Reise
Großes Golf am Großen Belt
11. Juni 2024 ,
Die Insel Fünen gilt unter Kennern als „die heimliche Perle Dänemarks“ und als geradezu märchenhaft schön - und das nicht nur, weil der große Schriftsteller und Märchenerzähler Hans Christian Andersen dort aufwuchs. EverGreens-Reiseexperte Wolfgang Weber berichtet über Golf, Land und Leute.
Der „Garten Dänemarks“ lockt mit langen Sandstränden, tollen Segelrevieren, herausragender Küche, 123 Schlössern und Herrenhäusern und 14 Golfanlagen, unter anderem dem Resort „Great Northern“, auf das spätestens in zwei Jahren die ganze Golfwelt schauen wird.
Text: Wolfgang Weber
Wenn ein Golfplatz stolze 70 Jahre alt ist, kann dies Segen und Fluch zugleich sein. Das mußte Simon Møller, Manager des Sct. Knuds Golfklub, im dänischen Nyborg gerade erfahren. Der „Gnade der frühen Geburt“ im Jahr 1954 verdankt es der Club ganz im Osten der Insel Fyn (deutsch: Fünen), daß drei Bahnen des schönen Parklandkurses unmittelbar bis an den Sandstrand heranreichen. „Wir sind quasi ein dänisches Pebble Beach“, lacht Simon, „so etwas würde heutzutage gar nicht mehr genehmigt.“
Andererseits hat eine „Altersschwäche“ seines Golfplatzes, dessen abwechslungsreiche, leicht hügelige Fairways von dichtem Mischwald gesäumt werden, dem engagierten Golfmanager gerade seinen schönsten Traum vermasselt. Eigentlich stand schon fest, daß die Challenge Tour 2025 mit ihrem einzigen Turnier auf dänischem Boden erstmals auf dem zweitältesten Kurs Fünens Station machen würde. Die Kommission der Tour zeigte sich begeistert von dem Platz und dem Ambiente des Klubs nahe dem westlichen Ende des Storebæltsbroen, der insgesamt über 13 Kilometer langen Brücke über den Großen Belt, die Fünen mit der Insel Sjælland (Seeland) verbindet, auf der die Hauptstadt Kopenhagen liegt.
Driving Range zu kurz
Doch dann fiel den Platztestern auf, daß die in die Jahre gekommene Driving Range von Sct. Knuds nur gut 200 Meter lang ist, mithin für heutige Longhitter-Erfordernisse 100 Meter zu kurz - aus der Traum vom Challenge Tour-Turnier im kommenden Jahr. Auf das darf sich nun möglicherweise der Svendborg Golf Klub ganz im Süden von Fyn freuen. Dessen Verantwortliche wiederum mußten Ende Mai nicht weit reisen, um sich Anregungen für das bis dato größte Event in der Clubgeschichte zu holen: Das dänische Challenge Tour-Turnier 2024 wurde im nahen Odense Eventyr Golfklub am Rande der Inselhauptstadt Odense ausgetragen.
Damit sind Fyns Kapazitäten an Tour-geeigneten Golfplätzen freilich noch längst nicht erschöpft. Wer allein auf der “heimlichen Perle Dänemarks” und ihren vorgelagerten Inseln der “dänischen Südsee” wie Langeland und Ærø zwei Wochen Urlaub verbringen wollte, könnte in der ebenso hügeligen wie “hyggeligen” - also gemütlichen - Landschaft jeden Tag eine andere zauberhafte Golfanlage in Angriff nehmen - und das für überaus Reisekonto-schonende Greenfees ab 100 Dänischen Kronen (13 Euro).
