Rückblick 2021
European Tour: Erfolgreicher Abschluss einer Ära
24. November 2021 , Daniel Dillenburg
In der letzten European-Tour-Saison der Geschichte scheiterten drei deutsche Spieler nur knapp an einem Titel. Auch wenn der Sieg ausblieb, fällt das Saisonfazit positiv aus.
Als die Saison 2021 Ende Januar eingeläutet wurde, rechnete kaum jemand damit, dass die European Tour in ihr letztes Jahr gehen würde. In einer von der Corona-Pandemie geprägten Zeit, in der die Herausforderung für die Verantwortlichen darin bestand, möglichst wenige Sponsoren zu verlieren, wurde im Hintergrund am Fortbestehen der Tour gearbeitet. Und so schlug im November die Nachricht zur Tour-Zukunft wie eine Bombe ein: Die European Tour heißt ab kommender Saison DP World Tour. Für alle Traditionalisten ein herber Schlag. Für die Herren um European-Tour-Chef Keith Pelley aber ein Glücksfall, der alle Beteiligten ruhiger schlafen lassen dürfte. Um das finanzielle Wohl der Ex-European-Tour braucht man sich nun erstmal keine Gedanken zu mehr machen. Nach vielen Monaten ohne Planungssicherheit kehrt wieder Entspannung auf der global expandierenden Tour ein.
Deutsches Turnier als Modellprojekt
Wir blicken also auf die letzte European-Tour-Saison zurück. Eine Spielzeit, die noch immer stark von der Pandemie beeinflusst wurde und etliche Turnierstreichungen kompensieren musste. Auch in Südafrika, das seit Jahrzehnten zu den Dauergastgebern auf der Tour zählt, und wo nicht ein Event stattfinden durfte. Aber es besteht Grund zur Vorfreude auf das neue Jahr: Kein Land taucht im Kalender für 2022 häufiger auf als Südafrika. Insbesondere in der ersten Hälfte der 2021er-Saison litten Profis und Veranstalter unter der Abwesenheit der Fans. Umso erfreulicher war das Modellprojekt Porsche European Open, das als erstes Profiturnier in Europa vor Zuschauern ausgetragen werden durfte. Auf dem Green Eagle Golf Course bei Hamburg kamen Anfang Juni täglich 2.000 Fans – ein erster kleiner Schritt zurück zur Normalität.
Die aufgrund von Reisebestimmungen um zwei Tage verschobene und auf drei Runden verkürzte Porsche European Open gewann der Engländer Marcus Armitage, der sich einen Traum erfüllte. Für den 33-Jährigen war es der erste Titel auf der European Tour. Bester Deutscher war Marcel Schneider auf dem geteilten siebten Rang – seine beste Platzierung der vergangenen Saison. Schneider erreichte zwei Mal die Top Ten, erspielte sich dank zweier Siege auf der Challenge Tour souverän die Tourkarte für die kommende Saison.
Kaymer bester Deutscher, Schmid startet durch
Wenige Wochen nach der Porsche European Open gastierte die European Tour im Süden Deutschlands. Ende Juni fand die 32. Ausgabe der BMW International Open statt – mit 400 Fans pro Tag, die fast einen Heimsieg hätten bejubeln dürfen. Martin Kaymer stürmte mit der besten Runde des Finaltags (64, -8) auf Rang zwei. Dies war seine zweite Top-Drei-Platzierung nach dem dritten Rang bei der Austrian Golf Open Mitte April. Diese beiden Wochen brachten ihm die nötigen Punkte, um sich für das Saisonfinale in Dubai zu qualifizieren. Nach 20 gespielten Turnieren beendete der 36-Jährige die Saison als Nummer 49 im Race to Dubai, er war damit bester Deutscher. Der Titel in München ging an den norwegischen Youngster Viktor Hovland, der sein Siegdebüt feierte und als erster Norweger überhaupt auf der European Tour triumphierte.
