Stelle aus weiter, an der sein Ball nach der skurrilen Aktion zur Ruhe kam. Hätte der Fan einen bereits ruhenden Ball aufgehoben und weggetragen, hätte der Ball straflos an die ursprüngliche Stelle zurückgelegt werden müssen. Als Spieler ist man also dank des Regelwerks grundsätzlich vor der Unwissenheit eines übereifrigen Fans geschützt. Manchmal profitiert man sogar davon.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Wie immer kommt es für die richtige Regelentscheidung auf die Ermittlung des richtigen Sachverhalts an. Hier wurde entschieden, dass es sich um eine versehentliche Ablenkung des Balls handelte, da der Zuschauer in einem Reflex wie beim Baseball danach gegriffen hatte.
Somit gilt Regel 11.1b und der Ball musste gespielt werden, wie er lag. Wäre der Referee davon ausgegangen, dass der Zuschauer den Ball absichtlich aufgehalten hatte, damit dieser nicht in einer schlechten Lage endet (oder auch nicht in einer guten, je nachdem, ob es ein Fan des Spielers ist oder nicht), gilt Regel 11.2c, und der Ball muss dort gedroppt werden, wo er wahrscheinlich zur Ruhe gekommen wäre.
Der Fall hier war hart an der Grenze und wurde sehr spielerfreundlich entschieden, wozu sicher die Reaktion des Zuschauers beigetragen hat, nachdem er gemerkt hatte, was er „angestellt“ hatte.