Regelfest

Im Loch, aber im falschen


11. August 2024 , Daniel Dillenburg


Der Ball war weg, doch ein Strafschlag wurde keiner ausgesprochen: Ein Referee mit Akshay Bhatia bei der Rocket Mortgage Classic.
Der Ball war weg, doch ein Strafschlag wurde keiner ausgesprochen: Ein Referee mit Akshay Bhatia bei der Rocket Mortgage Classic. | © Gregory Shamus/Getty Images

Ein Gullydeckel mitten auf dem Fairway sorgt für eine kuriose Situation im Detroit Golf Club. Akshay Bhatia verliert seinen Ball im Abfluss, weil die Löcher in der Abdeckung zu groß sind, kommt aber unbeschadet davon.

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, ein Hole-in-One zu erzielen. Die von Akshay Bhatia unfreiwillig gewählte Variante war aber definitiv eine ungewöhnliche. Und nein, es war kein Ass im golferischen Sinne, obwohl sein Abschlag im Loch verschwand, nur leider im falschen. In Runde zwei der Rocket Mortgage Classic 2024 spielte Bhatia einen perfekten Drive auf der 17. Seinen Ball auf dem Par 5 konnte er aber dennoch nicht spielen. Dieser war nämlich verschwunden – tief unten in einem Gully. Und nun?

Dass überhaupt ein Ball, der auf dem Fairway landet, nicht mehr spielbar ist, kommt selten genug vor. Sollte eigentlich auch nicht passieren. Es grenzt an einem kleinen Desaster für die Verantwortlichen des Detroit Golf Clubs, dass die fünf Löcher im Gullydeckel groß genug sind, um Golfbälle zu verschlingen. Immerhin wird hier jeden Tag Golf gespielt. Bhatia also spazierte in Richtung seines Balls. Dieser war jedoch nicht mehr auf dem Gras, sondern lag inzwischen metertief im Untergrund. Umgehend rief er einen Referee heran. Eine kuriose Situation, die auch die US-amerikanischen Kommentatoren noch nie erlebt hätten.


Bhatia blickte durch das Loch und deutete mit seinem Zeigefinger auf seinen in der Dunkelheit verschwundenen Ball. Um den Ball nicht als „verloren“ zu deklarieren, musste er ihn identifizieren. „Ziemlich sicher, dass das ein Callaway am Boden ist“, sagte Bhatia selbstbewusst ins Abflussrohr blickend. Und der PGA-Tour-Sieger blieb gut gelaunt, als der Offizielle scherzte, dass er nicht runtergehen und den Ball holen müsste. „Es sei denn, Sie wissen, wie man ihn [den Gullydeckel, Anm. d. Red.] aufbekommt“, meinte der Referee ironisch. Der Deckel blieb geschlossen, der Referee vertraute den Augen des US-Amerikaners und Bhatia erhielt einen Free Drop.

„Das war wild“, erklärte Bhatia nach der Runde. „Das habe ich noch nie gesehen. Der Referee auch nicht. Die Chance, dass der Ball in dem kleinen Loch im Abfluss landet, war eins zu einer Million. Es war also ziemlich lustig.“ Obwohl er das Loch mit einem anderen Ball beendete, als er es begonnen hatte, wanderte ein Par auf die Karte – eines der ungewöhnlichsten in der noch jungen Karriere des 22-Jährigen. Ein verschwundener Ball muss also nicht immer in einem hohen Ergebnis resultieren.

Das sagt DGV-Regelfachmann Dietrich von Garn dazu:

Das ist ein schöner Fall, der zeigt, dass man nicht gleich in Hektik verfallen muss und lieber erst einmal einen Referee fragt.

Regel 16.1b befasst sich mit der Erleichterung von ungewöhnlichen Platzverhältnissen und erlaubt, einen anderen Ball zum Droppen zu nehmen. Es ist also unerheblich, ob der Spieler seinen ursprünglichen Ball wiedererlangen kann. Was aber, wenn der Spieler seinen Ball im Gully nicht hätte identifizieren können? Dann wäre es wichtig zu wissen, ob es „bekannt oder so gut wie sicher“ ist, dass der Ball in dem Gullydeckel verschwunden ist. Zuschauer oder ein Video könnten dies z. B. hinreichend bestätigen und der Spieler hätte immer noch einen Freedrop nach Regel 16.e erhalten.

Dass nun ein so unpraktischer Gullydeckel mitten auf dem Fairway eingebaut wird, heißt aber keineswegs, dass die Verantwortlichen des Clubs nie das Fairway treffen. Wahrscheinlicher ist, dass der Gullydeckel so weit entfernt von der Landezone der „Normalgolfer“ lag, dass er im täglichen Spielbetrieb bisher nie zum Problem wurde.

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