Peking 2022
„Bin dafür, die Olympischen Spiele durchzuführen"
17. Januar 2022 , Thomas Kirmaier
Millionen Deutsche hören jeden Winter seine Stimme. Herbert Fritzenwenger ist Biathlon-Experte des ZDF. Der 59-Jährige nahm 1988 an den Olympischen Winterspielen in Calgary teil. Seit vielen Jahren ist er Präsident des GC Ruhpolding, dem „Golfclub der Weltmeister und Olympiasieger“, wie es auf der Homepage heißt. Golf.de hat sich mit Fritzenwenger über die anstehenden Spiele in Peking, Moral, Deutschlands Medaillenchancen und golfende Wintersportler unterhalten.
Herr Fritzenwenger, Pandemie und das totalitäre Regime in China - ist es aus Ihrer Sicht richtig, zum jetzigen Zeitpunkt Olympische Spiele in Peking auszurichten oder sollte man besser absagen?
Das Regime in China war schon bei der Vergabe vor neun Jahren totalitär. Die Diskussion zum jetzigen Zeitpunkt ist hochgradig scheinheilig. Dies hätte man im Vorfeld der Vergabe der Spiele im und mit dem IOC diskutieren müssen. Der Umgang mit der Pandemie wird in verschiedenen Ländern unterschiedlich behandelt. Es gibt Länder wie die USA, die Schweiz oder England, in denen trotz extrem hoher Inzidenzen in vollen Stadien gespielt wird. Deutschland ist da vorsichtiger und China scheint noch etwas restriktiver zu sein. Wenn die Vorgaben und Kontrollen, die durch das Organisationskomitee angekündigt sind, eingehalten werden, sollte die "Blase" der Spiele in jeder Hinsicht zu den sichersten Regionen der Welt zählen. Also von dieser Seite habe ich keine Bedenken. Bedenken wegen möglicher Manipulationen der Covid-Tests, die im Vorfeld der Spiele geäußert wurden, dürfen natürlich geäußert werden. Es muss Klarheit über die Tests geben. Jedoch besteht die Gefahr von falsch positiven Tests schon den ganzen Winter in allen Disziplinen und Verbänden. Da bin ich mir nicht sicher, ob das alles immer zu 100 Prozent stimmt und korrekt ist. Eine Absage ginge voll zu Lasten der Sportlerinnen und Sportler. Deshalb bin ich dafür die Spiele durchzuführen. Die zukünftige Vergabe sollte aber nicht mehr schwerpunktmäßig unter dem Blickwinkel der größtmöglichen wirtschaftlichen Expansion vorgenommen werden. Umweltschutz, Menschenrechte, Tradition und Nachhaltigkeit sind wichtiger.
Was bekommen Sie von den Athleten mit? Wie stehen die Sportler selbst dazu?
Der Großteil der Sportler ist mit sich und den eigenen Qualifikationen im Vorfeld beschäftigt. Deren Ziele sind es, sich für die Spiele zu qualifizieren und dann dort bestmögliche sportliche Leistungen zu bringen. Selbstverständlich haben die meisten ihre Meinung zu den verschiedenen Punkten. Je näher die Spiele rücken, desto weniger sollte man aber seine Zeit als Athlet mit dem Für und Wider dieser Spiele verbringen. Die Gefahr, die Konzentration auf das Wesentliche, nämlich den Wettkampf, zu verlieren, ist in diesem Fall zu groß.
Welche deutschen Teilnehmer haben Ihrer Meinung nach die besten Medaillenchancen?
Im Biathlon würde ich sagen Johannes Kühn, Benedikt Doll, Erik Lesser und Philipp Nawrath bei den Männern, Denise Hermann und Franziska Preuß bei den Frauen. Die Staffel der Männer gehört bei optimalem Rennverlauf zu den Medaillenkandidaten. Die Frauen haben Außenseiter-Chancen. Die Mixed-Staffel gehört ebenfalls zu den Medaillenkandidaten. In den anderen Sportarten denke ich, dass die Skispringer Karl Geiger, Markus Eisenbichler und Katharina Althaus sowie das Team Skispringen Chancen haben. Im Ski alpin Lena Dürr, Romed Baumann, Andreas Sander und Kira Weidle. In der Nordischen Kombination sind Vinzenz Geiger, Eric Frenzel, Johannes Rydzek und ebenfalls dem Team Medaillen zuzutrauen. Dazu Francesco Friedrich, Johannes Lochner und Mariama Jamanka im Bob sowie im Rodeln Felix Loch, die Teams Eggert-Benecken und Wendl-Arlt sowie Natalie Geisenberger und die Teamstaffeln, sofern es diese geben wird. Im Skeleton sind Christopher Grotheer, Axel Jungk und Alexander Gassner sowie Tina Herrmann und Jaqueline Lölling Kandidaten. Auch im Skicross gibt es durchaus Medaillenchancen. Mehr fällt mir spontan jetzt nicht ein.
Das sind ja schon eine Menge. Viele sehr erfolgreiche Wintersportler spielen ja auch Golf. Welche aktuellen und ehemaligen Olympia-Teilnehmer sind bei Ihnen im GC Ruhpolding Mitglied?
Das sind einige. Ich zähle mal auf: Peter Angerer (Biathlon), Tobias Angerer (Langlauf), Tobias Arlt, Tobias Wendl (Doppelsitzer Rodeln), Tobias Schiegel (Doppelsitzer Rodeln Österreich) Stefanie Böhler (Langlauf), Fritz Fischer, Michael Greis, (beide Biathlon), Markus Eisenbichler (Skispringen), Gunda Niemann-Stirnemann (Eisschnelllauf), Kati Wilhlem (Biathlon), Monika Holzner-Gawenus (Eisschnelllauf), Erhard Keller (Eisschnelllauf), Christof Langen (Bob), Felix Loch (Rodeln), Manuel Machata (Bob), Gerhard und Hildegard Zimmermann (beide Eisschnelllauf), Paula Dufter-Beckerbauer (Eisschnelllauf), Thomas Fischer (Skicross) und meine Wenigkeit.
Auch viele Fußballer spielen Golf. Was können Wintersportler auf dem Golfplatz besser als die Kicker?
Da gibt es keinen Unterschied. Von vogelwild bis ambitioniert ist in beiden Sportarten alles vertreten.
Vielen Dank für das Interview!