Regelfest
Langer und die Sandhügel-Kontroverse
24. Dezember 2024 , Daniel Dillenburg
Bernhard Langer platziert seinen Ball in der Finalrunde der PNC Championship auf einem Sandhügel und wird dafür von Zuschauern eines Regelverstoßes bezichtigt. Dabei nutzt er nur die Freiheiten bei einem Scramble zu seinem Vorteil.
Es war ein Finale, das vielen Golffans lange in Erinnerung bleiben wird: Bernhard Langer und Tiger Woods im direkten Duell um den Titel bei der PNC Championship. Zwei Legenden dieses Sports, die sich an der Seite ihrer Söhne in einem hochspannenden Match gegenüberstanden und an die guten alten Zeiten erinnerten, als sowohl Langer als auch Woods regelmäßig um Titel spielten. Am Ende gab es eigentlich nur Gewinner: Langer verteidigte den Titel erfolgreich mit Sohn Jason dank eines Eagles im Playoff, Woods feierte ein gelungenes Comeback nach mehreren Monaten Pause und durfte das erste Hole-in-One seines Sohnes Charlie bejubeln und die Fans wurden wenige Tage vor Weihnachten vom Allerfeinsten unterhalten. Doch eine Situation stieß einigen Zuschauern sauer auf. Hatte Langer gegen die Regeln verstoßen?
Die Szene, die für einige Diskussionen sorgte, ereignete sich auf Loch 14, einem Par 5 im Ritz-Carlton GC in Orlando, Florida. Jason Langer drivte seinen Ball ins Wasser. Sein Papa Bernhard blieb trocken und schlug seinen Drive in einem natürlichen Sandgebiet, welches nicht als Bunker zählte. Bei der PNC Championship werden traditionell beide Runden im Scramble gespielt. Heißt: Beide Spieler schlagen ab und entscheiden danach, welcher der Bälle am besten liegt. (Das muss nicht unbedingt der Weiteste sein.) Der andere Ball wird aufgehoben und innerhalb einer Schlägerlänge vom „besten Ball“ (aber nicht näher zum Loch) gedroppt. Beide Spieler spielen ihren Ball von dieser Position aus weiter und wählen danach erneut einen Ball aus, von dessen Lage aus jeder seinen Ball weiterspielt.
In dem Fall entschied sich das Team Langer natürlich für den Ball im Sand. Als Jason und Bernhard beim Ball ankamen, bemerkten sie etwas: einen kleinen Sandhaufen, nur eine Schlägerlänge von ihrem Ball entfernt. Sie erkannten, dass der winzige Turm tatsächlich als „Tee“ für einen ihrer Schläge dienen könnte, und beschlossen gemeinsam, dass es strategisch am sinnvollsten wäre, wenn Papa Bernhard den Regelvorteil ausnutzen und seinen Ball auf den Hügel legen würde. Er konnte bei der Balllage sogar zum Driver greifen und somit ordentlich Meter gutmachen. „Was hältst du von diesem Spiel?“, fragte der Moderator Dan Hicks in der NBC-Übertragung in einem ungläubigen Ton. „Ich liebe jede Sekunde davon, Dan“, sagte der Reporter auf dem Platz, Jim ‚Bones‘ Mackay.
Einige Zuschauer, die meisten von ihnen vermutlich Tiger-Fans, waren weniger begeistert von der Aktion. Es dauerte nicht lange, bis ein Screenshot von Bernhards Balllage auf dem Sandhügel in den sozialen Medien die Runde machte und einige Nutzer die Integrität des zweimaligen Masters-Champions angriffen. Die Sache war die, dass Langer nichts falsch gemacht hatte. Er und sein Sohn hatten lediglich die gleichen Regeln ausgenutzt, die auch für den Rest des Feldes galten. In einem Telefoninterview mit GOLF.com am Morgen nach dem Finaltag räumte Langer ein, dass er in der Situation Glück gehabt habe. Doch auch ohne den Hügel wäre das Ergebnis ein ähnliches gewesen, so der 67-Jährige. In der Nähe des Balls habe sich nämlich auch ein Fußabdruck befunden, der ihm ebenfalls eine erhöhte Lage beschert hätte.
Woods: „Einer der besten Schläge, die ich je gesehen habe“
Auch Joe Terry, Rules Official der PGA Tour Champions, bestätigte, dass die Langers die Regeln für ein Scramble vollständig eingehalten hätten. Der Schlag vom Sandhügel war nicht nur regelkonform, sondern laut Woods „einer der besten Schläge, die ich je gesehen habe“. Der Ball flog bis in den Grünbunker, von wo aus das Team Langer ein Birdie spielen konnte. Es war eines von vielen an diesem Tag, an dem die beiden mit einer 57 (-15) ins Clubhaus kamen. Ein Ergebnis, das so nur in einem Scramble möglich ist. Auch weil man hier seinen Ball im Glücksfall auch mal auf einem Sandhügel platzieren darf.
Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:
Offensichtlich stand in der Ausschreibung des Scrambles, dass auch der Spieler, der an die Stelle gespielt hat, von der weitergespielt werden soll, seinen Ball innerhalb einer Schlägerlänge hinlegen darf. Es sollten wohl beide Spieler die Chance auf eine gute Lage erhalten, auch wenn der Ball nicht auf dem Fairway liegt.
Auch beim letzten Regelfall hatten wir eine Platzregel (bzw. hier einen Bestandteil der Ausschreibung), der alle Spieler gleich behandelten dadurch dafür sorgte, dass jemand einen Vorteil erhielt, den er vorher nicht hatte. Das Regelbuch und die Ausschreibungen eines Turniers sind jedoch nicht dafür da, den Spielern grundsätzlich alles zu verbieten, sondern sie setzen einen Rahmen, innerhalb dessen sich ein Spieler frei bewegen darf und dabei auch die Regeln zu seinem Vorteil anwenden darf. Da dies für alle Spieler gilt, ist es nicht „unfair“ oder „getrickst“, auch wenn im Einzelfall ein Spieler davon profitiert, denn seine Mitspieler können dies bei nächster Gelegenheit genauso machen, vorausgesetzt sie kennen die Regeln und wissen, was zu tun ist.
Ein ganz anderes Thema ist es, ob es notwendig ist, mit diesen Platzregeln schlechte Schläge in gute Lagen zu verwandeln. Schon länger wird diskutiert, ob es nicht eine möglich sein sollte, jegliche straflose Erleichterung auf das „Fairway“ zu beschränken, denn auf anderen Teilen des Platzes, die nicht intensiv gepflegt werden, sind schlechtere Lagen der Normalfall.
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