Schlösser, Obst und Wein
Daß Fyn auch für die Dänen selbst ein überaus beliebtes Ausflugs- und Urlaubsziel mit einem breiten Angebot an Hotelanlagen, Campingplätzen und Ferienhäusern darstellt, hat freilich noch mindestens 123 andere Gründe. Exakt so viele sehenswerte, teils märchenhafte Schlösser und Herrenhäuser zeugen davon, daß Fünen schon seit Jahrhunderten eine große Anziehungskraft auch auf die “Schönen und Reichen” des Königreichs ausübt. Was kein Wunder ist; denn die Insel, die quasi das Bindeglied zwischen Jütland und Seeland darstellt, gilt als der schöne “Garten Dänemarks”, in dem praktisch alles wächst und prachtvoll gedeiht, von Getreide über alle möglichen Obstsorten bis zu Weinreben wie die des sechseinhalb Hektar großen Vineyard von Jakob und Helle Stokkebye, dessen gehaltvoller Pinot Noir in zahlreichen Sternerestaurants von Stockholm bis Paris kredenzt wird. Der Weg in den Weinberg führt durch ein selbstgezimmertes Holztor mit der vielversprechenden Aufschrift „Gateway to Heaven“.
Apropos Sternerestaurants. „Hier in Nyborg und überhaupt auf Fünen kann man sehr gut essen“, unterstreicht Golfmanager Simon Møller, „etliche Restaurants hier sollten eigentlich einen Michelin-Stern haben; aber im Grunde ist es gut, daß sie keinen haben“, ergänzt er grinsend, „sonst wären die ständig ausgebucht, und die Preise gingen steil nach oben.“ Eines der Feinschmeckerlokale, die Simon besonders empfiehlt, gehört zum Hotel Hesselet, das fast ähnlich alt ist wie sein schöner Golfplatz. In den sechziger Jahren nah am Nordstrand von Nyborg gebaut, verströmt es mit seinem eleganten Restaurant und den gediegenen holzgetäfelten Bar- und Bibliotheksräumen eine Atmosphäre gelassener Zeitlosigkeit. Und jenseits des hinunter zum Strand leicht abfallenden parkähnlichen Hotelgeländes mit den alten Bäumen ziert die viele Kilometer entfernte schier endlose Brücke über den Großen Belt ganz majestätisch den Horizont.
„Hier im Sct. Knuds eine Runde golfen, dann im Hesselet gut essen - das ist ein perfekter Tag“, schwärmt Simon Møller. Golfpackages mit drei benachbarten Golfanlagen können auch die Gäste des Hotels Christiansminde genießen. Doch dort am Svendborg Sund, ganz im Süden Fyns, sind vor allen die Liebhaber alles Maritimen richtig. Vom Restaurant und der Terrasse des mit prachtvoller Aussicht gesegneten Familien- und Tagungshotels kann man alle zwei Stunden den kleinen historischen Dampfer “Helge” bewundern, wenn er direkt unterhalb am Bootsanleger von Christiansminde festmacht, um Gäste zur kleinen Sund-Rundfahrt an Bord zu nehmen. „Nimm mich mit, Kapitän, auf die Reise!“
Im unmittelbar benachbarten Hafen von Svendborg, wo die Fähren zur vorgelagerten Insel Ærø starten, macht Ende Juli die „Fyn Rundt“ Station, eine der größten Windjammer-Regatten Europas; und zwei Monate später ist Svendborg Start und Ziel der alljährlichen „Silverrudder Challenge“, der weltgrößten Einhandsegler-Regatta. Dabei sollen die meist aus Dänemark und Deutschland kommenden Boote die knapp 3.000 Quadratkilometer große Insel in weniger als 48 Stunden umrunden; der aktuelle Rekord liegt bei unter 17 Stunden für Kielboote und bei knapp über 14 Stunden für einen Black Marlin Trimaran.
An Fünens über 1200 Kilometer langer Küstenlinie schlägt jedes Wassersportler-Herz höher.
Vor allem aber ist Fyn die Heimatregion eines der berühmtesten Märchendichter der Welt. In Odense ist das Hans Christian Andersens Hus, wo Dänemarks bekanntester Schriftsteller ab 1805 in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, ebenso ein Muß wie die modernen musealen Anbauten, in denen der Besucher auch auf faszinierende multimediale Weise in seine Märchenwelten um “Die kleine Meerjungfrau”, “Die Schneekönigin” oder “Die Prinzessin auf der Erbse” eintauchen kann. Andererseits präsentiert sich die Inselhauptstadt, die heute 195.000 Einwohner zählt, in ihrem autofreien Zentrum mit historisch herausgeputzten Gassen so romantisch verwinkelt, daß Hans Christian Andersen den Ort seiner Kindheit wohl noch wiedererkennen würde - wenn er nicht 1875 gestorben wäre.
