Natur
„Machen aus Mitwissern Mittäter“
23. Oktober 2024 , Petra Himmel
Golf-Sustainable-Expertin Petra Himmel spricht mit Headgreenkeeper Adam Nargorski vom Lübeck-Travemünder Golf-Klub über einen sich prächtig auf der Anlage entwickelnden Frosch sowie Lernprozesse, Weichenstellungen und die Erfolge einer nachhaltigeren Führung der Anlage.
Es ist der Grünfrosch, der Naturschützer in Begeisterung versetzt. „Dem Frosch geht es bestens hier. Und das schon seit Jahren“, erklärt Headgreenkeeper Adam Nargorski zufrieden mit Blick auf einen kleinen Teich unweit des Clubhauses des Lübeck-Travemünder Golf-Klubs. Pelophylax esculentus, so der korrekte Name des Frosches, steht auf der Roten Liste Schleswig-Holsteins als gefährdete Art – aber hier auf der Golfanlage entwickelt er sich prächtig.
Fledermäuse und 61 Vogelarten
Die lokalen Umweltbehörden waren begeistert angesichts des Fundes bei einem Fauna- und Flora-Monitoring, das im Verlauf der Verhandlungen um eine Pachtverlängerung für die Traditionsanlage nötig war. Schnell zeigte sich: Der Grünfrosch war nicht der einzige außergewöhnliche Fund. Auch zwei Arten Farbfledermäuser, Teich-, Bechstein und Große Bartfledermäuse sind auf der 27-Löcher-Anlage beheimatet. Zudem wurden 61 Vogelarten nachgewiesen.
Ein typisches Zeichen dafür, dass Golfanlagen im Golfverband Schleswig-Holstein ein Plus für die Artenvielfalt in der Region sind. Trotzdem haben Vorstand und Greenkeeping-Team des Traditionsclubs, der auf dem 130 Hektar großen Gelände seit 1921 besteht, erkannt, dass ein traditionelles Pflegemanagement nicht mehr zukunftsgerichtet ist. Die Anforderungen an nachhaltiges Greenkeeping sind europaweit gewachsen. Es geht darum, Freizeit- und Naturflächen so miteinander in Einklang zu bringen, dass sowohl der Golfsport als auch der Naturschutz davon profitieren und gleichzeitig weniger Ressourcen wie etwa Wasser verbraucht werden.
Ein Lernprozess, keine Frage, findet Pressesprecher Simon Selby, inzwischen habe die Clubführung zahlreiche Weichenstellungen in eine nachhaltigere Führung der Anlage vorgenommen. „Jetzt geht es darum, aus Mitwissern Mittäter zu machen“, stellt er im Hinblick auf die Mitgliedschaft fest. Diese stehe grundsätzlich natürlich hinter einer umweltgerechten Führung der Golfanlage, müsse von Projekten im Einzelnen aber überzeugt werden.
Gepflegte Fläche um acht Hektar reduziert
Vor allem die Erweiterung des Semiroughs ist dabei eine Änderung, die Spielern häufig ins Auge fällt. „Wir haben es um mindestens eine Mäherbreite nach innen gezogen“, resümiert Nargorski. Aufgrund der ohnehin sehr komfortablen Spielbahnbreite sehr vieler Löcher ist diese Umstellung aber problemlos möglich. Acht Hektar Spielfläche konnten so aus der Pflege genommen werden und tragen in Zukunft zu einer höheren Biodiversität auf dem Golfplatzgelände bei.
Erfreulicher Nebeneffekt: Mit der Reduzierung der bearbeiteten Fläche sinkt auch der Ressourcenverbrauch, den sich der Lübeck-Travemünder Golf-Klub ohnehin zum Ziel gesetzt. Durch die Reduzierung der Mähflächen vermindert sich bei dieselgetriebenen Mähern der Treibstoffverbrauch. Nachdem die Golfanlage aber ohnehin auf elektrische Mähroboter umgestellt wird, reduziert sich auch der Stromverbrauch.
Den bezieht der Golfclub ebenfalls aus eigener Produktion: Seit 2023 befindet sich eine Photovoltaikanlage auf dem Dach des Bauhofs mit einer Leistung von 77 kwP. „Damit decken wir unseren eigenen Verbrauch komplett ab“, resümiert Selby erfreut. Die 20 Elektrocarts, die der Club in Betrieb hat, sowie die zehn Mähroboter, die derzeit ihre Bahnen ziehen, werden zum Beispiel damit bedient.
Ein verändertes Wassermanagement spielt ebenfalls in das Thema Energieeinsparung hinein: Durch eine neue Bewässerungsanlage konnte der frühere Verbrauch von 80.000 m³ Grundwasser auf 35.000 m³ für 27 Bahnen gesenkt werden. „Die Zielgenauigkeit bei den Sprinklern hat sich zum Beispiel erhöht“, stellt Nargorski zufrieden fest, der 2024 allerdings wie alle anderen Clubs im Norden Deutschlands vor allem mit Nässe nicht mit Trockenheit kämpfte.
Doch auch an dieser Stelle punktet der Club: Wer an einem nassen Herbsttag auf die Fairways tritt, bemerkt eine überraschende Festigkeit. Das kostspielige Absanden von Fairways gehört zu jenen Greenkeeping-Maßnahmen, die dem Mitglied nicht ins Auge fallen, die aber einen erheblichen positiven Einfluss auf die Bespielbarkeit der Anlage haben.
Beendet ist die Transformationsphase des Lübeck-Travemünder Golf-Klubs noch nicht. Mit Blick auf die bis zu einhundert Jahre alten Grüns auf der dritten Neun-Löcher-Schleife, die nah an den Küstenspazierweg reicht, wird klar, dass auch hier noch Handlungsbedarf besteht. „In Sachen Drainage halten die alten Grüns gerade dem starken Regen nicht mehr stand“, resümiert Nargorski. Er hofft auf Besserung, zumal stark eingewachsene Grüns mit extrem hohen Bäumen auch die Anfälligkeit für Grünkrankheiten erhöhen.
Auch hier wird die Umgestaltung von Bahnen wieder Abwägungssache: Baumerhalt zu Gunsten der Natur oder Baumfällung zu Gunsten der Grüngesundheit? Es wird kein einfacher Prozess. Eines aber hat man im Lübeck-Travemünder Golf-Klub in den vergangenen Jahren gelernt: Nachhaltiges Clubmanagement ist kein Schnellverfahren, sondern ein langfristiger Prozess, bei dem viele Faktoren bedacht werden. Nur so lässt sich die Zukunft der Golfanlage sichern.
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