Nehmen Sie Ihren inneren Kritiker in den Arm!

Fünf Tipps für weniger Zweifel und ein besseres Verhältnis zur Stimme zwischen den Ohren.

Sie kennen diesen einen lästigen Begleiter auf jeder Runde, weil alle ihn kennen. Den Kritiker zwischen Ihren Ohren, der sich immer dann verlässlich meldet, wenn Sie lieber Ihre Ruhe hätten – und vor allem: Wenn Sie dringend Ruhe bräuchten! Sie stehen am ersten Abschlag vor Ihrem Ball, bereit für große Taten. Da flüstert es in Ihrem Kopf: „Schau mal, wer alles zuschaut. Pass‘ auf, dass du den Ball nicht in die Wicken donnerst, wäre peinlich...“ Oder: Ihr Ball liegt im Bunker und nach zwei gescheiterten Versuchen der Befreiung würden Sie sich am liebsten dazulegen, so ratlos sind Sie. Er hat sich natürlich längst gemeldet mit seiner Einschätzung zur Situation und er macht nicht Halt vor dem großen Rundumschlag: Sie waren halt noch nie ein Künstler im Sand, behauptet er, das kurze Spiel ist grundsätzlich nicht Ihre Stärke, meint er zu wissen, und überhaupt: Warum Sie überhaupt Golf spielen, fragt er. Vielleicht wäre ein anderer Sport für einen Grobmotoriker wie Sie die viel bessere Wahl?! 

Je mehr sie ihn bekämpfen, desto lauter wird er

Man hat es nicht einfach mit dem Kritiker im Kopf. Das Problem mit ihm ist einfach erklärt: Er wird immer lauter, je mehr Sie ihm zuhören oder je angestrengter Sie versuchen, ihn zum Schweigen zu bringen. Das ist eine der zentralen Erkenntnisse, die Timothy Gallwey gern und häufig formuliert. Der Amerikaner gilt als Papst in der internationalen Coaching-Branche, er entwickelte in den 1970er-Jahren auf dem Tennisplatz seine Inner Game-Methode, sein Buch „The Inner Game of Tennis“ verkaufte sich millionenfach. Später übertrug er seine Erkenntnisse auf andere Lebensbereiche und Sportarten – unter anderem entstand auch das Werk „Inner Game Golf“. Gallweys Rat im Umgang mit der ständig zweifelnden, kritisierenden, kommandierenden und vergleichenden Stimme im Kopf: Üben Sie sich in einer bewussten, nicht wertenden Aufmerksamkeit. Diese sei der Schlüssel zu einer entspannten Konzentration – und somit quasi der natürliche Feind des inneren Miesepeters. 

Fünf Tipps für den Umgang mit dem inneren Kritiker

1) Am Anfang steht die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Sie verstärken das, worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit richten. Sind es die verzogenen Schläge, die Zweifel und der Druck, den Sie spüren? Dann nähren Sie damit den Kritiker in Ihrem Kopf. Seien Sie also achtsam mit Ihren Gedanken. Und nehmen Sie sie bewusst wahr. Nur dann können Sie eine Veränderung vornehmen. 

2) Verstehen Sie, dass Bewertungen kontraproduktiv sein! Bewertungen und Beurteilungen regen das Denken an. Ein negatives Urteil führt meist zu Frust und Enttäuschung. Sie versuchen dann angestrengt, den nächsten Schlag besser zu spielen. Daraus resultiert häufig Verkrampfung. Ein positives Urteil lässt Sie nachdenken: „Wie habe ich das eben gemacht?“ Und: „Hoffentlich kann ich den Schlag wiederholen...“ Eine Steilvorlage für den inneren Kritiker, der Sie umgehend zurück ins Gedankenkarussell zieht. Üben Sie sich in urteilsfreier Wahrnehmung. Sehen Sie die Situationen so, wie sie sind. Ohne sie mit einem Etikett der Bewertung zu versehen. So entsteht die Grundlage für eine entspannte Konzentration.  

3) Sie müssen den inneren Kritiker ablenken – anders wird er nicht schweigen. Bedeutet: Geben Sie Ihrem Verstand eine Aufgabe, damit er beschäftigt ist. Suchen Sie sich einen Fokus, der Sie interessiert, den Sie beobachten können und der relevant ist für Ihr Golfspiel. Zum Beispiel: „Fühlen Sie, ob Ihr Schlägerblatt im Treffmoment offen, geschlossen oder senkrecht ist“, rät Gallwey. Wichtig: Sie sollen nicht versuchen, ein bestimmtes Resultat zu erzielen und ebenso wenig bewerten – nur wahrnehmen.   

4) Wenn Sie wieder einmal in Gedanken vergebenen Chancen nachtrauern, erinnern Sie sich daran, dass nur das Hier und Jetzt zählt. Sie können die Vergangenheit nicht ändern – und die Zukunft findet noch nicht statt. Lernen Sie, den Augenblick wahrzunehmen und wertzuschätzen. Richten Sie Ihren Blick in die Ferne, halten Sie einen Moment inne, indem Sie sich einen Fokus in der Natur suchen, den Sie beobachten. Der Kritiker wird sofort ruhiger. 

5) Vergessen Sie niemals den Humor! Ja, Golf ist die vielleicht schönste Nebensache der Welt – aber eben nur eine Nebensache! Lächeln Sie den Querulanten zwischen Ihren Ohren an, wenn er wieder einmal besonders aktiv ist. Nehmen Sie ihn gedanklich in den Arm. Er wird dann ganz leise...