Märchenhaft
Andersen, der einst auf Einladung seines Gönners König Friedrich VI. zahlreiche der schönsten dänischen Schlösser und Herrenhäuser besuchte, in denen Märchen wie “Des Kaisers neue Kleider” und “Das häßliche Entlein” entstanden, würde heute unter Garantie auch nach Kerteminde reisen. Und er würde dort bestimmt einkehren bei Rudolf Mathis. Genau an der Stelle, direkt am kleinen Hafen, wo Puk Lyskjaer Larsen und seine deutsche Frau Ursula seit 40 Jahren das urigste und bekannteste Fischrestaurant weit und breit betreiben, arbeiteten einst seine beiden Urgroßväter Rudolf als Fischer und Mathis als Fischhändler. Und nicht zuletzt eines anderen Urgroßvaters wegen erlebt der idyllische Fischerort im Nordosten Fünens gerade ein vom Golfsport geprägtes modernes Märchen der ganz besonderen Art.
Im gesamten schier golfverrückten Dänemark (kleiner als Niedersachsen, gut halb so groß wie Österreich) mit seinen knapp 200 Golfanlagen war Kerteminde bis vor sieben Jahren die einzige Gemeinde ohne eigenen Golfplatz. Die nächste Spielwiese für Kertemindes Golfer war Sct. Knuds in Nyborg, unglaubliche 15 Kilometer weit entfernt. Das konnte so nicht bleiben, beschloß Thomas Kirk Kristiansen, der im schönen, beschaulichen Kerteminde einen seiner Wohnsitze hat.
Jack Nicklaus Design
Kristiansens Uropa Ole war - vor nunmehr neun Jahrzehnten - der Erfinder der berühmten Lego-Steine und damit Gründer eines dänischen Großunternehmens mit geradezu märchenhafter Erfolgsgeschichte. Urenkel Thomas Kirk, seit 2020 in vierter Generation Chef des Lego-Imperiums, hatte keine kleine Spielerei im Sinn, als er 2010 beschloß, Kerteminde mit einem Golfresort zu beglücken. In fünfjähriger Bauzeit entstand unter der Regie von Jack Nicklaus Design dass „Great Northern“-Resort, nicht nur dem Namen nach eine der imposantesten, herausforderndsten und luxuriösesten Golfanlagen ganz Skandinaviens.
Daß “Great Northern” seit der Eröffnung 2017 noch etwas “unterm Radar” operierte, liegt daran, daß das Resort in Teilen immer noch eine Baustelle ist. Nach dem grandiosen Championship Course, für dessen Shaping mehr als drei Millionen Tonnen Erdreich bewegt worden sein sollen, entstanden Schritt für Schritt ein großer Spa-Bereich, die mit modernster Technik ausgestattete Driving Range neben dem komfortablen Klubhaus und zuletzt noch ein Anbau an das modernistisch anmutende Hauptgebäude mit ausladender Sonnenterrasse unter den gewaltigen Spitzgiebeln.
DP World Tour kommt
Und wie beim Spielen mit Lego-Steinen gewohnt, wird in den kommenden Monaten kräftig weiter gebaut. Zu den bislang gerade einmal 15 luxuriösen Gäste-Apartments, die am Rande des Golfplatzes einzeln in künstliche Erdhügel eingelassen wurden, sollen 52 weitere hinzukommen, bis im Sommer 2026 Kerteminde vollends das Interesse und das Scheinwerferlicht der internationalen Golfszene auf sich ziehen wird: In zwei Jahren wird erstmals die DP World Tour mit den Danish Golf Championships im Great Northern Golf & Spa Resort gastieren.
Wie entstand doch vor 90 Jahren der Name „Lego“? Aus der Verkürzung der dänischen Worte „leg godt“. Frei übersetzt ins Deutsche: „Schönes Spiel!“
Die ganze Geschichte erzählt die neueste Episode des Golfreise-Podcasts „EverGreens“. Den Podcast unseres Autors Wolfgang Weber finden Sie bei Spotify, Apple Podcast, Deezer, überall sonst, wo es gute Podcasts gibt - und auf der Webseite
www.ever-greens.de