DGV-Sport
Sportspezifische Herausforderungen und Rahmenbedingungen
24. Februar 2022 ,
Ohne Breite keine Spitze und ohne Spitze keine Breite. Nur durch ein gemeinsames und engverzahntes Gefüge dieser beiden Maxime ist zu verstehen, welche Herausforderungen entstehen. Breiten- und Leistungssport im Golf stehen immer wieder vor schwierigen Herausforderungen, um sich ganzheitlich in der Gesellschaft zu etablieren. So haben die Jugendzahlen im nationalen und die sportlichen Leistungen im internationalen Vergleich noch Steigerungspotenzial.
Jugendorientierte Profilierung von Clubs und Anlagen
Insbesondere die Kinder- Jugendzahlen geben Anlass zur Sorge, hinsichtlich Nachwuchs und nachhaltiger langfristiger Mitgliederentwicklung. Zudem, es ist sehr kostenträchtig für alle Stakeholder immer wieder in den Altersklassen über 50 Jahre Mitglieder zu rekrutieren, die Golf auf lange Sicht zu ihrem Sport machen sollen. Drop-out ist nicht nur in der Jugend, vielmehr in den höheren Altersklassen ein Thema, denn meist nach einer Anfangseuphorie nach 3-4 Jahren wird erkannt, ob es ein Sport für einen selbst ist oder nicht. Golf mit seinem sportlich-koordinativ anspruchsvollen Lernprofil mit Freude zu seiner Life-Time-Sportart zu machen, fällt Jüngeren leichter, selbst wenn diese vorübergehend, nach Schule oder Studium, andere Schwerpunkte setzen. Sie kommen wieder und bleiben dann überzeugt. Für Leistungssporterfolge des DGV ist eine kritische Masse an Kindern und Jugendlichen als Talentpool essentiell. Jugendangebote und Rahmenbedingungen, die die Motive und Interessen der Jugend treffen, verlangen von Clubs und Anlagen, dass ausgebildete Trainer, engagierte Jugendwarte und Mentoren, sich der Sache nachhaltig annehmen. Das Qualitätsmanagement auf Clubebene des DGV bietet den Clubs und Anlagen breite, individuelle Analysemöglichkeiten und mannigfaltige Anregungen.
Schule
Auch wenn es bundesweit wieder möglich ist, G9 zu wählen und damit wertvolle Nachmittagszeit für das Training im Nachwuchsleistungssport zur Verfügung zu haben, so ist die Harmonie von Schule und Sport, wie z. B. im anglo-amerikanischen oder skandinavischen Bereich, wo der Stellenwert von Bewegung und Sport mit seinem Bildungswert deutlich wichtiger gesehen und praktisch eingebaut wird, in Deutschland auch historisch bedingt nicht gegeben. Gerade im Golf, durch die großteilig schwierige Erreichbarkeit der Trainingsstätten und durch den hohen zeitlichen Trainingsaufwand, der für die individuelle Golfentwicklung notwendig ist, fehlen die Trainingsvolumina in den entscheidenden Entwicklungsabschnitten. Hinzu kommt der lange Winter, in welchem beispielsweise die Skandinavier ihre Trainingslager in Südeuropa aufschlagen und flexibel die schulischen Lerninhalte und Aufgaben, teilweise in E-Learning oder per mitreisendem Lehrpersonal, erledigen.
Akzeptanz von Golf als Leistungssport
In vielen Clubs und Anlagen wird der Leistungssport nicht als förderwürdiger und selbstverständlicher Teil, ggf. sogar als Marketingbestandteil und Alleinstellungsmerkmal eingeordnet. Der kommerzielle oder auch existenzielle Druck bei vielen Clubs und Betreibern führt zu Einsparungen, oftmals im Nachwuchsbereich oder im Leistungsbereich. Beginnend mit der Einführung der DGL -als der prägenden DGV-Galionsfigur und vielen folgenden weiteren substanziellen Verbesserungen und Modernisierungen des Wettspielsystems- reagiert der DGV mit seinen Landesgolfverbänden in der Hoffnung, eine attraktive Situation herzustellen, so dass möglichst alle Mitglieder des DGV erkennen mögen, dass das leistungsorientierte Wettspiel ein wesentlicher und werthaltiger Markenkern unseres einzigartigen Sports ist.
Wettkampfangebot
Noch ist es international nicht gelungen, ein förderliches, harmonisiertes EGA-Wettspielsystem zu bauen. Der DGV wirkt auf die EGA ein, hier ihre Verantwortung wahrzunehmen und von Europameisterschaften in allen Altersklassen bis hin zu einer wirksamen Ranglistensystematik jungen Sportlern Orientierung und Ziele zu geben. Im Schulterschluss mit den Landesgolfverbänden ist aber auch im nationalen Angebot weiter Verbesserungsbedarf gegeben, um den sich laufend verändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen flexibel Rechnung zu tragen.
In der vom DGV und der PGA selbstgestalteten nationalen und international mitgestalteten Wettkampfstruktur setzt auf dem Nachwuchsbereich bis hin zu Deutschen Meisterschaften verschiedener Altersklassen der Amateure das Profisegment auf, beginnend bei der Pro Golf Tour, über die European Challenge Tour, die European Tour, die amerikanische PGA-Tour bis hin zu den Olympischen Spielen. Bei den Damen sind es analog in Europa die LET-Access Tour und die Ladies European Tor, in den USA die LPGA-Tour und schließlich ebenso wie bei den Herren Olympia als Zielwettkampf. Im Übergang zum Hochleistungsbereich der Profis fehlt im Second –Level- Bereich der Herren (Challenge Tour) dringlichst ein substanzielles Angebot in Deutschland. Ein ECT-Event bietet den späteren, hier männlichen, Olympiateilnehmern, eine wichtige Plattform, um sowohl bei diesem Event als auch durch die erweiterten Möglichkeiten dieses Events (Spots bei anderen ECT-Events) so leistungsstark zu werden, damit sie sich im Profibereich etablieren können. Ein langfristig erfolgreiches Abschneiden im Profi-Segment ist eine unabdingbare Voraussetzung für die olympische Teilnahme. Denn diese wird durch die Weltranglisten-Position (OWGR) bestimmt. Dieses und das Fehlen einer Ladies German Open und weiterer Access-Events bei den Damen umreißt die Problematik Nachwuchs für den Hochleisterbereich.
