Menschen
Selbstzweifel nach Schwunggetüftel
1. Februar 2025 , Thomas Fischbacher

Viktor Hovland ist aktuell mit seinem Golf überhaupt nicht zufrieden und spricht darüber mit erstaunlicher Offenheit.
Kaum ein Spieler hat in den vergangenen Jahren einen derart kometenhaften Aufstieg hingelegt wie Viktor Hovland. Der 27-Jährige aus Oslo katapultierte sich durch sechs Siege auf der PGA Tour im Eiltempo an die Weltspitze, gewann 2023 den FedExCup und war Europas strahlender Held beim Ryder Cup-Sieg in Rom. Doch die vergangene Saison verlief für ihn nicht nach Wunsch. Der Motor stotterte.
2024 war ein Jahr, in dem er viel Zeit damit verbrachte, am Schwung zu tüfteln. Vielleicht zu viel. Er arbeitete mit verschiedenen Trainern zusammen. Meistens aber nur kurz. Zwar feierte er weiterhin Erfolge – etwa mit einem zweiten Platz bei der PGA Championship und dem Erreichen der Tour Championship in Atlanta – doch Phasen der Unsicherheit nagten an ihm. Seine Begeisterung für das Turniergolf ließ merklich nach. Statt sich Woche für Woche mit den Besten der Welt zu messen, hätte er lieber zu Hause an seinem Schwung gearbeitet. „Golf zu spielen wäre Zeitverschwendung“, ließ er durchblicken – eine bemerkenswerte Aussage.
„Golf ist so schwer zu fassen”
Hovland vermisst die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der er die ersten vier Jahre seiner Laufbahn unterwegs war. Schlechte Angewohnheiten hätten sich eingeschlichen, die er nun versucht, wieder loszuwerden. Mehr Draw, weniger Fade, lautete die grundsätzliche Zielsetzung im vergangenen Jahr. „Ich habe eine Menge Draw-Elemente in meinen Golfschwung eingebaut, weil ich immer ein Cutter war und ich wollte, dass der Ball nicht so viel Fade-Kurve hat. Jetzt sind es so viele Draw-Elemente, dass ich die Nase voll davon hatte, den Ball links zu verfehlen. Jetzt will ich den Fade zurück und das tut meinem Schwung aktuell nicht gut.”
Auch sein Saisonstart 2025 verlief unglücklich: Ein Zehenbruch, zugezogen bei einer unglücklichen Kollision mit einem Bettgestell, beschäftigt ihn auf der Runde. Und auch die Technik ist nach wie vor ein Thema. Dabei zeichnet sich Hovland durch erstaunliche Offenheit im Umgang mit den Problemen aus. Er spricht ehrlich über seine Schwierigkeiten und die Komplexität des Spiels – Gedanken, mit denen sich Amateurgolfer bestens identifizieren können.
„Golf ist so schwer zu fassen, so kontraintuitiv, und doch sieht es so einfach aus“, sagte er zuletzt. „Es sind Probleme über Probleme, die man lösen muss. Man wird es nie ganz meistern, aber man kann immer besser werden und auf dem Weg dorthin Dinge herausfinden.“
Nach seiner starken Eröffnungsrunde mit einer 65 in Pebble Beach bewertete Hovland sein Spiel erneut mit ungewohnter Strenge: „Ehrlich gesagt, bin ich gerade schlecht – aber das ist relativ“, sagte er. „Ich sehe zwar Fortschritte, doch die Resultate lassen auf sich warten. Das ist extrem frustrierend, aber ich hoffe, dass sich die gesammelten Erkenntnisse irgendwann auszahlen.“
Gutes Golf wird zurückkommen
Hovland bleibt trotz seiner Selbstzweifel optimistisch. Auch wenn es ihm schwer fällt, sich in einen günstigen mentalen Zustand zu versetzen. „Wenn der Ball irgendwo unkontrolliert hinfliegt und man einen Typen bezahlt, der dasitzt und dir sagt 'Bleib positiv’, dann geht mir das auf die Nerven, das will ich nicht hören.” Es gäbe wertvolle Techniken im mentalen Bereich, aber das alles helfe nicht viel, wenn man nicht in der Lage sei, die Schläge wie gewünscht auszuführen.
Dennoch versucht der Ryder-Cup-Star optimistisch zu bleiben: „Ich weiß, dass noch viel gutes Golf in mir steckt. Ich habe es in der Vergangenheit gezeigt, und es wird bald wiederkommen.“ Fakt ist: Hovlands Worte geben einen tiefen Einblick in die Psyche eines Spitzenspielers, der versucht, die Balance zwischen Perfektionismus und Realität hinzubekommen.

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