Neben Kaymer und Hovland sorgte mit Matti Schmid ein weiterer Deutscher im GC Eichenried für Schlagzeilen. Eine Woche nach seinem Auftritt bei der US Open konnte der damals noch unter dem Amateurstatus spielende Regensburger seine bis dato beste Platzierung auf der European Tour erzielen. Ein geteilter 14. Rang bei der BMW International Open war der Auftakt einer erfolgreichen Phase, in der er nach seinem Wechsel ins Profilager mehrere Turniereinladungen erhielt oder sich durch starke Ergebnisse für das jeweils nächste Event qualifizierte. So wurde Schmid unter anderem bei der Dutch Open Zweiter und zwei Wochen später bei der Alfred Dunhill Links Championship geteilter Neunter. Im Race to Dubai erspielte sich der 23-Jährige schnell die nötigen Punkte (114.), um sich die Tourkarte für die kommende Saison zu sichern.
Kieffers bestes Jahr
Kaymer (BMW International Open) und Schmid (Dutch Open) waren in der vergangenen Saison nicht die einzigen Deutschen, die knapp an einem Titel vorbeischrammten. Auch Max Kieffer kämpfte um einen Sieg – sogar doppelt. Zunächst erreichte er bei der Austrian Golf Open in Atzenbrugg das Stechen mit dem US-Amerikaner John Catlin. Letzterer setzte sich am fünften Extra-Loch durch und sorgte dafür, dass Kieffer zum zweiten Mal in seiner Karriere nach der Open de Espana 2013 in einem Playoff das Nachsehen hatte. Doch der ehemalige Challenge-Tour-Sieger ließ sich von der knappen Niederlage in Österreich nicht beirren und beendete das nächste Turnier auf Gran Canaria erneut auf dem zweiten Rang. Dieses Mal brillierte er mit einer 62 (-8) am Finaltag, die jedoch nicht ganz reichte, um den führenden Garrick Higgo einzuholen. Für Kieffer war dies der vierte zweite Platz seiner Karriere. Auf den lang ersehnten Sieg wartet er also weiter. Dennoch: 2021 war die bislang beste Spielzeit des in Bergisch Gladbach geborenen Profis (Race to Dubai: 52.).
Insgesamt war 2021 eine erfolgreiche Saison aus deutscher Sicht. Zum ersten Mal seit 2015 beendeten wieder zwei Deutsche das Race to Dubai unter den Top 60 und mit Schmid sowie Nicolai von Dellingshausen (119. im Race to Dubai) sicherten sich zwei weitere Deutsche eine Tourkarte über die Rangliste. Hinzukommen vier Aufsteiger von der Challenge Tour (Yannik Paul, Schneider, Marcel Siem und Hurly Long) sowie Sebastian Heisele, dessen Mitgliedschaft von der European Tour verlängert wurde, da er aufgrund einer Verletzung einige Turniere verpasst hatte. In der kommenden Saison werden also regelmäßig bis zu neun deutsche Spieler auf der DP World Tour abschlagen. Auch der deutsche Profigolfsport im Herrenbereich scheint gestärkt aus der Corona-Krise herauszukommen.
Die Überflieger aus den USA
Im internationalen Vergleich räumte aber keine Nation so sehr ab wie die USA. Zum einen wurden zwei der vier Majors von Amerikanern gewonnen (PGA Championship von Phil Mickelson, Open Championship von Collin Morikawa). Zum anderen machten am Ende der Saison mit Morikawa und Billy Horschel zwei amerikanische Profis den Sieg der Gesamtwertung unter sich aus. Am Ende schrieb der Open-Sieger Geschichte, als er dank seines Erfolges beim Saisonfinale in Dubai den Gewinn des Race to Dubai perfekt machte und damit der erste Amerikaner war, der die Geldrangliste der European Tour gewinnen konnte. Jon Rahm, Sieger der US Open 2021, beendete die Saison als Dritter hinter Horschel. Den wichtigsten Erfolg sicherten sich die Amerikaner aber beim Ryder Cup in Whistling Straits, wo sie die Europäer historisch hoch bezwangen (19 zu 9). Nicht zu vergessen: Xander Schauffeles Triumph bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio. Ein goldenes Jahr für die USA auf der European Tour.