Der DGV investiert, direkt oder mittelbar, nur in sportliche Veranstaltungen, die der olympischen Zielsetzung dienen und bei der er sich in einer Veranstalterrolle befindet. Im Engagement des Profisegments wirkt der DGV über die DGV-Wirtschaftstochter DGS im entsprechenden o.g. olympischen Sinne, fallweise, z.B. bei einem ECT-Event, im abgestimmten Zusammenwirken mit der PGA AG der PGA of Germany.
Finanzierung des Leistungssports
Die Mittel für ein umfassendes, erfolgversprechendes Fördersystem mit olympischer Zielsetzung sind begrenzt und suboptimal. Zum olympischen Auftrag und dem Auftrag, erfolgreiche Profikarrieren vorzubereiten kommen Bau und Unterhalt der Anlagen, die die Clubs und Betreiber selber aufbringen. Öffentliche Mittel, z.B. zur Finanzierung qualifizierter Trainerleistung, die gerade im Golf vergleichsweise teuer ist, fehlen dem einzigen olympischen Spitzenverband, der vom BMI als nicht förderfähig eingeordnet wird. Die sogenannte Subsidiaritätsprüfung des Bundes zeigt auf, dass der DGV seine und die olympischen Ziele des DOSB aus eigenen Mitteln finanzieren könne.
Trainingsqualität
Trainingsqualität
Der DGV ist durch die Komplettüberarbeitung seiner Rahmentrainingskonzeption (RTK) auf Basis seiner Richtlinienkompetenz in der Lage, Entwicklungsprozesse der Athleten über alle Altersklassen im Verbund mit den leistungsorientierten Clubs und Landesgolfverbänden zielgerecht und pädagogisch verantwortungsvoll zu steuern. In der RTK finden sich zur Orientierung die Zielsetzungen und Grundlagen von Wettkampf, Training und Förderung, die Rollen aller Stakeholder, das zugrundeliegende Modell der Leistungssteuerung, spezifische Trainingsprinzipien, Grundlagen für die Talententwicklung genauso wie konkrete Daten zu Trainingsnormativen in den Rahmentrainingsplänen der einzelnen Entwicklungsstufen von Athleten. Im Bewusstsein, dass Trainingsumfänge wie in anderen Teilen der Golfwelt, in Deutschland aus verschiedenen Gründen (z.B. Ethik, Klima) nicht realisierbar sind, wird der Qualität und Effizienz von Training und Wettkampf in der Leistungssteuerung des DGV höchste Bedeutung zugemessen.
Noch immer wird insbesondere auf Vereinsebene die tradierte und gängige Trainingsmethodik und didaktik des Breitensports auf den Nachwuchs- und Hochleistungssport übertragen. Es gilt daher zukünftig zu gewährleisten:
- Konzeptionelle, inhaltliche und ggf. personelle Trennung des Nachwuchs- und Leistungssportangebots vom Breitensportangebot des Vereins!
- Berücksichtigung von Kurz-, Mittel- und Langfristigkeit von differenzierten Trainingsmaßnahmen und -effekten!
- Beachtung von systemdynamischen Prozessen in der Leistungsentwicklung – Steuerung durch integrativ-ganzheitliche Trainingskonzepte.
- Geschlechterdifferenzierte Leistungssteuerung unter Berücksichtigung des jeweiligen biologischen Alters.
Qualität der Golfanlagen für den Leistungsbereich
Es fehlen im In- und Ausland weiterhin ausreichend Trainingsmöglichkeiten, die den Topvereinen, Nationalmannschaften und Spitzenspielern ein modernes, spiel- und aufgabenorientiertes Trainingssystem ermöglicht. Hinsichtlich der Grünqualität und dem Approachbereich bestehen teilweise sogar ganzjährig Defizite, die die Kompetenzentwicklung und Konkurrenzfähigkeit unserer Athleten behindern. Ziel ist es somit weiterhin, an mehr und ausgewählten Standorten eine richtungsweisende Trainingsinfrastruktur vorzufinden, in der modernste Trainingsmittel und -einrichtungen zur Verfügung stehen, so dass das Training der physischen Leistungsvoraussetzungen und insbesondere das integrative Training auf dem Platz und im gesamten Annäherungsbereich ungestört und extensiv erfolgen kann.
Wissenstransfer
Das traditionell von Erfahrungswissen geleitete und technikdominierte Training befindet sich weltweit im Leistungssegment auf dem Rückzug. Die wissenschaftliche Begleitung von Steuerungsprozessen bedarf der Grundlage einer gelebten Wissenschaftskoordination und einer anspruchsvollen und breitgefächerten Trainerausbildung. Hier gilt es im DGV die Ressourcen komplett aufzubauen und die Netzwerke zu pflegen.
Als Beispiel möge hier die in Verbindung mit führenden Sportwissenschaftlern entwickelte „DGV-Ballschule Golf“ dienen; ein wichtiger Baustein des Jugendbreitensports, um ein vielseitiges, entwicklungsgemäßes, freundbetontes und spielerisch-implizites Lernen für Kinder bis zum Ende des Grundschulalters zu ermöglichen.