EM Herren

U.S.-Boy gewinnt Europameisterschaft


29. Juni 2024 , Stefan Bluemer


Tim Wiedemeyer (© EGA)
Tim Wiedemeyer (© EGA)

Auch wenn es im Zuge einer Europameisterschaft etwas kurios anmutet: Im Stechen um den Titel des Europameisterschaft stehen zwei U.S.-Amerikaner und Tommy Morrison gewinnt auf dem dritten Extraloch gegen die nach 72 Löchern schlaggleichen Max Kennedy aus Irland und Preston Summerhays (USA). Tim Wiedemeyer liegt nach 71 Löchern alleine in Führung, belegt am Ende aber doch nur den fünften Platz.

Farum/Dänemark – Wie dicht Jubel und Schockstarre im Golfsport beisammen liegen, war am Finaltag auf dem New Course des Scandinavian GC auf der dänischen Hauptinsel Seeland zu erleben.

An der Spitze war es vor dem letzten Akt so dicht gedrängt wie selten. Mittendrin: Tim Wiedemeyer. Der Youngster, der aus Bayern kommt, gerade in den USA College-Golf spielt und vom Münchener GC zum GC St. Leon-Rot gewechselt ist, spielte eine sehr ruhige Front Nine und verbesserte acht Bahnen lang seine Aussicht, den Titel zu gewinnen, nicht. Bis dahin hatte der Bayer noch kein Birdie notiert und war mit einem Bogey sogar ein bisschen zurückgefallen.

Birdie-Train

Ab Loch 9 zündete Tim Wiedemeyer dann aber ein echtes Feuer. Auf den nächsten neun Löchern knallte der Bundesadler nicht weniger als sechs Birdies auf den Platz, davon vier in Serie auf den Löchern 14, 15, 16 und 17. Sowas nennt man einen Lauf und aus der Aufholjagd war der Sprung an die Spitze geworden. Als alleinig Führender trat Wiedemeyer mit famosem Momentum auf das Tee der 18. Bahn. Dieses Dogleg nach links gehört mit 499 Metern zu den Löchern, die die Athleten recht sicher mit dem zweiten Schlag angreifen, auch wenn es von drei Seiten von Wasser verteidigt wird.
Dass Tim Wiedemeyer statt den Pokal und eine Goldmedaille zu bekommen, mit dem fünften Platz zufrieden sein musste, lag an drei Bällen, die sich ins Wasser verabschiedeten. Mit einer neun ging der Deutsche vom Grün und hatte damit seine Chancen verspielt, bei der anstehenden The Open antreten zu dürfen.

Debütant

Diesen Spot bei dem wohl wichtigsten Major der Welt hat sich mit Tommy Morrion ein Amerikaner im Stechen gesichert, der bislang noch nie an einem Profi-Turnier teilgenommen hat. Vor dem Stechen hatte er mit einer 67 (-5) einen neuen Platzrekord aufgestellt.

Wolfgang Glawe vom GC Mannheim-Viernheim hielt seine Scorekarte zwölf Löcher lang blitzsauber und machte mit drei Birdies innerhalb der Top Ten einen guten Schritt nach vorne. Im letzten Drittel der Finalrunde gelang Glawe zwar noch sein viertes Birdie, aber es kamen auch noch drei Bogeys hinzu, davon je eines auf den Löchern 17 und 18. Im Endklassement steht der ehemalige Jugend-Nationalspieler auf einem guten achten Platz.
„An sich bin ich zufrieden mit meiner Leistung, denn nun weiß ich auch, dass nicht viel fehlt, um ganz ob zu stehen. Ich habe in dieser Woche viele gute Sachen erlebt. Darauf kann man aufbauen“, zog Glawe ein positives Fazit dieser EM.

Und sonst so

Als die Spitze gerade an den Start ging, waren drei Deutsche mit ihrer Finalrunde schon durch. Thomas Schmidt gelang mit drei Birdies auf den letzten fünf Löchern ein versöhnlicher Abschluss. Der Athlet des GC Hösel konnte dadurch noch einmal mit 71 (-1) Schlägen unter Par bleiben und verbesserte sich um einige Plätze im Klassement auf Rang 36.
Carl Siemens blieb am Schlusstag ohne Birdie, so dass die vier Bogeys sich unmittelbar in den Endscore von 76 (+4) umsetzten. Der Youngster des GC St. Leon-Rot fiel damit nochmal ein paar Plätze zurück und beendet diese EM auf Rang 56.
Auch für Siemens´ Clubkamerad Finn Kölle ging es nicht mehr vorwärts. Auch Kölle brachte bei seiner 77 (+5) kein Birdie unter und hat somit den 61. Platz für dieses weltweit sehr stark besetzte Turnier.
Etwas kurios mutet ja an, dass bei einer Europameisterschaft auch Athleten aus Übersee und aller Welt teilnehmen dürfen. Der Charakter einer kontinentalen Meisterschaft ist dadurch nicht mehr vollumfänglich gegeben und im World Amateur Golf Ranking, das ohnehin allen Athleten mehr Chancen bietet, die in den USA im College-Golf aktiv sind, werden auch bei dieser Meisterschaft den europäischen Talenten weitere Optionen genommen, sich im WAGR besser zu platzieren. Dies hat hemmende Auswirkungen für den Werdegang eines Athleten, der nicht an ein gutes College in den USA wechseln kann oder möchte.