PGA Tour
Spieth ist „einer von uns“!
17. April 2022 , Thomas Kirmaier
Dreifacher Major-Sieger verpasst bei RBC Heritage Putt aus kürzester Distanz, wird damit in nur zwei Wochen zum Wiederholungstäter und gewinnt trotzdem.
Jordan Spieth ist einer der besten Golfer der Welt. Der 28-jährige Texaner hatte 2015 sein großes Jahr, als er mit dem Masters und der US Open gleich zwei Majors gewann. Nur logisch, dass er am Ende dieser famosen Saison zum Player of the Year der PGA Tour ausgezeichnet wurde. Plötzlich war der Mann aus Dallas die Nummer eins der Welt. Aktuell ist er in diesem Ranking die Nummer 20 und damit immer noch einer der ganz Großen.
Irgendwie scheint Spieths Putter im Moment jedoch eine Art Eigenleben zu entwickeln. Manchmal. Der Star, der zu den Sympathieträgern auf der Tour gehört, weil er sich nahezu immer Zeit für seine Fans nimmt und fleißig Autogramme schreibt, lieferte jüngst wieder Stoff für Schlagzeilen. Jedenfalls stürzten sich US-Medien direkt drauf auf diesen verfehlten letzten Putt in Runde drei der RBC Heritage in Hilton Head. Spieth hatte 40 Zentimeter zum Par. Das ist etwas mehr als ein großes Schul-Lineal und für einen gestandenen PGA Pro und Major-Champion eigentlich ein Ding, dass er mit verbundenen Augen lochen sollte.
Diesmal war's anders. Mal wieder. Spieths Ball drehte eine Ehrenrunde an der Lochkante und brauchte einen weiteren Schubser, um zu fallen. Der Spieler blieb kurz wie versteinert stehen, nahm die Kappe ab und kratze sich am Scheitel. Was in seinem Kopf vorging, konnte jeder Beobachter sofort erahnen. Kann passieren, sollte es aber nicht in einer Liga, in der ein Schlag gleich mehrere tausend Dollar kosten kann. Dass es Spieth traf, war für US-Medien deshalb so kurios, weil genau ihm zwei Wochen zuvor ein ähnliches Malheur passiert war.
Bei der Valero Texas Open, quasi einem Heimspiel für Spieth, hatte der Lokalmatador aus ähnlicher Entfernung sage und schreibe drei Putts gebraucht. Und nun das. Ein bitterer Wiederholungsfehler, zumal er sich in beiden Fällen gar nicht erst richtig ausrichtete und zu schnell zu Ende spielen wollte. Klar, dass so etwas für die beobachtenden Medienleute ein gefundenes Fressen ist. Die Reaktionen im Netz auf Wiederholungstäter Spieth sind vielfältig. Was aber immer wieder zu lesen ist: „One of us!“ Also: einer von uns. Man fühlt (und freut sich) mit.
Für uns Normalo-Golfer bleibt in solchen Fällen eine (Oster-)Botschaft, die irgendwie beruhigend ist: Selbst die Besten der Welt sind nur Menschen. Auch wenn sich Scottie Scheffler momentan zur größten Birdie-Maschine des Planeten entwickelt, auch ihn kann es erwischen. Ein Putt aus 30, 40 Zentimetern zu verfehlen, schmerzt besonders. Das tut weh. Aber das kann eben immer und überall passieren. Einem Spieth, der die RBC Heritage einen Tag später übrigens ganz nebenbei gewann (mit Stephan Jäger war der einzige Deutsche am Cut gescheitert), ebenso wie Helga und Dieter beim Monatsbecher in Castrop-Rauxel. Man wünscht das keinem, aber es kann eben immer und überall passieren. Das ist Golf. Ein Spiel von und für Menschen. Nicht Maschinen.